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Einladung zum Mord - Reunion in Death (Death 14)

Titel: Einladung zum Mord - Reunion in Death (Death 14) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J. D. Robb
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frieren, nie wieder wollte sie zittern wie in jenem Raum, in dem man die bösen Geister der Vergangenheit so deutlich hatte spüren können, dass er selber sie gesehen hatte, als wären sie aus Fleisch und Blut.
    Es hatte ihn zerrissen, mit ansehen zu müssen, dass sie diese Nacht wie so oft in ihren Träumen abermals durchlitt. Er war sich nicht nur völlig hilf- und nutzlos vorgekommen, sondern ihr Elend hatte eine aus Zorn geborene Gewaltbereitschaft in seinem Innersten geweckt, und für sie brauchte er dringend ein Ventil.
    Sie war geboren, aufgezogen, geschlagen und misshandelt worden mit dem ausschließlichen Ziel, sie an anderen Abschaum zu verkaufen. Welcher Gott schuf derartige Monster und ließ sie auf Unschuldige los?
    Wütend riss er sich sein Hemd vom Leib, stapfte zu den Fitnessgeräten hinüber, hängte den Sandsack auf und fing an, ihn mit bloßen Fäusten zu bearbeiten.
    Mit jedem Hieb nahm seine Wut noch zu und breitete sich gleich einem Geschwür in seinem Herzen aus. Der Sack war ein Gesicht, das er nicht kannte. Das Gesicht von ihrem Vater. Dann das von seinem eigenen Erzeuger, der ebenfalls kein Mensch gewesen war. Erst mit konzentriertem Zorn, dann mit kaltem Hass drosch er auf dieses Gegenüber ein. Immer wieder, ein ums andere Mal, während der schwarze Schatten dieses Hasses ihm vor den Augen schwamm. Schlug und schlug und schlug, und riss sich dabei die Knöchel auf, bis ihm das Blut in leuchtend roten Fäden über die Finger rann.

    Und noch immer konnte er nicht töten.
    Als das Halteseil des Sackes riss und er auf den Boden krachte, blickte Roarke sich suchend nach einem neuen Opfer um.
    Und sah sie in der offenen Tür.
    Ihr Gesicht war beinahe genauso farblos wie der blütenweiße Bademantel des Hotels.
    »Ich hätte mir denken sollen, wie du dich bei dieser Sache fühlen würdest. Doch das habe ich nicht getan.«
    Er hatte nicht nur blutige Hände, sondern auch einen schweißglänzenden Torso, und er erklärte krächzend und mit dem, wenn er wehrlos war, für ihn typischen, irischen Akzent: »Ich habe keine Ahnung, was ich für dich tun, was ich dir sagen soll.«
    Als sie auf ihn zutrat, schüttelte er vehement den Kopf und machte eilig einen Schritt zurück. »Ich kann dich jetzt unmöglich berühren. Ich bin einfach nicht ich selbst. Vielleicht würde ich dir wehtun. Ich meine es ernst«, fuhr er sie, als sie weiter auf ihn zukam, rüde an.
    Sie blieb stehen. Denn sie verstand, dass nicht nur in ihr etwas zerbrochen war. »Es tut dir genauso weh wie mir. Das hatte ich vergessen.«
    »Ich möchte ihn töten, nur ist er bereits tot.« Er spannte seine geschundenen Finger an. »Ich kann also nichts mehr tun. Wie gerne hätte ich ihm das Gesicht zertrümmert und ihm das Herz herausgerissen, bevor er dich auch nur das erste Mal berührt hat. Dafür würde ich alles geben, was ich habe. Trotzdem kann ich nicht das Geringste tun.«
    »Roarke.«
    »Mein Vater war ebenfalls in diesem Raum.« Er riss den Kopf zurück und durchbohrte sie mit seinem Blick.
»Das ist mir inzwischen klar. Ich habe keine Ahnung, ob eine seiner diversen, schmutzigen Vorlieben jungen Mädchen gegolten hat, aber wenn das Timing etwas anders gewesen wäre, hätte dein Vater dich vielleicht an ihn verkauft.« Er nickte, als er ihre Miene sah. »Ich sehe, dass dir dieser Gedanke bereits ebenfalls gekommen ist.«
    »Aber es ist nicht passiert. Es sind bereits genügend fürchterliche Dinge vorgefallen, ohne dass es dazu gekommen ist. Den Großteil meines Lebens habe ich all diese Dinge tief in mir vergraben, habe sie bewusst verdrängt. Während des letzten Jahres habe ich mich an mehr Details erinnert als in all den Jahren zuvor. Weil du bei mir warst und weil es deshalb auszuhalten war. Ich weiß nicht, ob ich jemals alles wieder wissen werde, und ich habe keine Ahnung, ob ich jemals alles wissen will. Aber jetzt, nach diesem Tag, weiß ich, dass es niemals weggehen wird. Es ist hier.«
    Sie legte eine Hand zwischen ihre Brüste. »Es ist hier in mir drin, und immer, wenn es die Möglichkeit dazu bekommt, beißt es ein kleines Stück von meiner Seele ab. Aber weil du da bist und verstehst, wie es sich anfühlt, halte ich das aus. Du bist der Einzige, der mich wirklich kennt. Und der meine Gefühle nachempfinden kann, weil er mich liebt. Wenn du mich anguckst und ich in deinen Augen sehe, dass du mich verstehst, halte ich es aus.«
    Sie machte den letzten Schritt in seine Richtung, schlang ihm die Arme um den Nacken und

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