Einmal auf der Welt. Und dann so
markierte sie mit einem Kreis. Auf ihre Briefe malte sie ein Herz. Ein Herz, das wie ein Hinterteil aussah, wie ein blühender Arsch.
Sie war in diesem Boden nicht verankert. Sie lebte grundlos an der Oberfläche. Ein Wind genügte. Sie war weniger als ein Strohhalm.
Jede Personenbeschreibung wäre ein Reisebericht.
So geht es jedem. Ich zähle zusammen, ich überschlage: mein Muttermal, mein Stück Fell, meine schwarze Herkunft, meine weiße, braune Stelle auf der Haut, meine Vorgeschichte, das Tier in mir, das nicht leben kann mit seinen Händchen im Wasser, nie richtig schwimmen gelernt hat im Leben, nicht richtig schwimmen kann im Leben, mit den Händchen im Wasser, die das Muttermal zudecken wollen, wie die Frau mit ihrer Hand vor dem Gesicht, die mit der Hand vor dem Gesicht lacht. Das Muttermal kommt von der Mutter. Du kommst vom Storch. Ich legte also noch ein Stück Zucker auf den Fenstersims, und dann brachte der Storch tatsächlich eine letzte Schwester zu meinen fünf anderen. So fängt ein Kind an zu glauben.
Mein Muttermal! Hinaus in die Welt mit dir! Hinaus zu den anderen!
Nun ade, du mein lieb Heimatland!, sang der Chor und blieb zurück. Der Auswanderer blieb fort, fort, und ich, an dieser Stelle über dem Meer angekommen, sah, dass ich nichts als Vorfahren habe, dass ich bis zu diesem Augenblick alle überlebt habe, bis zum Augenblick, der die Erinnerungen löschen wird.
Saß ich nicht auf meinem Aussichtspunkt wie über dem Meer und schöpfte aus ihm Hoffnung? Lächerlich, ich weiß, aber so war es.
Fritz ist fort
Jetzt kommen Leute ins Haus und nehmen die Sachen, so viel sie tragen können. Die elektrischen Geräte. Die Sofas, auf denen einst schöne Jungen schliefen. Ein Magazin, ein Pornoheft für Anfänger, fast nur Bilder, kommt in die Hände einer Frau, die nicht lesen kann und Söhne hat so alt wie in den Heften. Die Musikinstrumente, alles, was eine Band brauchte, die Gitarren, Schlagzeuge, ein paar Mal kamen sie und taten so, als ob sie üben wollten.
Die Ostseelandschaft nahm Mario mit. Als ich nach dem Bild fragte, hieß es, das sei nur ein billiger Druck gewesen, nur eine Kopie, die Kopie einer Landschaft, die Braque gemalt hatte. Ich werde nie wissen, was mit dem Bild war. Zweifellos, die Kälte Patagoniens hatte ihn an die Ostsee erinnert. Mehr hat er zu diesem Bild, auf dem ein Fischerboot dargestellt war, wie es hochkant und frontal in einem leeren Hafen lag, über dem - anscheinend zufällig - leere Netze übereinanderhingen, nicht gesagt. Nur, dass dies für ihn eine vertraute Szene war, gleichsam mit Leben gefüllt.
Das Wort Müdigkeit stand aufrecht wie eine Skulptur
Aber das Meer fiel mir doch nur auf den Kopf, und das Wort »Müdigkeit« stand aufrecht wie eine Skulptur vor mir, und das Wort »fatigue« lag breit daneben, weich und faul wie eine Geliebte lag es neben mir. Amateur war ich, Liebhaber oder Matador, wohlklingend wie Sarkophag. Meine Reden vom In-See-Stechen, Maden und Seeräubern straften mich, es strafte mich mein Fernweh und die Erinnerung, die rührenden Geschichten von einst, dass der Königsalbatros fünf Jahre übers Meer zu seiner Geliebten flog und so weiter.
Ich müsste mich an alles erinnern, was selig machte und keinen Bestand hatte.
Eines Tages stand ich in der Pampa. Die Geschichte begann. Immer noch wie ein Todkranker, der mit dem Gedanken an Schönheitsoperationen und Weltreisen spielt?
Das Fernweh und die Zugvögel, der Atem und das Blut, der Staub und das Leben, und eine Erinnerung bleibt noch, die ihr ganzes Gewicht in die Waagschale wirft:
Ich stoße auf eine Wildsau, wie sie im Wald verschwindet. Man kann sie gerade noch sehen, ihren Arsch, der ja zum Leben sagt, immer wieder ja sagt, wie er in den Wald hineinrennt und im Wald verschwindet, überstürzt, und in den Wald hineinscheißt, aus dem Wald herausfrisst, sich begattet, müde wird, immer wieder müde wird und ja sagt, ja zum Leben, ja, ja, ja, zügellos wie mein Leben selbst, das ohne Ziel ist, außer dem Ziel, kein Ziel zu haben.
Ich, ein junger Mensch, da war ich eingesperrt, ich, ein Erwachsener, da spiele ich mit dem Revolver, ich ein Alter, werde die ganze Zeit im Bett liegen mit einer Krankheit, die nicht heilbar ist, die ich mein ganzes Leben schon mit mir herumgetragen habe, mit meiner konsumierenden Krankheit, die zum Tode führt: mit meiner lebenslänglichen Maul- und Klauenseuche und meinem Muttermal.
So wurde ich in die Theologie
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