Einmal Hochzeit und zurück
eine Cola trinken gehe?«
»Oh, das wäre wirklich nett von Ihnen«, erwiderte meine Mutter. »Sehr nett. Und das an Ihrem freien Tag.«
»Ihr erlaubt mir, mit einer völlig Fremden abzudackeln?«, fragte ich ungläubig. »Einfach so?«
»Du könntest ruhig ein bisschen dankbarer sein gegenüber Miss ...?«
»Miss Blythe«, erklärte Tashy würdevoll.
»Darf ich Ihnen die Cola ausgeben?«, fragte mein Dad Tash.
»Nein, nicht nötig.«
»Ich bitte Sie. Ich weiß doch, was Lehrer verdienen.« Und zu meinem Entsetzen und Tashys offensichtlichem Vergnügen zog er einen Fünf-Pfund-Schein aus der Tasche und drückte ihn ihr in die Hand. »Ich kann Ihnen gar nicht genug danken, dass Sie unserer Tochter helfen, nicht auf die schiefe Bahn zu geraten«, erklärte er.
»Flora ist schon goldrichtig«, beteuerte Tashy. »Aber wir werden weiter dranbleiben. Wissen Sie, ich finde, Sie als Eltern machen Ihre Sache hervorragend.«
Meine Eltern schmachteten Tashy an, als hätten sie sich gerade Hals über Kopf in sie verliebt.
Stanzi kam auf uns zugeflitzt.
»Diese Schlampine, sie ist da drin geblieben so lange, ich habe gedacht, ich muss ersticken!«
Dann fiel ihr Blick auf Tashy. »Die schon wieder! Die ist aber auch überall!«
Mr. Di Ruggerio fackelte nicht lange. Er verpasste Stanzi eine leichte Kopfnuss.
»Willst du ein bisschen mehr Respekt zeigen gegen deine Lehrerin, hm? Sie hilft deiner Freundin. Vielleicht wir sollten sie bitten, auch zu helfen dir, ja?«
Und damit wurde Stanzi, die lauthals protestierte, von unseren Eltern abtransportiert.
»Wir sehen uns dann heute Abend!«, brüllte ich hinter ihr her.
»Ich bin brillant«, triumphierte Tashy, als die anderen weg waren.
»Ganz bestimmt nicht«, entgegnete ich.
»Ich bin ein Genie. Und du musst mich von jetzt an Miss Blythe nennen. Und wir haben fünf Pfund zum Verjubeln. Klasse!«
»Das hätte echt ins Auge gehen können«, sagte ich.
»Was hattest du denn vor?«
»Ich wollte mich rausschleichen.«
»Soso, rausschleichen. Ist ja echt Teenie-mäßig.«
»Es hätte ins Auge gehen können«, wiederholte ich beharrlich.
»Ist es aber nicht. Dafür haben sie dich jetzt nicht mehr auf dem Kieker, und du hast auch keinen Stubenarrest mehr.«
»Ja.«
»Und solltest du irgendwann den Wunsch verspüren, mir dafür zu danken, sämtliche Bedenken deiner Eltern bezüglich der Tatsache, dass du mit einem 35-jährigen Mann gesichtet worden bist, zerstreut zu haben, dann tu dir keinen Zwang an.«
»34-jährig«, korrigierte ich säuerlich.
»Auch gut.«
»Ich werde dich von jetzt an Mum nennen.«
»Das wirst du schön bleiben lassen.«
»Danke, Mum.«
»Ach, Dreck.« Tashys Laune war schon wieder im Keller. Es ging ihr offensichtlich tierisch gegen den Strich, mir dabei zuzusehen, wie ich Brautjungfernkleider in Größe 36 anprobierte. »Warum habe ich nicht mit siebzehn geheiratet?«
»Weil du dann mittlerweile ein verhärmtes neurotisches altes Weib wärst, mit vier Kindern am Hals und dem dritten arbeitslosen Handwerker in Folge als Ehemann.«
»Aber ich hätte so toll ausgesehen.«
»Nein, hättest du nicht. Du hättest dir eine exakte Kopie von Prinzessin Dianas Hochzeitskleid ausgesucht, inklusive dieser gigantischen Puffärmel, und dann hättest du ausgesehen wie eine dieser scheußlichen Puppen, die manche Leute auf die Ersatz-Klopapierrollen im Gästeklo setzen.«
Tashy probierte gleichzeitig noch mal ihr Hochzeitskleid an. Sie sah fantastisch aus in ihrem schmal geschnittenen elfenbeinfarbenen Kleid, aber sie seufzte trotzdem.
»Tash, wenn du dich dadurch irgendwie besser fühlst, ich habe Pickel bis hoch zu meinen Möpsen.«
»Ehrlich? Bis zu den Möpsen?«
»Nein, nur bis zum Brustbein, aber sie sind trotzdem ziemlich ekelig.«
»Ach.«
»Und, wie ich dir schon tausendmal gesagt habe«, ich nahm ihre Hand, »du siehst wunderschön aus. Wunderschön, wunderschön, wunderschön.«
»Ehrlich?«
Ich wies auf ein riesiges Sahnebaiser von Kleid im Schaufenster. Das Korsett war mit goldenen Bändern geschnürt, wodurch das ganze Ding aussah wie ein enormer, ziemlich edler Kabelsalat. Die Ärmel erinnerten an Heißluftballons.
»Probier das doch mal an, nur für alle Fälle.«
»Ich muss raus aus dem Kleid«, murmelte ich irgendwann, als wir lange genug darauf gestarrt hatten.
»Ach, ich weiß, ich weiß. Es ist bloß - also, ehrlich gesagt, das ist für mich deprimierender als alles andere zusammen.«
»Ich dachte, das wäre alles
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