Einmal rund ums Glück
beschimpfen kannst?«
»Genau. Sackgesicht.«
»Testa di cazzo!«
»Jetzt hast du’s!«
Luis hebt seine Bierflasche und stößt mit meinem fast leeren Whiskyglas an. »Willst du noch einen?«
Ich schiele zu Sarah und ihrer Freundin hinüber. Sie sind bestimmt nicht sauer, wenn ich nicht zu ihnen zurückkomme.
»Klar.«
Der Barkeeper nimmt unsere Bestellung entgegen und setzt mein Glas und Luis’ Flasche dann geräuschvoll vor uns ab.
»Geht aufs Haus«, sagt er.
»Danke!« Luis und ich sind begeistert.
»He …« Ich beuge mich vor und mache dem Barkeeper Zeichen, näherzukommen.
»Ja?«
»Wie sagt man
fucker
auf Französisch?«
Er zuckt nicht mal mit der Wimper.
»Enculé.«
»Super. Danke.«
»Und was ist mit
fuck off
?«, schaltet sich Luis ein.
»Va te faire foutre«
, erwidert der Barkeeper und beugt sich noch weiter vor. »Überlegen Sie schon, wie Sie Ihren Teamkollegen beschimpfen wollen?«, fragt er verschwörerisch.
Ich muss kichern.
»Nein!«, empört sich Luis, doch der Barkeeper grinst wissend.
»Ich habe Zeitung gelesen«, sagt er. »Könnt ihr euch wirklich so wenig leiden, wie überall behauptet wird?«
»Nein.« Luis schüttelt abschätzig den Kopf.
Der Barkeeper zwinkert ihm zu und lässt uns wieder allein.
Mit erhobener Augenbraue sehe ich Luis an. »Das behaupten sie in den Klatschspalten?«
»Du hast doch bestimmt von unserem sogenannten Privatkrieg gelesen, oder?« Ungläubig schaut er mich an.
»Ich lese überhaupt keine Klatschblätter.« Selbst normale Zeitungen lese ich kaum, aber das werde ich ihm nicht auf die Nase binden.
»Nein?«
»Nein. Niemals. Nie im Leben.« Beschwipst schlage ich mit der Hand auf den Tresen, um meiner Aussage Nachdruck zu verleihen.
»Warum nicht?«
»Ich habe meine Gründe.«
»Wann hast du denn damit aufgehört?«
Ich ziehe eine Grimasse. So spannend ist das Thema ja wohl kaum, oder? »Ein paar Monate nachdem ich nach England gegangen bin.«
»Stand zu viel über Johnny Jefferson drin, was?«
Ich falle fast vom Barhocker.
»Keine Sorge, ich erzähl’s nicht weiter«, sagt Luis.
»Wie hast du das rausbekommen?«
»Ich habe im Internet nach dir gesucht«, antwortet er. »Daisy, ist schon gut.« Er berührt meinen Arm. »Du kannst mir vertrauen.«
Das habe ich schon öfter gehört. Aber ich kann niemandem vertrauen.
»Warum hast du das getan?«, bringe ich heraus. Wie kommen die beiden bloß dazu, Will und er? Allerdings hat Will nur meinen Vater gefunden, nichts über Johnny.
»Tut mir leid«, entschuldigt sich Luis. »Vielleicht hätte ich das nicht tun sollen. Aber Will hat mir erzählt, dass du für irgendeinen Prominenten gearbeitet hast …«
Ich bin wahnsinnig enttäuscht, dass Will über mich geredet hat, obwohl ich ihn gebeten hatte, es für sich zu behalten.
»Da fielen mir wieder deine anderen Vornamen an, und ich habe mit ›Paola Giuseppe‹ gesucht. Und sofort tauchte der Name von Johnny Jefferson auf.«
Ich bin noch immer völlig konfus.
»Hör zu, ich schwöre dir, dass ich niemandem etwas verraten werde. Nicht mal Will, um ihn zu ärgern. Ich
schwöre
es.« Luis sieht mich eindringlich an, ich beäuge ihn argwöhnisch. »Bist du deshalb weg aus Amerika?«, will er wissen.
Ich nicke und hole tief Luft. Sein Blick ist voller Verständnis. Da geschieht etwas in mir. Das Gewicht, das ich seit zwei Jahren auf den Schultern trage, beginnt sich langsam, aber sicher aufzulösen. Nachdem ich einmal angefangen habe, kann ich nicht wieder aufhören …
Ich komme aus New York City, doch vor knapp drei Jahren zog ich nach Los Angeles, wo ich als persönliche Assistentin eines der größten Rockstars der Welt arbeitete. Hals über Kopf verliebte ich mich in ihn. Johnny Jefferson ist ein Bad Boy wie aus dem Bilderbuch. Genau der Typ, in den man sich niemals vergucken sollte, dem man aber einfach nicht widerstehen kann. Völlig unerwartet für mich war allerdings, dass er auch etwas für mich empfand. Zumindest behauptete er das. Bei Johnny ist das schwer zu beurteilen. Er ist, gelinde ausgedrückt, ein komplizierter Mensch. Und von da an ging alles daneben. Groupies hatte es ja immer schon gegeben; die Mädels warteten nur auf ihn, aber Johnny trieb es immer doller mit Drinks, Drogen und natürlich mit Sex mit zahllosen Mädchen. Dabei legte er Wert darauf, dass ich alles mitbekam. Irgendwann konnte ich es einfach nicht mehr ertragen. Es war furchtbar, dabei zuzusehen, wie der Mensch, den ich am meisten liebte,
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