Eins, zwei, drei und du bist frei
Fahrt über ununterbrochen: »Wer hat Angst vorm schwarzen Mann.« Ich stellte den Wagen am Straßenrand ab und sah mich erst um, ehe ich ausstieg. Keine Autos. Kein Fußgänger. Ich schloß den Mazda ab, marschierte auf Morellis Haus zu und klopfte. Ich glaube, ich war immer noch sehr aufgeregt, denn aus dem Klopfen wurde ein Hämmern.
»Zuviel Kraftfutter gegessen?« sagte Morelli, als er mir aufmachte.
Ich schob mich schnell an ihm vorbei. »Schließt du deine Türen immer ab?«
»Manchmal.«
»Sind sie jetzt abgeschlossen?«
Morelli faßte hinter sich und schob den Riegel vor. »Ja.«
Ich ging zum Wohnzimmerfenster und zog die Vorhänge zu. »Zieh die Vorhänge im Eßzimmer und in der Küche zu.«
»Was ist los?«
»Tu, was ich dir sage.«
Ich ging ihm in die Küche nach und wartete so lange, bis er die Jalousie heruntergelassen hatte. Als er fertig war, holte ich das Band aus meiner Umhängetasche. »Hast du einen Kassettenrecorder?«
Auf dem Küchentisch lag ein Aktenkoffer. Morelli klappte ihn auf und holte einen Recorder heraus. Er legte die Kassette ein und drückte die Abspieltaste.
Zuerst kam Ranger.
»Kein guter Vorschlag«, sagte Morelli.
»Das sollst du dir nicht anhören.«
Jetzt kam der Lärm und danach die männliche Stimme. Morelli verzog keine Miene, während er der Nachricht zuhörte. Bullengesicht, dachte ich. Er ließ das Band ein zweites Mal laufen, bevor er den Recorder ausschaltete.
»Jedenfalls nicht Mickey Maglio«, sagte er.
»Nein.« Ein Polizist würde sich hüten, auf Band zu sprechen.
»Gab es irgendwelche Anzeichen, daß man dich verfolgt hat?«
Ich schüttelte den Kopf. »Nein.«
»War dir heute abend jemand auf den Fersen?«
»Nein.
»Gegenüber vom Shuman-Haus ist ein Plattenladen für Grunge-Fans. Da laufen immer Videofilme. Jugendliche treiben sich da gerne rum. Der Anruf stammt wahrscheinlich von da. Ich schicke jemanden vorbei, der sich mal umhören soll.«
»Der Krach und das Geraufe neulich abends kam vermutlich doch nicht von Nachbars Hund.«
»Wer auch immer da draußen war, er muß die Mülltonne umgeworfen haben, als er versucht hat draufzuklettern, um besser sehen zu können.«
»Das regt dich anscheinend nicht besonders auf.«
In einem Abtropfsieb über der Spüle stand Geschirr zum Trocknen. Ein Teller, eine Müslischale, ein paar Gläser. Morelli riß den Teller aus dem Gestell und warf ihn mit voller Wucht an die Wand, so daß er in tausend Stücke zersprang.
»Na gut«, sagte ich. »Habe mich eben getäuscht.«
»Willst du zum Abendessen bleiben?«
»Das wäre keine gute Idee.«
Ich hatte die Hand schon am Türgriff, als ich noch mal innehielt. »Kannst du mir nicht ein bißchen mehr über dein Gespräch mit Dickie erzählen?«
»Kein bißchen mehr«, sagte Morelli.
Dann eben nicht.
»Und komm mir nicht bis nach Hause nach«, sagte ich. »Ich brauche keinen Leibwächter.«
»Wer hat gesagt, ich würde dir bis nach Hause nachfahren?«
»Du hast die Autoschlüssel in der Hand, und ich kenne deine Körpersprache. Du bist genau wie meine Mutter. Also erzähl mir nichts.«
Morellis Grinsen wurde breiter. »Willst du auch bestimmt keine Begleitung bis nach Hause?«
»Bestimmt nicht.« Schlimm genug, sich vor Angst in die Hose zu machen, schlimmer noch, es vor Morelli zu tun.
Morelli machte die Tür auf und sah sich den Mazda an. »Sieht aus wie einer von Buckys Leihwagen.«
»Bucky konnte sich noch von der Schule her an mich erinnern. Er sagte, du hättest mir bei Mario auf dem Herrenklo ein Bombenzeugnis ausgestellt.«
»Das war in meiner unbekümmerten Jugendzeit«, sagte Morelli. »Heute bin ich die Verschwiegenheit in Person.«
Es war noch früh, und der Gedanke an zu Hause und Abendessen mit mir allein war nicht besonders erhebend. Ich konnte wählen zwischen Cluck in a Bucket und meinen Eltern. Bei Cluck in a Bucket würde man mich sicher wiedererkennen, also entschied ich mich für meine Familie, wo ich immer ein warmes Essen schnorren konnte.
Meine Mutter war ziemlich aufgelöst, als sie mir die Tür öffnete. »Wem gehört das Auto?« fragte sie gleich.
»Es ist ein Leihwagen von einer Werkstatt. Mein Auto ist schon wieder kaputt.«
»Ha!« ließ sich mein Vater aus dem Eßzimmer vernehmen.
»Wir wollten uns gerade hinsetzen«, sagte meine Mutter. »Es gibt gebratene Lammkeule mit Kartoffelbrei und Spargel.«
»Ist Stephanie da?« rief Grandma Mazur vom Tisch herüber. »Hast du deine Pistole dabei? Ich will damit
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