Eins, zwei, drei und du bist frei
über das Ausstellungsgelände schweifen. Jeden Morgen beim Aufstehen hatte ich die Hoffnung, die gute Autofee hätte mir über Nacht einen Besuch abgestattet. Jeden Morgen dieselbe Enttäuschung. Allmählich wurde es Zeit, die Sache selbst in die Hand zu nehmen.
Ich hielt am Straßenrand und beäugte durch den Regen das Angebot. Die Wagen sahen alle ziemlich langweilig aus, mit Ausnahme eines blauen Nissan Pickups am äußersten Rand des Geländes. Der kleine blaue Pickup war total süß. Ich stieg aus und sah ihn mir näher an. Neue Lackierung. Sitzbank, die Polsterung ein bißchen verschlissen, aber nicht gerissen. Standardgetriebe.
Ein Mann in einem gelben Regenmantel eilte auf mich zu. »Wollen Sie den Wagen kaufen?«
»Was soll er denn kosten?«
»Wenn er für Sie ist, könnte man sich auf einen Preis einigen. Der Wagen ist Baujahr vierundachtzig. Fährt einsame Spitze.«
Ich schlug mein Scheckheft auf. »Ich glaube, den kann ich mir nicht leisten.«
»Ach was«, sagte er. »Sie sind doch kreditwürdig. Wir können Ihnen den Wagen finanzieren. Die Raten fallen kaum ins Gewicht.«
»Ich würde gerne eine Probefahrt damit machen.«
»Warten Sie einen Moment. Ich montiere nur schnell ein paar Nummernschilder an.«
Ich fuhr vier Straßen weit und wieder zurück zur Probe, und ich war hin und weg. Auf meine frischen Apfelsinen mußte ich in Zukunft also verzichten und meinen Konsum an Filmen aus dem Videoverleih drastisch zurückschrauben. Aber das Opfer würde sich lohnen. Ich hatte einen Truck!
Lula blickte von ihrer Akte auf, als ich mich durch die Tür quälte, triefend vor Nässe. »Ich kann nur hoffen, daß du heute morgen nicht zu viel Aufwand mit deinem Haar betrieben hast«, sagte sie.
Ich schüttelte meine nassen Klamotten aus. »Die Schönheit liegt im Auge des Betrachters.«
»Ha«, erwiderte Lula. »Höherer Blödsinn.«
»Ist unser Mann da?« fragte ich Connie.
»Noch nicht.«
Ich fletzte mich auf das braune Nappaledersofa. »Ich hatte kein Glück bei Onkel Mo. Ich brauche Geld. Ihr habt nicht zufällig ein paar Schnellschüsse?«
»Nur einen NVGler, gestern reingekommen. Wäre bloß ein Taschengeld, dafür absolut idiotensicher. Stuart Baggett.« Sie holte einen Hefter aus dem mit »Eingang« markierten Kasten und schlug ihn auf. »Zweiundzwanzig Jahre. Männlich. Weiß. Knapp einssiebzig groß. Hat vor drei Wochen mit zwei Freunden im Rausch eine nächtliche Spritztour unternommen und dabei auf vierzehn parkende Autos geschossen. Mit einem Luftgewehr. Hat seinen Gerichtstermin versäumt und ist flüchtig … außerdem ein Holzkopf. Zwei Autos, auf die er geschossen hat, waren unbesetzte Polizeiautos.«
Ich wunderte mich, daß der Schaden an den Polizeiautos überhaupt jemandem aufgefallen war. Trentons Streifenwagen sahen ziemlich mitgenommen aus, als kämen sie geradewegs aus einem Kriegsgebiet.
Ich nahm Connie den Hefter ab.
»Er wohnt in der Applegate, bei seinen Eltern«, sagte sie. »Und er arbeitet an dem Hot-Dog-Stand im Einkaufszentrum. Wahrscheinlich hat seine Mutter die Kaution gestellt.«
Ich wählte seine Privatnummer, und seine Mutter hob ab. Ich fragte sie, ob Stuart heute arbeite, und sie sagte, ja, bis vier Uhr.
»Ich hätte nichts gegen einen Bummel durch das Einkaufszentrum einzuwenden«, sagte Lula. »Eine Pause täte nicht schaden, und ich könnte mir bei der Festnahme gleich mal deine Jagdtechnik genauer abgucken.«
»Da gibt es keine Technik abzugucken«, sagte ich. »Der Kerl ist irgendso ein Blödmann, der sich betrunken hat und dann Unsinn angestellt hat. Entweder hat er seinen Termin vergessen, oder es war ihm peinlich, vor Gericht zu erscheinen.«
»Klar, aber du mußt ihn doch trotzdem irgendwie rumkriegen, oder? Du erzählst ihm irgendwelchen Scheiß, um ihn nach draußen auf den Parkplatz zu locken, wo wir ihm Handschellen anlegen und ihn ins Auto verfrachten.«
»Ich werde ihn in aller Höflichkeit auf sein Versehen aufmerksam machen und ihn bitten, uns zur Wache zu begleiten, um einen neuen Gerichtstermin zu vereinbaren.«
»Dieser Job wird es nie zu einer Fernsehserie bringen«, sagte Lula.
»Wenn du in die Nähe von Macy’s kommst, dann besorg mir doch bitte Nagellack. Knatschroten«, sagte Connie.
Ich steckte den Hefter in meine große schwarze Umhängetasche und zog den Reißverschluß meiner Jacke zu. Lula schlüpfte in einen knöchellangen dunkelbraunen Staubmantel aus Popeline und pflanzte sich einen dazu passenden braunen Cowboyhut
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