Einsame Spur (German Edition)
machst, aber der hat im Augenblick sicher etwas anderes zu tun. Ich kann mich ja verkleiden wie bei dem Ausflug mit Evie und ihrer Familie.«
Er verschränkte die Arme vor der Brust. »Das hat nur in diesem Zusammenhang funktioniert.« Nur deshalb hatte er sie überhaupt gehen lassen – denn niemand würde vermuten, dass die kardinale X-Mediale Sienna Lauren Snow in die Stadt ging, um Schuhe zu kaufen. »Meinst du, die Leute, die einen Anker angreifen, sehen sich vorher nicht genau um? Sobald sie rausbekommen, dass du eine Mediale bist, wissen sie auch genau, wen sie da vor sich haben.« Sie würden auch wissen, wie wertvoll diese Information für diejenigen wäre, die sich das Feuer einer X-Medialen zunutze machen wollten.
Trotzig schob sie das Kinn vor. »Ich kann mich doch nicht für alle Zeiten verstecken.« Auch sie verschränkte jetzt die Arme und stellte sich breitbeinig vor ihn. »Ich bin stark genug, um es sogar mit einem kardinalen TK -Medialen aufzunehmen.«
»Und ich soll einfach vergessen, dass eine dicke, fette Zielscheibe auf deinem Rücken prangt?« Er klang verärgert, sein Wolf hatte schon die Nackenhaare aufgestellt.
»Ach, und was ist mit dir?« Sie kniff die Augen zusammen. »Ich bleibe, wenn du auch bleibst.«
Er atmete tief durch und knurrte.
Sienna trat jedoch nicht zurück, sondern kam näher und ließ die Arme wieder sinken. »Ich dachte, wir hätten das hinter uns?«
Er hatte ihr gestattet, in die Schlacht zu ziehen und ihr Leben aufs Spiel zu setzen. Was allerdings noch lange nicht hieß, dass es ihm gefallen hatte. »Hast du etwa vergessen, dass ich nicht nur dominant, sondern auch dein Gefährte bin?« Er war einfach nicht zurechnungsfähig, wenn er daran dachte, dass ihr etwas geschehen könnte.
Sie verdrehte die Augen, und dann lächelte sie. Strahlte ihn plötzlich an, wie sie es öfter am Tag tat. Er bekam immer weiche Knie davon, und gleichzeitig fühlte er sich einen Meter größer. Als sie dann noch die Hand auf seine Wange legte und seinen Kopf zu sich herabzog, um ihr Gesicht an ihm zu reiben, und als ihre Brüste an seine Arme stießen, war es um Mann und Wolf geschehen.
Er nahm sie in die Arme und strich ihr über den Rücken, während sie sich küssten. »Nicht jetzt«, flüsterte er und legte sein Herz bloß.
Sienna lehnte sich zurück, zwischen ihren Augenbrauen erschien eine steile Falte. »Hawke?«
Er war ein Wolf, ein Leitwolf sogar. Es fiel ihm nicht leicht, Verletzlichkeit zu zeigen, nicht einmal seiner Gefährtin gegenüber. »Ich hätte dich fast verloren«, sagte er, die Erinnerung daran machte ihn ganz wild, beinahe hätte er ihr Lächeln nie wieder gesehen. »Ich brauche –« Er konnte den Satz nicht beenden, so stark waren seine Gefühle.
Kardinalenaugen ohne einen einzigen Stern sahen ihn an. »Das verstehe ich«, sagte sie, und er spürte über das Band zwischen ihnen, dass es wirklich so war. »Wir beide brauchen noch etwas Zeit, ehe wir endgültig davon überzeugt sind, dass wir es geschafft haben.« Sie streichelte seine Brust, legte die Arme um ihn und barg das Gesicht an seinem Herzen.
Er hatte nicht erwartet, dass sie auch nur einen Moment nachgeben würde aus Rücksicht auf sein Bedürfnis, sie in Sicherheit zu wissen. Und er konnte es nicht zulassen, konnte ihr nicht die Freiheit nehmen. »Geh«, sagte er und brachte nur mit Mühe die Worte heraus, »sprich mit Riley. Er soll dir jemanden mit viel Erfahrung zuteilen.«
Sie trat einen Schritt zurück, sah ihm in die Augen und strich mit den Fingerspitzen über sein Gesicht. »Mein schöner Mann.«
Krallen kratzten von innen an seiner Haut, der Wolf wehrte sich gegen die Entscheidung des Mannes.
»Ich bleibe.« Ihre Hand an seiner Wange, die Augen voller Gefühle. »Das ist nur vernünftig.«
Er legte den Kopf schief, und sie sagte: »Wenn ich da hinausgehe, wirst du halb wahnsinnig vor Sorge und nutzt dem Rudel nichts mehr.« Sie legte ihm den Finger auf die Lippen, bevor er etwas sagen konnte. »Würde mir genauso gehen, wenn ich an deiner Stelle wäre.« Ein schiefes Lächeln. »Ich tue das nicht für dich, sondern für uns beide – ich kann dem Rudel auch auf andere Weise helfen. Diesmal gehöre ich zu denjenigen, die zurückbleiben, um unser Revier zu schützen.«
Er nahm ihre Hand und küsste die leicht raue Innenfläche einer Soldatin und Kämpferin … einer Frau, die ihn besser verstand, als jede andere ihn jemals verstanden hatte oder verstehen würde.
59
Ich werde dich
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