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Einsame Spur (German Edition)

Einsame Spur (German Edition)

Titel: Einsame Spur (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nalini Singh
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nie gehen lassen.
    Auf ihrer ersten Ankerwache behielt Adria Riaz’ Worte im Herzen. Doch es war sehr schwer, denn sie wusste, dass er Lisette am Nachmittag treffen würde. Er hatte Adria gefragt, ob sie ihn begleiten wollte, und die Wölfin in ihr wollte die Chance ergreifen, doch Adria war keine eifersüchtige, wütende Frau und wollte auch keine werden.
    Deshalb hatte sie sich zusammengenommen und abgelehnt, er würde ihr Vertrauen nicht enttäuschen.
    Doch sie war eine liebende Frau. Es tat weh, sich vorzustellen, wie er mit Lisette sprach, jeder Pulsschlag war wie ein Messerstich ins Herz. Zum Teil war es sein Schmerz, denn es musste ihn in Stücke reißen, einer Frau so nahe zu sein, die ihm als Gefährtin bestimmt war, und abgewiesen zu werden. Das war so grausam, dass ihr das Herz schier zersprang. Vielleicht war es aber auch allein ihr Schmerz um das Wissen, dass sich die Wahrheit nicht verbergen ließ: Sie würde für Riaz nie das sein, was Lisette für ihn war.
    Fast beneidete sie in diesem Moment die Medialen um ihr Silentium.
    Der ältere Mann mit stumpfem grauen Haar und ebensolchen Augen, über den sie wachte, sah von den Arbeiten auf, die er korrigierte. Er hatte ihr erzählt, dass er an der Universität unterrichte. Anker mussten nicht arbeiten, konnten es oft auch gar nicht, da ihre geistigen Kräfte im Medialnet gebraucht wurden. Doch Bjorn Thorsen war ein mathematisches Genie. »Es wäre vollkommen unvernünftig«, hatte er gesagt, »mein Wissen mit ins Grab zu nehmen.«
    Jetzt sagte er: »Eine Wölfin in meinem Büro. Die Welt hat sich wirklich verändert.«
    Adria mochte Thorsen. Trotz seiner mathematischen Neigung hatte er nicht die Fähigkeit verloren, auch Feinheiten wahrzunehmen, die nichts mit Zahlen zu tun hatten. »Ja«, sagte sie. »Ich hätte es auch nicht für möglich gehalten.«
    »Ich bin fünfundachtzig.« Er fuhr den Monitor hoch und zeigte ihr ein Bild, auf dem er viel jünger – und steifer – aussah. »Am Anfang meines Lebens waren Gestaltwandler nicht einmal ein kleiner Punkt auf dem Radarschirm der Medialen. Ich habe beobachtet, wie Ihre Leute immer stärker wurden, und wie meine Leute eine falsche Entscheidung nach der anderen trafen. Mich erstaunt nicht, was jetzt geschieht.«
    Überrascht lehnte sie sich gegen die Wand. »Sie haben damit gerechnet, dass jemand Anker ermordet?«
    »Das war nur logisch.« Thorsen legte den Stift weg und sah ihr fest in die Augen. »Wer die Anker kontrolliert, hat die Kontrolle über das Medialnet.«
    »Sie morden aber und kontrollieren nicht.«
    Thorsen schüttelte den Kopf, in seinem Antlitz sah sie die Weisheit eines Individuums, das doppelt so lange wie sie auf der Welt war. »Begreifen Sie denn nicht? Sobald die Drahtzieher einen größeren und wichtigeren Abschnitt des Medialnet zerstört haben, werden sie bekannt geben, dass sie auch andere Anker töten und damit andere Teile vernichten werden, wenn die verbleibenden Anker ihnen nicht Treue schwören.«
    Adria runzelte die Stirn. »Welchen Vorteil hätte jemand davon? Soweit ich weiß, stabilisieren die Anker nur das Medialnet.« Doch kaum hatte sie diese Worte ausgesprochen, als sie schon selbst die Antwort fand. »Wenn sie das Medialnet stabilisieren können, können sie es auch destabilisieren.« Mit einem Mal verstand sie, welch berechnende Überlegungen hinter dem perfiden Plan standen. Destabilisierung würde Zehntausende auf einen Schlag betreffen. »Es gibt keinen besseren Weg, um ein Volk zu kontrollieren, als ihm bewusst zu machen, dass sein Leben an einem seidenen Faden hängt.« Ein einziger Schritt zur Seite, und das Medialnet konnte unter ihnen zusammenbrechen und ihr Leben auslöschen. Im Gegensatz zu den Laurens wussten die meisten normalen Medialen nicht, wie man sich in ein kleineres Netzwerk verzog, geschweige denn, dass sie psychisch oder physisch dazu in der Lage gewesen wären.
    »Ausgezeichnet«, sagte Thorsen und klang sehr wie ein Lehrer. »Natürlich kann man eine solche Praxis nicht lange aufrechterhalten. Wir Anker sind ja nicht nur deshalb nicht darauf verfallen, das Medialnet zu destabilisieren und alle anderen zu unseren Geiseln zu machen, weil ein solches Vorgehen unvernünftig wäre, sondern auch, weil wir so eng mit dem Medialnet verbunden sind, dass jeder Schaden auf uns zurückfällt. Ein oder auch zwei Mal könnte ich das überleben, aber öfter …« Er rieb sich die Schläfen.
    Ihre Wölfin war alarmiert. »Was ist los? Ein telepathischer

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