Einsamen
zu beschreiben?
»Als Sie sich an diesem Abend auf dem Pfarrhof trafen«, fragte er stattdessen, »an dem Tag, bevor es passiert ist … da ging es nicht nur um ein Wiedersehen, oder? Da war noch etwas anderes im Spiel?«
Ein Schuss ins Blaue, und Winckler fiel nicht darauf herein.
»Etwas anderes?«, fragte er und zog ganz unschuldig zwei Augenbrauen hoch. »Jetzt weiß ich nicht, worauf Sie hinauswollen.«
»Ich habe mir Sandlins Verhörprotokolle angesehen«, sagte Barbarotti. »Da gibt es einige Ungereimtheiten.«
Verflucht, was quatsche ich da?, dachte er. Er muss doch wissen, dass ich nur bluffe.
Tomas Winckler überlegte einige Sekunden lang.
»Ich weiß nicht, auf was für Ungereimtheiten Sie hinauswollen«, sagte er. »Es war ein normales Essen. Vielleicht nicht besonders geglückt, aber es war zumindest ein Versuch, die Clique wieder aufleben zu lassen. Wir hatten uns seit ungefähr einem Jahr nicht mehr gesehen.«
»Und hinterher, haben Sie sich noch mal getroffen? Die fünf, die übrig geblieben sind?«
»Nein, nicht alle fünf. Ich kann mich erinnern, dass wir die Berglunds einmal in der Stadt getroffen haben, das war wohl so ein halbes Jahr später, denke ich. Und wir waren ein- oder zweimal bei ihnen zum Essen … aber das ist lange her. Irgendwie hat es nicht geklappt, den Kontakt aufrechtzuerhal-
ten.«
»Aber Rickard Berglund und Sie, Sie waren also in Uppsala gute Freunde?«
Winckler nickte ernst. »Sehr gute«, sagte er. »Wir waren zusammen beim Militär, ja. Rickard und ich, wir waren wirklich gute Freunde.«
Barbarotti meinte eine Art Sehnsucht aus seiner Tonlage herauszuhören. Etwas war verloren gegangen, und Tomas Winckler bedauerte, dass es so gekommen war.
»Warum haben Sie den Kontakt abgebrochen? Es muss doch einen Grund gegeben haben?«
Tomas Winckler schüttelte den Kopf. »Ich weiß es wirklich nicht. Ich glaube, Gunilla, meine Frau, und Anna Berglund haben nie viel miteinander anfangen können. Es waren eher Rickard und ich, die befreundet waren. Germund stand immer etwas außen vor, aber Maria war ja meine Schwester, und in all den Jahren … ja, da war es ganz natürlich, dass wir zusammenhingen. So sieht doch das Leben aus, einige Freunde bleiben einem, andere verliert man unterwegs, oder?«
Gunnar Barbarotti betrachtete den Fliegenflügelhimmel eine Weile, bevor er antwortete. »Wie lange ist es her, dass Sie das letzte Mal etwas von Rickard Berglund gehört haben?«, fragte er.
»Wir mailen uns ab und zu«, erklärte Tomas Winckler. »So ein paar Mal im Jahr. Ich weiß, dass Anna Krebs hat, es dauert wahrscheinlich nicht mehr lange …. ich habe Anfang August von ihm eine Mail bekommen, habe ziemlich umgehend darauf geantwortet.«
»Elisabeth Martinsson, haben Sie irgendeinen Kontakt zu ihr?«
»Wer ist das?«
Wieder konnte Barbarotti nicht sagen, ob die Verwunderung echt oder gespielt war.
»Elisabeth Martinsson war bei dem Pilzausflug vor fünfunddreißig Jahren mit dabei, Sie erinnern sich doch sicher?«
»Ach so, ja, so hieß sie. Nein, ich habe sie nie getroffen, weder vorher noch hinterher.«
»Ich verstehe«, sagte Barbarotti. »Was haben Sie am Samstag zwischen zwölf und vier Uhr gemacht?«
»Was?«
»Ich habe gefragt, was Sie am Samstagnachmittag getan haben.«
Tomas Winckler trank einen Schluck Wein und drehte die Rolex wieder herum.
»Warum um alles in der Welt wollen Sie das wissen?«
»Routine«, erklärte Barbarotti. »Ich möchte nichts versäumt haben.«
»Ich begreife nicht, worauf Sie hinauswollen«, sagte Tomas Winckler.
»Vielleicht können Sie trotzdem auf meine Frage antworten«, schlug Barbarotti vor. »Letzten Samstag, also?«
Winckler dachte fünf Sekunden lang nach. »Morgens habe ich Golf gespielt«, sagte er. »Nachmittags war ich wohl zu Hause.«
»Kann das jemand bestätigen?«
»Nun ist es aber genug«, sagte Tomas Winckler. »Jetzt gehen Sie zu weit.«
Er wollte vom Tisch aufstehen, aber Barbarotti gab ihm mit einem Handzeichen zu verstehen, dass er sich wieder hinsetzen solle.
»Es gibt keinen Grund, sich aufzuregen«, sagte er und bemühte sich um ein freundliches Lächeln. »Sie verstehen doch, dass wir, falls Germund Grooth tatsächlich ermordet worden sein sollte, ein gewisses Interesse daran haben, zu erfahren, was die Leute in der Zeit, in der es sich abgespielt hat, getan haben.«
»Ermordet?«, platzte Winckler heraus und ließ sich wieder auf den Stuhl fallen. »Was reden Sie da?«
»Das ist eine
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