Einsatz in New York - Secret Mission ; 1
sie drängt Rick zur Tür hinaus.
Die von der Sonne erhitzte Straße. Miteinander herumlaufen, die Hände in den Taschen, später Hand in Hand. Storm kriegt Hunger, sie essen ein Sandwich. Kauend, zögernd beginnt Rick zu erzählen, dass er nicht wirklich in einem Büro aushilft, dass er Storm belogen hat. Er erklärt, dass er bis vor Kurzem für einen Geschäftsmann in Alphabet City arbeitete, jetzt aber die Firma gewechselt hat. Rick sucht nach den richtigen Worten, denn er kennt die Regeln: Man weiht Außenstehende nicht ein, man bringt Außenstehende nicht in Gefahr, man hält die Klappe, schmettert Fragen ab, man bleibt cool. Rick ist alles andere als cool. Er umschreibt das Schreckliche, das er im Dienst der Firma getan hat, indem er sagt, er möchte mit Storm auch in Zukunft ein Sandwich essen und spazieren gehen.
»Warum nicht?« Sie sieht ihn mit ernsten Augen an.
»Weil ich gerade etwas ziemlich Schlimmes getan habe.«
Storm nimmt seine Hand und wartet, bis Rick so weit ist, ihr die ganze Wahrheit zu sagen. Sie hat mit
einigem gerechnet, doch als es heraus ist, bedeutet es einen Schock für das Mädchen. Storm ist New Yorkerin und lebt in Brooklyn, sie ist nicht von gestern. Sie weiß, dass in dieser großen Stadt finstere Typen existieren, die Verbrechen begehen. Trotzdem ist sie nicht darauf vorbereitet, dass der Junge, der dieses große Gefühl in ihr weckt, ein solches Verbrechen begangen hat. Er hat einem Menschen das Leben genommen. Er hat es für die richtige Seite getan, wie es so schön heißt, aber ist es deshalb kein Verbrechen? Storm mag Rick jetzt nicht weniger, aber es kommt ihr vor, als hätte ihr jemand eine rosa Brille von der Nase genommen. Alles ist nicht mehr so hell und vielversprechend, wie es eben noch war. Mit einem Mal ist da mehr Grau, vielleicht auch mehr Wirklichkeit.
Ich bin nicht glücklich mit dieser Wendung. Einen Fünfzehnjährigen im Außendienst einzusetzen, ist schon ein Risiko. Wenn allerdings eine Sechzehnjährige von Kanters Verbrechen erfährt und von der Existenz meiner Abteilung, wenn sie kapiert, dass Rick ab jetzt zwischen den Fronten steht und mühelos zermalmt werden kann, wenn dieses Mädchen Rick ansieht und begreift, dass er im Augenblick so ziemlich gar nichts checkt, dann ist das eine unberechenbare Gefahr.
»Was geschieht als Nächstes?«, stellt Storm die Frage, die am schwierigsten zu beantworten ist. »Was willst du jetzt tun?«
»Ich will … Nach dem Sandwich will ich was Süßes«,
antwortet Rick, denn er kann vor schwerem Herzen kaum sprechen.
Storm zeigt über die Straße. »Da drüben haben sie Knish.«
»Knish ist salzig. Da ist Sauerkraut drin.«
»Knish gibt es auch süß.« Sie hakt ihn unter und bringt ihn hinüber in den jüdischen Imbiss.
»Zweimal süß«, sagt Storm. Der Knish-Bäcker wirft zwei Fladen ins Öl. Storm schweigt, bis sie die heißen Knish in Papiertüten rübergereicht kriegen. Draußen setzen sie sich auf die Stufen.
Rick isst mit Appetit. »Schmeckt lecker. Trotzdem ist Sauerkraut drin.«
»Und deine Eltern? Die wissen nichts?«
Er schüttelt den Kopf.
»Du wirst es ihnen auch nicht sagen?«
Rick kaut. In diesem Moment sieht Storm ihn mit einer Verzweiflung und Wärme an, dass er erst einmal runterschlucken muss.
»Du willst weitermachen, nicht wahr?«, fragt sie und zieht ihn an sich. »Du willst für den Geheimdienst arbeiten, trotz allem, was passiert ist?«
»Will ich das?« An ihre Schulter gelehnt, hebt er den Blick zum blitzblauen Brooklyner Himmel.
Die Antwort ist, dass Rick es will und dass Storm das spürt. Es gibt zwei Arten von Menschen, die Mutigen und die Mutlosen, und Rick gehört zu der kleineren Gruppe. Die Gruppe, die nicht immer gewinnt, die aber einmal wird sagen können: Ich hatte ein ungewöhnliches
Leben. Das sind die, die schlecht versichert sind und meistens nicht reich werden, die aber ohne Weiteres eine Nacht lang mit dem Auto durchrasen, um einer Frau eine Blume auf die Stufen zu legen. Das sind nicht immer die Helden und sicher nicht die angenehmeren Menschen. Aber es sind die Originelleren. Sie plappern nichts nach. Sie kämpfen für ihre Überzeugungen. Sie vergessen schon mal den Muttertag oder dass man Weihnachtskarten schreiben sollte. Aber wenn es wo brennt, sind sie verlässlich da. Wenn einer, den sie mögen, sie braucht, ist auf sie mehr Verlass als auf die sogenannten Korrekten.
Wahrscheinlich ist es das, was Storm begreift und weshalb sie Rick so stürmisch
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