Einsatz in New York - Secret Mission ; 1
Risiko auf sich nehmen, an ein und denselben Ort zu kommen. Der Deal ist komplex, sie müssen verhandeln, Gebote werden gemacht und überboten. Es geht um Preise, um Transportwege, es geht um Details, die man unmöglich am Telefon besprechen oder per E-mail austauschen kann. Leider ist weder mir noch Galina die Frequenz bekannt, auf der die drei ihre Verhandlung führen. Wir können also nicht mithören.
Es ist 19.00 Uhr, Galina betritt die Boston Opera,
die Vorstellung beginnt in einer halben Stunde. Gold und Stuck, dicke Teppiche, Spiegel und CD-Shops umgeben sie. Die Bar ist umdrängt. Vor der Damentoilette steht eine Schlange, denn Rigoletto ist eine lange Oper. Versteckt hinter ihrem Programmheft, hält sich Galina unauffällig in Kanters Nähe auf. Auch sie trägt einen Knopf im Ohr, der führt zu uns. Der Mann aus Texas ist noch nicht da, aber Shefqet Hoxha schlendert durch das Foyer. Er sieht nicht aus, wie man sich einen Schwerkriminellen vorstellt. Hoxha ist ein eleganter Mann mit schwarz gefärbtem Haar, nur sein Schnauzer ist grau. Ein kultivierter Opernliebhaber, würde man meinen. Es ist kaum zu beschreiben, wie sehr man sich täuscht. Auf Hoxhas Konto gehen zahllose Morde und Bombenanschläge, auf dem Balkan gilt er als einer der gefährlichsten Drahtzieher im Hintergrund.
Der Boss aus Texas trifft ein, auch keiner, dem das Prädikat »Verbrecher« auf die Stirn geschrieben steht. Ein glatzköpfiger Schlaks, der Mühe hat, seine Größe zu verbergen. Wo er auftaucht, ragt er aus der Menge heraus. Jeder dieser drei Männer will Profit aus den fünf Kisten schlagen, die in Kanters Keller lagern. Die Menschenleben, die das kostet, sind ihnen egal. Shefqet Hoxha soll den heikelsten Part übernehmen: Er hält den Kontakt zu den Terroristen. Sieht man ihm zu, wie er mit mildem Lächeln Erdnüsse knabbert und darauf achtet, dass sich keine Krümel in seinem Schnurrbart verfangen, wenn man beobachtet, wie
Kanter seiner bildschönen Frau den Arm bietet und sie in die Loge führt, wenn man dem Texaner beim Händewaschen in der marmorgefliesten Toilette zuschaut, käme man nicht auf die Idee, dass hier ein gemeines, heimtückisches Verbrechen geplant wird.
Das Klingelzeichen ertönt. Im Orchestergraben stimmen die Musiker ihre Instrumente, das Publikum nimmt seine Plätze ein. Galina sitzt im Parkett links hinten, von dort aus kann sie alle drei auf ihren Plätzen sehen. Sie drückt den Knopf fest ins Ohr, damit sie meine Anweisungen auch dann versteht, wenn die Musik spielt. Das Licht geht aus, der Dirigent erscheint, das Publikum klatscht. Die ersten traurigen Takte erklingen. Kaum wird in dem hohen Saal alles von der schmachtenden Musik übertönt, beginnen die drei Männer, miteinander zu reden. Murmelnd, mit vorgehaltener Hand, sie bewegen kaum die Lippen. Was sie besprechen, ist noch um einiges finsterer als die Ouvertüre zu Rigoletto .
Wir sind wieder in New York, es ist 19.30 Uhr. Die vier, die sich hier treffen, harmonieren nicht allzu gut miteinander. Dinner-Time in Brooklyn, das Lokal ist voll. Melissa pocht darauf, dass sie einen Tisch beim Fenster bekommen. Sie hat sich hübsch gemacht, das bedeutet, sie versucht, jünger auszusehen, als sie ist. Ihr neuer Freund Håkon macht seinem Holzfällerstatus alle Ehre, er trägt ein kariertes Hemd, sein Jackett hat Lederflicken an den Ärmeln. Auch sonst gibt sich
Håkon hemdsärmelig, zu laut, zu fröhlich. Die jungen Leute am Tisch sind eher zurückhaltend.
Storm ist mitgekommen, weil sie weiß, der Abend ist wichtig für Rick. Sie ist nicht einverstanden mit dem, was er vorhat, doch sein eigentliches Ziel, Vater und Mutter wieder zusammenzubringen, erscheint ihr ehrenhaft. Storm sieht müde aus, Rick hat sie aus dem Krankenhaus abgeholt, die Behandlung setzt ihr jedes Mal zu. Sie ist blass und hat keinen Appetit. Als Håkon vorschlägt, die Bekanntschaft mit einem Schlückchen zu begießen, lehnt sie ab. Sie darf keinen Alkohol trinken. Rick bestellt ebenfalls Cola.
»Charlene wäre gern gekommen, aber sie besucht eine Freundin«, leitet Melissa die Konversation ein.
Rick weiß, dass sie flunkert. Charlene wird von dem Treffen ferngehalten, weil Rick seine Schwester so schlecht aushält wie einen eitrigen Zehennagel. Melissa ist um Harmonie und Sanftmut bemüht. »Hübsch ist das, was du trägst.« Sie zeigt auf eine Anstecknadel an Storms Brust. »Hat Rick dir die geschenkt?«
»Das ist der Button meines Streichquartetts«, antwortet Storm
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