Einsatz in New York - Secret Mission ; 1
verabredet sich an einem Ort, wo er ewig nicht mehr war.
21
»Herrlich«, sagt Montgomery. »Ich habe das immer geliebt.«
»Was?« Rick geht neben seinem Vater her.
»Die Vorstellung, dass New York am Meer liegt. Nicht bloß zwischen zwei Flüssen oder an einem See. Wir sind eine Stadt am Atlantik.«
»Wir.« Rick lächelt. New Yorker zu sein, bedeutet, Wir zu sein. Sie tun das, was alle am südlichsten Zipfel der Stadt tun. Sie schlendern den Boardwalk entlang und essen dabei süße, ungesunde Sachen. Der Boardwalk ist die alte Holzpromenade und so typisch für New York wie das Empire State Building oder der Central Park. Von Brighton Beach bis Coney Island verläuft der ununterbrochene Strand. Der Sand ist grau und von Glassplittern durchzogen, das Meer ist nicht besonders sauber, und doch ist es ein einmaliger Platz.
Warum dieser Zufluchtsort, der alles andere als sicher ist? Rick hat nicht lange überlegt, er hat aus
dem Bauch heraus gehandelt: Wenn Kanter Verdacht geschöpft hat und ihn suchen lässt, dann gewiss nicht auf der Flanierpromenade inmitten Tausender Leute. Rick hat Vorkehrungen getroffen. Er lief auf den Bahnsteig einer Subway-Station und beim nächsten Ausgang wieder hoch. Durch eine Toreinfahrt schlich er in einen Hinterhof und verließ ihn über den Seitenausgang. Schließlich nahm er ein Taxi bis Brooklyn, traf dort seinen Vater, gemeinsam fuhren sie ans Meer.
»Schön, dass du angerufen hast«, sagt Montgomery. »Gute Idee, sich eine Auszeit zu nehmen.«
Rick gibt es einen Stich, seinen Vater das sagen zu hören. Früher, wenn sein Dad sich eine Auszeit nahm, musste das Wochen vorher geplant werden. Dann ging es nach Aspen zum Skilaufen oder nach Florida. Heute muss die Subway nach Brooklyn genügen.
»Hast du Mom inzwischen gesehen?«, fragt Rick. Von dort, wo sie einander getroffen haben, wäre es nur ein Katzensprung zu Melissas Wohnung gewesen.
»Ich… ja.« Montgomery geht strammer. »Ich habe mir ihren Laden angeschaut. Geschmack hatte sie schon immer.«
»Habt ihr miteinander gesprochen?«
»Es … Nein. Es schien mir nicht der richtige Zeitpunkt.«
Rick stellt sich seinen Vater vor, wie er vor Flower Art steht, Melissa drinnen hantieren sieht, aber nicht hineingeht. Sein Vater, der früher der Inbegriff an Selbstvertrauen war, der Melissa, so erzählten es die Eltern,
im Sturm erobert hat. Heute wagt er nicht einmal, ihren Laden zu betreten. Weil es zu wehtut. Weil es sinnlos ist. Weil Montgomery die eine Frage, die zählt, Melissa nicht stellen kann: Wann kommst du zu mir zurück?
Was gibt es zu sagen, wie fängt man an? Rick hat seinem Vater in den vergangenen Wochen so viel verschwiegen, hat so oft gelogen, dass kaum eine Brücke zu schlagen ist, die man Wahrheit nennen könnte. Er fragt Montgomery auch nicht nach dem Stand seines Falles, da sich der wahrscheinlich nur in juristischen Fachausdrücken und Zahlen benennen lässt.
»Hast du mal wieder Golf gespielt, Dad?«
Sein Vater guckt ihn von der Seite an, die Augenbrauen hochgezogen, der ironische Monty-Blick. Die Frage ist absurd: Da hängt ein Mann am Abgrund, und du fragst ihn, ob er Golf spielt. Aber auch wenn er bankrott ist, hat der Tag immer noch vierundzwanzig Stunden. Monty kann nicht nur auf den nächsten Anwaltstermin warten, auf die nächste Gelegenheit, sich in die Fresse hauen zu lassen. Wenn er nicht irgendwas unternimmt, das ihm Freude macht, geht er vor die Hunde.
»Du wirst lachen, ja«, antwortet Montgomery. »Hab ich.«
»Wo?« Rick grinst, obwohl das eigentlich nicht komisch ist. Er freut sich nur über die winzigste Sache, die seinen Dad aufheitert.
»Ein kleiner Club. Das Grün hat nur neun Löcher,
aber er ist okay.« Monty zwinkert. »Nicht dass ich mir das leisten könnte. Eine Bekannte hat mich mitgenommen.« Er legt Rick die Hand auf den Nacken. »Sie wollte, genau wie du, dass ich mal auf andere Gedanken komme.«
Das ist der Griff aus der Kindheit. Seit Rick denken kann, hat sein Vater ihn so angefasst, wenn sie zu zweit waren und sich gut verstanden. Die schwere, warme Hand gab ihm Sicherheit, Freundlichkeit und alles, was er als kleiner Junge brauchte. Rick ist froh, dass dieses Gefühl wieder da ist.
»Kenn ich diese Bekannte?« Er will, dass die Hand liegen bleibt und versucht, im gleichen Rythmus zu gehen.
»Sie ist Juniorpartnerin in der Anwaltskanzlei. Als denen klar war, dass ich den Staranwalt nicht mehr bezahlen kann, haben sie mich an Loretta verwiesen. Ich glaube,
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