Einsatz in New York - Secret Mission ; 1
zurückkommt, soll er versuchen, die wichtigste Frage für uns zu beantworten: wann?
Rick lauscht. Kein Geräusch von draußen. Zwanzig
Sekunden würden ihm genügen, vielleicht nur zehn. Zwei Schritte, ein Blick ins Buch, schon könnte er sich wieder hinsetzen, als ob nichts passiert wäre.
Rick ist jung für einen Agenten. Seine Jugend sagt ihm, wer nichts riskiert, kommt zu nichts. Rick steht auf und tut, als betrachte er das Bild. Er sieht völlig entspannt dabei aus, aber sein Herz pocht im Galopp. Im Nebenzimmer sitzt Kanter zurückgelehnt da, mit verschränkten Armen. Er lächelt, als sein Schützling ihm durch den Monitor prakisch ins Gesicht schaut. Kanter denkt, eine kurze Weile noch, dann gehe ich hinüber und beende das Ganze. Rick weicht von dem Bild zurück, als wollte er es aus größerer Distanz besehen. Er stößt gegen den Schreibtisch. Lässig setzt er sich darauf. Sitzt, schaut, sein Blick wandert über die Platte. Er zieht das Armband heran, betrachtet es, legt es wieder weg. Er macht die Schreibtischlampe an und knipst sie wieder aus. Er wirkt gelangweilt. Seine Hand streift den Terminkalender, dreht ihn herum, lässt ihn wieder los, als würde ihn das Büchlein nicht interessieren. Selbstvergessen öffnet er es und blättert darin. Er erreicht den September, blättert einen Tag um, noch einen, immer schneller. An einem bestimmten Datum hält er inne. Rick schluckt, er wird bleich. Mit einem Ruck schlägt er den Kalender zu und springt vom Schreibtisch. Eilig geht er zum Sessel und wirft sich hinein. Zu eilig. Rick ist paralysiert, er weiß nicht, was er als Nächstes tun soll. Wie soll er reagieren, wenn Kanter zurückkommt?
Ganz in seiner Nähe sitzt Kanter nicht mehr zurückgelehnt mit verschränkten Armen. Er stützt die Ellbogen auf die Schenkel. Seine Fäuste sind geballt. Auch Kanter ist bleich. Aus riesigen Augen starrt er seinen Günstling an, den Jungen, dem er in einem Laden ein Messer zusteckte, der damit zustach und Kanters Vertrauen gewann. Nicht dass Rick den Kalender aufgeschlagen hat, macht Kanter zu schaffen, sondern die Art, wie er ihn wieder zuschlug. Niemand, der die Wahrheit nicht kennt, hätte bei einem so harmlosen Eintrag derart stark reagieren, bei diesem Datum so erschrecken können. Es kommt selten vor, dass Kanter nicht weiterweiß, aber für einige Augenblicke ist er ratlos. Unvorbereitet ist er auf etwas Bedrohliches gestoßen. Eine harmlose Juwelensache wollte er aufdecken, die er selbst kaum ernst nahm, und entdeckte stattdessen eine unmittelbare Gefahr. Langsam lässt Kanter die Luft ausströmen. Er braucht Hilfe, er braucht Rat. Er greift zum Telefon.
»Semyoto?«, sagt er verhalten. »Ich komme zu dir. In fünf Minuten.«
Er legt auf und tritt an die Tür. Im spiegelnden Glas prüft er, ob seine Züge gelassen wirken. Kanter verlässt den Monitorraum. Gleich darauf betritt er sein Büro.
»Mir ist eingefallen, ich habe den Ring gar nicht hier. Er ist beim Juwelier, der soll ihn weiter machen.« Kanter geht zum Schreibtisch und schließt das Etui.
»Wann wollen Sie das Armband Ihrer Frau schenken?«
»Im September.« Kanter sieht den Jungen offen an. »Da hat sie Geburtstag.« Er schließt die Schublade, versperrt sie, zieht den Schlüssel ab.
»So, im September.«
»Ja, sie ist vom Sternzeichen Jungfrau.«
»Hm«, macht Rick und steht auf.
Keiner von ihnen hat während ihres Wortwechsels einen Blick auf den Terminkalender geworfen.
20
»Wenn ich ihn laufen lasse, informiert er die Bullen. Wenn ich ihn ausschalte, wissen die, dass er auf etwas gestoßen ist.« Kanter sieht Semyoto an. »Kann ich ihn jetzt überhaupt noch laufen lassen?«
Sie sitzen einander im Edelweiß gegenüber, das Lokal ist leer.
Semyotos Blick schweift in die Ferne. »Was kann sagen Rick? Zahl. Nur ein Zahl.«
Kanter fährt sich durchs Haar. »Er kennt das genaue Datum.«
»Womit in Verbindung bringen er kann?«
»Du glaubst, er weiß nichts? Darf ich das Risiko eingehen?«
Als Semyoto nicht antwortet, beugt der Boss sich zu ihm. »An dem Tag, als Howard verschwand, war jemand im Keller. Die Sensoren sind angesprungen. Trotzdem haben die Kameras nichts aufgezeichnet. Es könnte der Junge gewesen sein.« Er schüttelt den
Kopf. »Nein. Rick wäre mit Howard unmöglich fertig geworden. Oder doch?« Seine Augen fixieren den kahlköpfigen Meister.
»Weiches besiegt Hartes. Möglich ist.« Semyoto überlegt. »Eine Zahl er hat gesehen, ein Datum. Du änderst Datum und
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