Einsatz in New York - Secret Mission ; 1
wirklich noch eines?«
Sie lachen und klatschen wieder. Rick lacht nicht, er klatscht nicht. Quer übers Flachdach drängt er sich näher an die Szene heran. Seine Augen durchforsten die Menge darunter. Reihe um Reihe gleitet sein Blick die Zuschauer ab. Vor seinem inneren Auge sieht er den Mann mit den sehnigen Zügen vor sich; er wird, er muss ihn wiedererkennen! Was aber, wenn der Terrorist sich verkleidet hat, wenn er eine Kapuze trägt, unter der Rick das Gesicht nicht sieht? Was, wenn es nicht derselbe ist wie der, der mit dem Cäsium abgehauen ist?
Der Bürgermeister fährt mit seiner launigen Ansprache fort, er ist beliebt, die Leute hören ihm gern zu. Die Unruhe hat nachgelassen, sie wollen verstehen, was er sagt. Sie schauen zu den Bildwänden, sie
stehen still. Die Aufmerksamkeit schafft Ruhe, alle Köpfe sind erhoben.
Nicht alle. Dort, unter dem nächsten Vordach, kaum drei Meter von der Polizeiabsperrung entfernt, bewegt sich einer. Nicht auffällig, doch seine Richtung ist klar. Er will zum Bürgermeister. Rick durchfährt es eisig und siedend heiß zugleich. Das ist er! Das ist der Fahrer, dem er gestern auf der Upper Westside Aug in Aug gegenüberstand. Der Mann, der das Cäsium im Arm hielt, der Mann mit der Narbe. Äußerlich ist ihm nicht anzusehen, dass er etwas bei sich trägt, nur der weite Parka verrät ihn. Unter dieser Jacke lässt sich so manches verstecken. Rick kombiniert nüchtern: Wurde die Bombe mit einem Zeitzünder präpariert? Dann müsste der Täter sie irgendwo ablegen, um sich selbst in Sicherheit zu bringen. Das hätte er längst tun und verschwinden können. Angesichts so vieler Securityleute ist das zu unsicher. Nein, er braucht keinen Zeitzünder, er löst die Bombe am eigenen Körper aus. Er wird es tun, wenn es am wirkungsvollsten erscheint: im Moment der Enthüllung. So wie Hoxha es ihm befohlen hat.
»Soll ich Sie noch länger auf die Folter spannen?«, ruft der Bürgermeister und tritt an das kleine Gerüst heran. Die Menge antwortet mit gut gelauntem Applaus. Der Künstler, der den Big Apple aus Rosenquarz gestaltet hat, überreicht ihm das Ende der Schnur, an der der Bürgermeister ziehen soll, um das kleine Denkmal zu enthüllen.
Rick bleiben nur noch Sekunden. Vom Vordach des Plattenlabels ist es unmöglich, den Mann zu erreichen. Aber die nächste Plattform schiebt sich weit in die Straße hinaus. Rick drängt und stößt, kennt keine Rücksicht mehr, erreicht den Rand. Die jungen Leute sind sauer, Unruhe kommt auf. Die Polizisten schauen nach oben. Einer sagt etwas ins Funkgerät. Rick schätzt die Distanz, die Vordächer liegen mehrere Meter auseinander, er kann keinen Anlauf nehmen. Wenn er springt, werden alle auf ihn aufmerksam.
»Also dann, New York, ich präsentiere Ihnen …« Der Bürgermeister tritt zurück, hält die Schnur auf Spannung.
Rick springt. Jede Sehne, jeder Muskel sind auf Erreichung seines Zieles eingestellt. Er sieht seine Schnürsenkel durch die Luft schwirren. Seine Schuhsohle kommt auf der Kante auf, rutscht ab, Rick stürzt, mit den Armen fängt er sich. Ihm entgeht nicht, dass Polizisten hochsehen und zu ihren Waffen greifen. Rick zieht sich wieder hoch. Er steht. Rempelt die überraschten Leute beiseite, erreicht die Vorderkante. Pistolen werden aus Halftern gezogen, Arme in Uniform heben sich. Ricks Augen sind auf den Mann unter sich gerichtet. Er öffnet den Parka. Seine Hand gleitet darunter.
Rick denkt nicht, er handelt. Wie ein Raubtier stürzt er sich auf den Feind. Es ist ein Sprung aus fünf Metern Höhe. Er prallt auf den Gegner, beide werden
zu Boden gerissen und verschwinden im Gewühl. Rick kriegt die Hand des Mannes zu fassen, dessen Gesicht dicht vor ihm ist. Seine Augen sind schmal, überrascht, wild entschlossen. Er will ziehen, will den Auslöser betätigen, mit äußerster Kraft versucht Rick, es zu verhindern. Er ist schwächer als dieser Mann. Er muss dessen Arm mit der rechten Hand wegstoßen, mit seinem verletzten Arm. Er schafft es nicht, er kann es nicht schaffen. Über ihm Rufe, Schreie, die Leute kapieren, hier geschieht etwas, das nicht zum Programm gehört. Millimeter um Millimeter schiebt die Hand des Manns Rick beiseite. Jetzt kann er den Auslöser wieder fassen, jetzt wird er draufdrücken.
Weiches besiegt Hartes , denkt Rick. Semyoto hat es ihm beigebracht. Semyoto, der Rick töten wollte und nun selbst tot ist. Rick schließt die Augen, braucht nicht zu sehen, was er tut. Er lässt den Arm
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