Einst herrschten Elfen
erkennen, was ihn an die Erde bindet. Es ist wie ein Netz aus Energie, auf dem er sitzt. Zugleich hält es ihn auch im Himmel. Es ist so klar, dass ich es berühren kann, aber ich kann ihn nicht herabziehen. Eine andere Kraft hindert mich daran.«
Katyett blickte zu Auum, der die Augenbrauen hochgezogen hatte.
»Was kannst du sehen?«, fragte sie Takaar.
»Farbe und Energie. Den Umriss der Flügel, die ihn halten. Es ist schön.«
»Aber du kannst es nicht zerstören, du kannst ihn nicht abstürzen lassen.«
Takaar schüttelte den Kopf.
»Schade«, sagte Katyett. »Schade ist auch, dass du so viel Aufmerksamkeit erregt hast. Ich glaube, inzwischen haben dich alle erkannt.«
Takaar blickte zu der Sperrkette der TaiGethen und den vielen Elfen dahinter, die in seine Richtung drängten. Schon riefen einige seinen Namen, andre stellten Fragen. Katyett spürte Verwirrung und Zorn.
»Was tun wir jetzt?«, fragte Grafyrre. »Geben wir eine Erklärung ab? Die Aufregung wird sich nicht legen, und wir müssen uns organisieren.«
»Lasst mich zu ihnen sprechen.« Takaars Augen waren hell und voller Kraft, genau wie in Tul-Kenerit, bevor …
»Bist du sicher?«, fragte Katyett zweifelnd.
Takaar schüttelte den Kopf. »Nein. Aber es wird ihn ärgern, wenn ich aufstehe und zu denen spreche, die ich verraten habe. Er glaubt, ich hätte nicht den Mut dazu.«
Katyett blickte fragend zu Auum. Der junge TaiGethen zuckte mit den Achseln und legte den Kopf schief. Warum eigentlich nicht? Takaars Grund war an diesem eigenartigen Tag so gut wie jeder andere. Katyett schickte die TaiGethen in die Menge zurück und ließ sie verkünden, dass eine Erklärung abgegeben würde.
Das war bald erledigt, und schließlich blickten alle zu der kleinen Gruppe und erwarteten, dass Katyett das Wort ergriff. Doch nicht sie war es, die vortrat. Es war der berühmteste Elf, den es gab. Ein ula aus den Annalen des Elfenvolks.
SECHSUNDDREISSIG
Folgt nicht mir. Glaubt an mich und dann folgt eurem Herzen.
Y nissul von Ysundeneth, Al-Arynaar aus allen Linien der Elfen. TaiGethen, meine Brüder und Schwestern. Unter euch sind einige, die von mir gehört, mich aber noch nicht gesehen haben. Außerdem gibt es einige, die mich gesehen haben, mich jedoch nicht kennen. Schließlich sind da noch jene, die an meiner Seite gekämpft und gedacht haben, sie würden mich nie wiedersehen. Ich habe euch und das ganze Elfenvolk im Stich gelassen. Ich bin Takaar.«
Katyett hatte die Redewendung, dass einem das Herz bis zum Halse schlug, stets für melodramatisch und lächerlich gehalten. Das änderte sich nun. Ihr Puls hämmerte so heftig, dass ihr die Kehle wehtat. Sie hatte einen Kloß im Hals, den sie nicht herunterschlucken konnte, und fürchtete bei jedem Atemzug, sie müsste ersticken. Ihr wurde schwindlig, sie lehnte sich an Grafyrre und murmelte Gebet um Gebet, dass dies alles kein schreckliches Ende nehmen möge. Nicht um ihretwillen, sondern um seinetwillen, für Takaar betete sie. Sie wollte, dass er akzeptiert wurde, dass die Elfen ihn verstanden und auf ihn hörten. Ihn vielleicht sogar respektierten. Aber sie durften ihn nicht auslachen. Nein, das auf keinen Fall, betete sie zu Yniss. Alles, nur das nicht.
Falls Takaar mit Jubel oder Entsetzen gerechnet hatte, so wurde er enttäuscht. Ein Murmeln ging durch die Menge, aber das war auch schon alles. Takaar wartete, bis es verstummt war. Auum, der einen Schritt hinter ihm stand, drehte sich um und nickte Katyett aufmunternd zu. Takaar fuhr fort.
»Ich bin nicht hier, weil ich um Verzeihung bitten oder um Vergebung flehen will. Beides wird mir mit Recht verweigert. Das Blut der Elfen aus allen Linien, die gestorben sind, als ich von den Wällen von Tul-Kenerit geflohen bin, klebt an meinen Händen. Zehn Jahre des Exils konnten es nicht abwaschen. Es wird für immer dort bleiben, und das ist richtig so. Deshalb stehe ich nun nicht als General oder Anführer vor euch, sondern als ein gewöhnlicher ula , der um Hilfe in diesem Kampf bittet, denn wir müssen das Land von den Menschen befreien, die Harmonie der Elfen wiederherstellen und das Leben wiederaufnehmen, das wir geliebt haben. Ich frage mich, ob ihr mir nun zuhören wollt.«
Einige nickten, ein paar sagten »Ja« und wenige applaudierten sogar. Takaar nickte demütig.
»Danke.« Er deutete zu dem fliegenden Magier. »Wider die Natur und wider Yniss selbst suchen uns die Augen der Menschen. Auch unter dem Blätterdach forschen sie
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