Einst herrschten Elfen
nicht herumwandern, wir wollen niemanden auf uns aufmerksam machen. Gibt es sonst noch etwas?«
Merrat kicherte. »Nein, wir haben es verstanden. Für dich bleibt demnach nichts zu tun außer zu reden, was?«
»Was meinst du damit?«
Merrat spreizte die Finger. »Über das Überleben im Regenwald natürlich. Nur schade, dass du deine Felle, Muscheln und Bilder nicht dabeihast, was?«
Katyett presste die Lippen zusammen und funkelte Merrat an, doch die freundliche Stichelei hatte ihr Herz gewärmt.
»Merrat, du kannst mit deiner Gruppe die wichtigste Arbeit im Lager übernehmen.«
Merrats Lächeln verflog. »Ich glaube, ich frage lieber nicht, was du meinst.«
Katyett schüttelte den Kopf. »Nein, aber ich befehle dir, trotzdem zu fragen.«
Merrat lachte. »Meine Oberin Katyett, Anführerin der TaiGethen, was ist die wichtigste Aufgabe im Lager?«
»Die Latrinen«, sagte Katyett. »Latrinen für dreitausend Elfen, die nicht an das Essen hier draußen gewöhnt und zudem Hitze und Regen ausgesetzt sind. Dort bist du außerdem nahe genug, um mich reden zu hören. Was für ein Glück du doch hast, Merrat.«
»Yniss segnet mich mit jeder Aufgabe, die er mir überträgt. «
»Das tut er, meine Tai. Das tut er.«
Pelyn hatte sie lange überreden müssen, nach oben zu gehen. Am Ende war es sowieso egal. Wenn es eines gab, worauf man sich bei Sildaan verlassen konnte, dann war es ihre Pünktlichkeit. Der klare Himmel half nun auch ihr, die Sonne vertrieb die Schatten aus den Wipfeln des Waldes und strahlte den Gardaryn an. Unten in der Nähe des Hafens, in den Vierteln, welche die Cefan und Orran aufgrund einer lockeren Allianz unter sich aufgeteilt hatten, wie Tulan ihr widerstrebend mitgeteilt hatte, spielte es keine Rolle, dass der Himmel klar war. Dort regnete es trotzdem. Tropfen aus reinem, schönem, schrecklichem Dunkelgelb. Sie fielen dicht und schwer wie Gyals Tränen und zogen Rauchfahnen hinter sich her.
Danach flogen braune und grüne Kugeln in hohem Bogen durch den Himmel, krachten auf Gebäude herab oder verschwanden aus dem Sichtfeld, und die Aufschläge waren als grollender Donner zu hören. Dieser böse Regen setzte alles in Brand, was er berührte. Bald stand das ganze Hafenviertel in Flammen. Eilig floh der Rauch zum Himmel empor.
Pelyn war aufgestanden und ans Fenster getreten, um es genauer zu betrachten. Dann hatten sie sich endlich auf einen Balkon begeben, um das volle Ausmaß des Schreckens zu überblicken. Pelyn glaubte, Schreie und Waffenklirren zu hören, war sich jedoch nicht sicher. Eindeutig war dagegen, was sie empfand.
Yniss hatte sich von ihnen abgewandt. Tual hatte sich in die Weite des Waldes zurückgezogen. Shorths Arme waren nun gewiss weit ausgebreitet, um alle aufzunehmen, die zu ihm kamen. Menschen und Magie wüteten in der Hauptstadt der Elfen. Sie sah die Sprüche und spürte die Hitze des Feuers und die Kälte von Eis.
Der Schrecken berührte sie tief, und die Erinnerungen an die Geschichte der Elfen erwachten. Auch den Seelen der Alten in den Hallen der Toten wurde es kalt. Sie verharrte wie versteinert, und es kümmerte sie nicht, dass ihr Mantel offen war und die ehemaligen Wächter neben ihr standen. Nicht mehr als Wächter, sondern wieder als Al-Arynaar bei ihrer Oberin.
Pelyn starrte hinaus, während Licht und Schatten flackerten. Sie stand da, als der Himmel sich verdunkelte und der erste Regen des Tages fiel. In den Straßen stampften die Füße der fliehenden Elfen, die nicht wussten wohin. Dann kehrte sie der brutalen Kraft, die alles niedermachte, den Rücken und blickte Tulan in die verschwommenen Augen.
»Glaubst du immer noch, du solltest mich festhalten, damit mich jeder Tuali in Ysundeneth vergewaltigen kann? Oder willst du lieber losziehen und mir etwas Kleidung und ein Schwert besorgen?«
Katyett und die TaiGethen hatten sich eine Weile vor Sonnenaufgang zum Nordrand des Lagers zurückgezogen, als rechneten sie dort mit einer Bedrohung. Das Gespür für Gefahr, hatte Takaar gesagt, war der größte Unterschied zwischen einem Tai-Krieger und einem normalen Elf. Katyett war nicht seiner Meinung und hielt eher Geschwindigkeit und Reaktionsvermögen für die wichtigsten Faktoren.
Wer auch immer Recht hatte, keiner konnte das Gefühl verleugnen, das sie allmählich alle überkam. Es sollte nur in einer Hinsicht ein schöner Morgen werden. Der Himmel kleidete sich in ein prächtiges Blau, vor das sich einige träge Wolken schoben, doch ein
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