Einstein - Einblicke in Seine Gedankenwelt
Stöße und Drücke im Erklärungssinne ebensowenig zu bemühen als um die Wirbel, in denen einst Descartes die letzten mechanischen Gründe für die Bewegungen der Weltkörper zu finden vermeinte. Und die Anstrengungen gewisser Neuerer, diese Wirbel und Strudel für die Erkenntnis wieder aufleben zu lassen, müssen aussichtslos erscheinen.
Immerhin, meinte ich, dürfte man wohl behaupten, daß auf dem Grunde jeder physikalischen Erklärung irgend etwas Okkultes zurückbleibt; ein allerletztes, allereinfachstes, das wir als Prinzip anerkennen, ohne uns zu verhehlen, daß wir da eben mit aller Erklärungsmöglichkeit zu Ende sind und am Vakuum der Erkenntnis stehen. Und hier gelange ich an eine weitere Frage, deren Diskussion, wie ich sehr wohl spüre, eine Gefahr einschließt.
Einstein : Gestehen Sie nur ruhig, was Sie bedrückt; ich sehe noch gar nicht, worauf Sie hinauswollen.
Ich : Auf gewisse Erscheinungen, die man gleichfalls als »okkult« bezeichnet, in der Absicht, sie dadurch zu bemakeln. Sie mögen ja teilweis auf Hokuspokus hinauslaufen und in dasGebiet unsauberer Künste fallen. Nur meine ich, daß die ernsten Wissenschaftler hier die Grenze nicht immer mit der nötigen Sorgfalt gezogen haben, und daß sie geneigt sind, alles, was sich als Unerklärbarkeit in Form einer Schaustellung hervorwagt, ohne weiteres als Humbug zu verwerfen.
Einstein : In der Regel werden sie recht haben; denn man kann den Forschern nicht zumuten, sich mit reklamehaft aufgestutzten Dingen zu beschäftigen, die mit irgendwelchen fabelhaften, okkulten Welten zusammenhängen sollen.
Ich : Trotzdem bin ich der Meinung, daß selbst in solchen Schaustellungen bisweilen Erscheinungen auftreten, an denen Forscher nicht mit bloßer Verachtung vorübergehen dürften. Ich selbst habe dergleichen erlebt und mir dabei gesagt: Hier gehen Dinge vor, von denen – – –
Einstein : Von denen sich unsere Schulweisheit nichts träumen läßt, wollen Sie sagen.
Ich : Allerdings: Dinge, die unter der Marke der Sensation einen sehr studierenswerten physikalischen Kern verbergen.
Einstein : Sie dürfen nur nicht übersehen, daß Sie sich in solchen Fällen stets in der Rolle eines Zuschauers befanden und mithin allen erdenklichen Täuschungen ausgesetzt waren. Sie sind da von zahllosen unentdeckbaren Tricks umgeben, von anderen Zuschauern, deren mitwirkende Verabredung Sie nicht ahnen. Ein objektives Urteil ist da unmöglich.
Ich : Immer vorausgesetzt, daß der Schausteller selbst nicht vollkommen isoliert wird. Es lassen sich doch Bedingungen schaffen, die alle Tricks von vornherein radikal ausschalten.
Einstein : Wenn Sie derartiges erlebt haben, so erzählen Sie meinetwegen.
Ich : Ich will mich kurz fassen und nur Tatsachen berichten ...
Einstein : Korrekter gesagt: Dinge, die Ihnen heut in der Erinnerung als Tatsachen vorschweben. Also Sie glauben dafür einstehen zu können, daß Sie damals in eine geheimnisvolle Welt geblickt haben.
Ich : Lang freilich ist es her, weit über drei Jahrzehnte. Damals zeigte der Wundermann Hansen, als einer der ersten in seinem Fach, hypnotische und telepathische Experimente, teilweis übereinstimmend mit Versuchen, die der berühmte Pariser Forscher Charcot fast gleichzeitig zu pathologischen Zwecken veranstaltete.
Einstein : Also was wollen Sie? Diese Experimente fallen doch in den Umkreis der Wissenschaft und brauchen gar nicht das okkulte Mäntelchen, um sich sehen zu lassen?
Ich : Da sind wir gerade beim Hauptpunkt. Hansen ging nicht von der Wissenschaft aus, er wollte in der Hauptsache Geld verdienen, aber gleichviel, er hatte doch auf seine Weise mirakulöses Material gewonnen, das späterhin wissenschaftlich verwertbar wurde. Nur daß im ersten Anlauf die Sache, weil sie okkult auftrat, von der Gelehrtenwelt eine scharfe Zurückweisung erfuhr. Mit der Wirkung, daß Hansen in Dresden zu langer Gefängnisstrafe verurteilt wurde, nach dem Gutachten von Wissenschaftlern, welche erklärten: diese Experimente sind nur auf der Betrugsbasis möglich, folglich ist Hansen ein Betrüger, der eingesperrt und unschädlich gemacht werden muß.
Einstein : Und Sie selbst, wie wollten Sie damals feststellen, daß er reell experimentierte?
Ich : Sehr einfach und sicher. Einer meiner Bekannten, der reiche Rennstallbesitzer von Oelschläger, hatte ihn gegen hohes Honorar veranlaßt, auf seinem Landgut zu experimentieren, ziemlich entfernt von Berlin, in einem Kreis von Personen, von denen er nicht eine
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