Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Einstein, Quantenspuk und die Weltformel (German Edition)

Einstein, Quantenspuk und die Weltformel (German Edition)

Titel: Einstein, Quantenspuk und die Weltformel (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janick P. Mischler
Vom Netzwerk:
Spiegelwelten oder unzugänglichen Gebieten des Universums - wenn überhaupt. Nun, insofern haben Sie natürlich recht. Allerdings haben wir bisher nur über das Vorkommen von beständiger Antimaterie in der Natur gesprochen. In der Natur mag Antimaterie nur in der Vergangenheit, in bisher unzugänglichen Dimensionen oder Milliarden Lichtjahre von der Erde entfernt existieren 47 . Sprich: Jenseits unseres Horizonts. Einer Forschungsgruppe um Professor Walter Oelert ist es im Jahr 1995 allerdings gelungen, Antiwasserstoff im Teilchenbeschleuniger am CERN in Genf künstlich herzustellen. Hierbei ergaben sich erste experimentelle Hinweise auf eine so genannte CP-Verletzung. Dieser Effekt besagt vereinfacht dargestellt, dass Sie nicht immer gleich aussehen wie Ihr eigenes Spiegelbild. Oder, um es in der Welt der Physik auszudrücken: Die Natur kann einen Vorzug für die Materie oder die Antimaterie haben. Die Frage ist bloss, wie und warum dieses Ungleichgewicht entstehen kann. Warum besteht das Universum aus Materie und nicht aus Antimaterie?
    Die chinesisch stämmigen Physiker Tsung Dao Lee und Chen Ning Yang postulierten bereits im Jahr 1956, dass das Spiegelbild eines Teilchens und seines Antiteilchens nicht immer identisch sein müssen. Ein Jahr später gelang der Physikerin Wu der experimentelle Beweis für so genannte Paritätsverletzungen, die bei der schwachen Wechselwirkung auftreten. Sie zerstörte damit die vorherrschende Vorstellung, dass alle Naturgesetze symmetrisch sind, also gespiegelt werden können, ohne dass sich das Original vom Spiegelbild unterscheidet. CP-Verletzungen (in irgendeiner Form) waren wahrscheinlich unabdingbar, damit die materielle Welt, in der wir leben, entstehen konnte. Ohne dieses rätselhafte Phänomen, dessen Ursache und Ausprägung weitgehend unbekannt sind, hätte sich das Universum nach einem allfälligen Urknall sofort wieder vernichtet.
    47 Abgesehen natürlich von unbeständiger Antimaterie wie sie in der Höhenstrahlung nachgewiesen werden konnte. Dabei zerstrahlen Antimaterie und Materie aber sofort zu reiner Energie.
    Die Lebenszeit der 1995 künstlich erzeugten Antiwasserstoffatome war von sehr kurzer Dauer, so dass sie nicht näher untersucht werden konnten. Erst sieben Jahre später gelang es Forschern ungefähr 50‘000 Antiwasserstoffatome herzustellen. Immer noch recht wenig, wenn man bedenkt, dass ein einziger Wasserstropfen aus mehreren Milliarden Atomen besteht. Bei diesem Experiment im Jahr 2002 sollte die Antimaterie gespeichert und auf annäherde Nullpunkttemperatur gekühlt werden. Dadurch erhoffte man sich herauszufinden, ob die Antimaterie mit dem „CPT-Theorem“, einem fundamentalen Gesetz der Physik, übereinstimmt. Das „CPTTheorem“ besagt, dass wenn man einen Vorgang spiegelbildlich und zeitlich umgekehrt betrachtet und zudem Materie und Antimaterie vertauscht, die physikalischen Naturgesetze für diesen Vorgang weiterhin unverändert gelten und ein solcher Vorgang somit möglich ist. Die Kernfrage lag verbildlicht gesprochen darin, ob ein Anti-Auto genauso fährt wie ein Auto und sich ein Anti-Meteorit wirklich genauso verhält wie ein Meteorit. Unterscheiden sich Antimaterie und Materie wirklich nur durch die Ladung ihrer Elementarteilchen? Genau das wäre die Aussage des „CPT-Theorems“.
    Soweit kam das Experiment allerdings nicht. Bis heute ist es keinem Forscher gelungen, Antimaterie zu speichern, das heisst länger als einige Sekundenbruchteile zu erhalten. Sobald Antimaterie und Materie in Berührung geraten, lösen sich die entgegen geladenen Teilchen in der heftigsten bekannten Reaktion in reiner Energie auf. Dieser Vorgang wird als „Annihilation“ bezeichnet. Die gesamten aufeinander treffenden Massen werden dabei gemäss der berühmten Einstein’schen Gleichung E=mc 2 in eine unvorstellbare Energiemenge umgewandelt. Zum Vergleich: Die im August 1945 über Japan abgeworfenen Atombomben wandelten einen relativ kleinen Teil des Sprengmaterials (Uran und Plutonium) in Energie um. Im Umkreis von zwei Kilometern wurde alles dem Erdboden gleich gemacht. Hätten die Amerikaner ihre Bomben gar mit Antimaterie bestückt, hätte die Detonation totale Verwüstungen und Zerstörungen bis nach Südafrika hinterlassen. Mindestens.
    Es ist übrigens ein weit verbreiteter Irrglaube, dass die Formel e=mc 2 zum Bau der Atombombe geführt hätte. Die Formel gibt nämlich lediglich an, wie viel Energie eine bestimmte Masse enthält beziehungsweise.

Weitere Kostenlose Bücher