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Einundzwanzigster Juli

Titel: Einundzwanzigster Juli Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ravensburger
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höre; Mutter und Ina sprechen immer nur vom Unglück. Ich scheine auf jemanden gestoßen zu sein, mit dem man offen reden kann! Julius ist zwei oder drei Jahre älter als ich, Mutter wird es mir genau sagen können.
    »Wer ist sonst noch hier?«, will ich wissen.
    »Goerdelers, Hofackers, ein Fräulein Gisevius ... und Tante Adele, hast du Tante Adele schon gesehen? Ganz in Schwarz gekleidet, redet wie ein Wasserfall in einer sonderbaren Mischung aus Deutsch und Russisch. Nellys Mutter! Hatte das Pech, Nellys Wohnung zu hüten, und wurde kurzerhand mitgenommen, weil Nelly mit den Kindern in Lautlitz war. «
    »Ich weiß. Ich war dabei, als sie verhaftet wurde, zusammen mit Onkel Yps.«
    »Der Arme. Ich muss dauernd daran denken. Stell dir vor, sie haben Tante Helma die Rechnung für die Hinrichtung geschickt! So hat sie es erfahren.«
    »Die ... Hinrichtung?«
    Jetzt blickt er entsetzt. »Ich dachte, du wüsstest ...«
    Ich starre ihn reglos an, ich kann nicht einmal den Kopf schütteln.
    »Mitte September«, sagt Julius gedämpft. »Er war derjenige, der Georg und Eckhardt angestiftet hat, wer hätte das gedacht? – Philippa? Philippa! «
    Er ruft noch mehrmals leise meinen Namen, dann höre ich, wie nebenan das Fenster schließt, kauere auf dem Boden zwischen den Betten und lasse meinen Tränen freien Lauf.
     
    Wir sind falsch hier. Das muss ein Irrtum sein! Niemals ist das alles für uns gedacht – die gedeckten Tische, die Kellner, die uns lächelnd erwarten, der verheißungsvolle Duft aus der Küche. Erschrocken pralle ich im Eingang zum Speisesaal zurück und auch Mutter zögert; selbst als wir Max und Onkel Teddy von einem der Tische winken sehen, glauben wir noch an ein Versehen.
    Ein Kellner zieht Mutter den Stuhl zurück; ich schlüpfe rasch und möglichst unauffällig auf einen Platz in der äußersten Ecke. Vergeblicher Versuch. »Du liebe Zeit«, sagt Max und nimmt mein fleckiges, verquollenes Gesicht in Augenschein.
    Ich beiße die Zähne zusammen, auch Mutter sagt nichts. Gut so! Wir würden uns doch nur wieder anschreien.
    Wir waren zusammen dort! Du hättest es mir sagen müssen!
    Ich wusste nicht, wie! Es war doch auch so schlimm genug!
    Mutter hat es von Ina gehört, die es wiederum von Lexi bei deren letztem Besuch erfahren hatte. Drei Wochen ist das her und ich habe von nichts gewusst.
    »Was ist mit Vater?«, habe ich bitter gefragt. »Ist er auch tot? Verschweigst du mir noch etwas?«
    »Glaubst du, das könnte ich vor dir verbergen?«
    »Ich glaube dir gar nichts mehr!«
    Seitdem herrscht wieder Schweigen zwischen uns, schweigendes Auspacken, schweigendes Umziehen, schweigendes Betreten des Speisesaals, dessen Plätze sich nun rasch füllen und uns von der Notwendigkeit befreien, uns unterhalten zu müssen. Dabei schrillt jede Faser meines Körpers Alarm: Hier stimmt etwas nicht! Hotelzimmer, Restaurant, Kellner ... die einen zu töten und die anderen zu verwöhnen ... warum macht niemand von uns den Mund auf und sagt, dass er das Spiel durchschaut?
    Am großen Stammtisch, der den gesamten Raum gut überblickt, haben bereits unsere Bewacher Platz genommen. Ihre Zahl ist auf sechs angewachsen, SS und Gestapo. Sie beobachten uns ohne jede Zurückhaltung, wenden nicht einmal die Augen ab, als ein älterer Herr beim Betreten des Speisesaals ihren Blick eisern erwidert.
    »Das ist Dr. Gustav Goerdeler, pensionierter Chefarzt und Bruder von Carl Friedrich Goerdeler«, murmelt Max, der für uns leise den Eintritt jedes Einzelnen kommentiert. »Carl Friedrich Goerdeler sollte an der Spitze der neuen Regierung stehen.«
    Die zwei Stunden, die seit unserer Ankunft vergangen sind, hat Max genutzt, sich mit allen bekannt zu machen. Die Ehefrau von Carl Friedrich Goerdeler kommt mit ihren beiden Töchtern, ihrer Schwiegertochter und einer jungen Nichte. Sie hält den Kopf gesenkt, während sie neben ihrem Schwager Platz nimmt, es scheint ihr sehr schlecht zu gehen. Die jüngeren Mädchen könnten in meinem Alter sein, sind aber mit sich beschäftigt und beachten mich nicht, die älteste Tochter ist bereits Mitte zwanzig. Sie sei in der Haft misshandelt worden, erzählte Max – man wollte ihrem Vater dadurch Namen entlocken!
    Wie gut, dass ich in Moabit nicht auf den Gedanken gekommen bin, dass diese Gefahr jederzeit auch für uns bestand.
    Wie man hört, sagt Max gedämpft, soll diese Methode ihr Ziel erreicht haben.
    Mutter springt auf, um Tante Ilselotte zu umarmen, die Frau von Onkel Cäsar

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