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Einzelkaempfer

Einzelkaempfer

Titel: Einzelkaempfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sinje Beck
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Heckenpenner, sieh zu, dass der Wagen herkommt, sonst war das dein letzter Ausflug auf Erden!«
    Wut steigt langsam vom Lendenwirbel bis zum Nacken in mir auf und verdrängt die bis eben übermächtige Angst von Platz Eins meiner Empfindungen. »So läuft das nicht, Kollege«, ich versuche bei den Worten zu lächeln. In einem Telefonmarketing-Seminar habe ich gehört, dass so was beim Angesprochenen zu hören ist, also schneide ich eine verkrampfte Grinse-Fratze, während ich fortfahre: »Jetzt hör mir mal genau zu und schreib mit, falls du das kannst«, ich diktiere ihm die Adresse und sage meinen Text ohne Patzer. Am Ende meiner kleinen Ansprache fordere ich ihn auf, die Daten zu wiederholen, worauf er mich beschimpft, ich könnte was erleben und ab jetzt wäre ich in keinem Rattenloch der Welt mehr sicher vor seinen Männern. Who cares – sage ich mir, während ich die Szene hier auf dem Metallbett von oben sehe. »Ich glaube, du hast mich nicht richtig verstanden. Ich bin am Zug und wenn du bis ...«, ich hänge und Ad hält mir einen Zettel unter die Nase, »wenn bis morgen Mittag die Ware nicht hier ist, dann wirst du ...«, ich blicke auf den Zettel, worauf Ad zeitgleich kritzelt, »nicht einen Dollar sehen. Du hast dich verrechnet, mit den Leuten hier ist nicht gut Käse essen.« Bin wieder im Text, doch bevor ich weiter auftragen oder der Typ was erwidern kann, entreißt Ad mir das Telefon und beendet die Verbindung. Aufatmen, ausschnauben, auftrumpfen.
     
    »Wenn ich hier schon meinen Kopf hinhalte, will ich wenigstens wissen, worum es geht, verdammt«, motze ich, noch ordentlich in Fahrt, Ad an. »Später«, knurrt dieser, »ich muss jetzt weg.« Und schon will er die Treppe runter. Was wird mit mir? Boah, muss ich nötig pinkeln, der kann doch nicht einfach abhauen. Ich habe die Entfernung bis zum Fenster visuell ausgemessen. Sollte mir das Öffnen gelingen, könnte ich nicht hinaus schiffen und das Fassungsvermögen der Dortmunder Weihnachtsmarkttasse schätze ich als zu gering ein. In Lagen wie diesen sollte man keine Flüssigkeit zu sich nehmen, notiere ich doppelt unterstrichen in mein internes Logbuch. Ad macht kehrt, löst die Handschellen und befehligt mich die Treppe hinab ins Bad. »Hier hast du alles, was du brauchst«, sagt er mit einem zynischen Zug um den Mund und befestigt mich am Rohr der ältlichen Toilettenspülung, bei der oben der Wasserkasten drüber hängt. Ad klopft meine Hosentaschen ab, ich halte die Luft an. Tief gleiten seine schmalen Hände in die Taschen, er befummelt jeden Winkel. Hätte nie gedacht, wie viel Platz in einer vorderen Jeanstasche ist. Das kitzelt. Er grinst süffisant mit einem Zwinkern, als er den Porsche-Schlüssel in Händen hält. Ich bin erleichtert, dass er seinen Pass zwischen meinen Backen nicht entdeckt hat. Zum ersten Mal erscheint mir die Einführung des Checkkartenformats, trotz ID-Nr. und des Geredes vom gläsernen Bürger, als Vorteil. Ein weiteres Türkrachen verrät, dass Ad das Haus verlassen hat. Doch wo ist der Hund?
     
    Das Nötigste zuerst – so, jetzt kann ich wieder klar denken. Einhändig spritze ich mir kaltes Wasser ins Gesicht, das tut gut. Der Advokat bittet um Gehör und fragt, ob mir der Zeitpunkt, die Polizei zu alarmieren nun gelegen wäre. Klar, Alter, gerne, geh schon mal vor, ich komme nach, sobald ich mich hier loseisen kann, gebe ich patzig zur Antwort. Immerhin habe ich mit dem Ausweis eine Art polizeilich relevanten Beweis in Händen, quasi. Ich hole den wahrscheinlich gefälschten Pass aus meinem Depot, wickle ihn in Papier und deponiere ihn in meiner hinteren Hosentasche. Vor der nächsten unfreiwilligen Leibesvisitation sollte ich ihn loswerden, verstecken, doch der Moment ist ungünstig und bietet wenig Alternativen. Die Sitzung wird vertagt, mischt sich der Advokat ein, zupft sich die Robe zurecht und will den nächsten Zeugen hereinrufen, völlig konfus. Der macht mich noch verrückt! Ich hocke mich auf den Klodeckel, atme in tiefen Zügen und spule die Ereignisse retour. Denk nach!

24
    Was konnte ich wirklich von dem Ausweisdokument, das Ad mir nächtens unter der Nase hergewedelt hatte, entziffern? Gar nichts. Ich soll glauben, er wäre ein offizieller Ermittler. Versicherung? Polizei? Auch Kalle zuckt nur mit den Schultern. Kunstraub? Beutekunst? Immerhin wird klar, dass der Teil von Ads Geschichte stimmen könnte, da die Männer in der Halle eine Präsentations-Mappe mit dem Inhalt des Porsche-Stauraums

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