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Einzelkaempfer

Einzelkaempfer

Titel: Einzelkaempfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sinje Beck
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war. Ad rührt das nicht, kein Blitzen in den Augen, kein Seufzer auf den Lippen, er atmet geräuschlos weiter, regungslos, unmerklich. Vielleicht ist ihm die Passage mit der Bar bereits bekannt, geht mir durch den Kopf, dazu das Bild vom Barmann, wie er zum Telefon greift. Jetzt wird’s abermals knifflig. Wie kann ich ihm den Zufall verkaufen, den Porsche zurückgeklaut zu haben? Das glaubt einem doch keiner, nicht mal Heiner ... haha, lachen die Gören im Off.
     
    Genau so sagst du das jetzt, befiehlt mir meine Schwester, wie damals, als sie wieder was zu vertuschen hatte. Ich hätte mich von ihrer Hand losgerissen und sei genau vor das Essen auf Rädern gelaufen. Beinahe wäre ich unter selbige gekommen, doch der Zivi hatte seine Gedanken beisammen und hart genug gebremst, so dass nur er von heißen Hähnchenkeulen getroffen wurde und ich unverletzt blieb. Von Schwesterchen keine Spur, sie knutschte währenddessen mit Bülent Agdas unten an der Sieg, der wilden Tochter des Rheins. Da war sie 15 und man hätte es wissen müssen. Statt Aufklärung gab’s Hausarrest für uns beide. Ich erhielt zudem eine Tracht Prügel, sie Liebeskummer.
     

22
    »Ad, jetzt wird’s unglaubwürdig«, beginne ich die schwierige Passage. Das solle ich seine Sorge sein lassen, antwortet er unwirsch und schlackert dabei mit der Knarre in Richtung meiner Stirn. Schweiß sammelt sich in deren Falten, mein Auge zuckt noch immer. »Ich also zur Tankstelle und was sehen meine trüben Augen?« »Dat is geen quiz!« , werde ich belehrt. »Na, den Porsche. Da will einer der Typen den 911er verscherbeln. Da hab ich nicht lange gezögert und mir das Auto zurückgeholt. Dann fielst du mir ein und na ja, da bin ich.« Kalle schlägt die Hände vors Gesicht und schielt durch zwei Finger. Der Advokat lässt sich schwer auf der Anklagebank nieder. Nun richte.
     
    »Was soll ich jetzt mit dir machen? Was würdest du an meiner Stelle tun?«, sagt Ad und spielt den Betroffenen, Ratlosen. Ich habe keine Ahnung, nicht den Anflug eines Gespürs, ob er mir glaubt oder nicht. »Das lasse ich deine Sorge sein«, greife ich kaltschnäuzig seine Bemerkung auf. »Ich habe ein anderes Problem. Wie kriege ich den Karren aus dem Dreck?« Ich gebe mich unbeteiligt gegenüber Ad an der Knarre und tue gelassen, ganz so, als wäre jetzt eh alles egal, ist es ja auch, irgendwie. Ich lehne mich zurück und schaue ihn erwartungsvoll an. Ich muss mal. Das kann doch nicht sein! Doch, ganz normal, beruhigt mich der Advokat. Erst neulich habe er in einem Magazin darüber gelesen, dass sich der Körper in solchen Zuständen erleichtern müsse, wenn er das vereinfachen dürfe. Glaubt wohl ich wäre zu blöd im Moment kompliziertere Sachverhalte zu kapieren. Adrenalin rauf, alles andere runter. Angriff oder Flucht. Jetzt piss bloß nicht vor Angst in die Hose, spottet Kalle. Dem könnt ich grad mal eine, aber ich schlage mich nicht. War ich noch nie der Typ für. Ich hasse Schmerzen, vor denen auch der Schlagende nicht geschützt ist. Richtig weh tut es mit Verzögerung, wenn die Stresshormone abgebaut sind, so meine Erfahrung nach meinem ersten und einzigen Straßenkampf auf der Siegener Kirmes, als einer sich vor mir aufbaute und sagte: Was guckst du so blöd? Ich, 17, betrunken, unglücklich verliebt und wütend auf die ganze, verdammte Welt, langte ihm eine, emotionsgeladener, rechter Aufwärtshaken, tja, ab da ging es abwärts. Der Typ hatte vier ältere Brüder.
     
    Ad rührt sich nicht. Er sitzt mir wie versteinert gegenüber, die Waffe immer noch auf mich gerichtet. Jetzt lässt er sie langsam sinken.
    »Kann dein Schwager mir helfen? Hast du überhaupt einen?«, frage ich selbstsicher, was Ad veranlasst die Knarre wieder auf den Punkt zwischen meinen Augen auszurichten. »Okay, okay, hab ja nur mal gefragt«, ich zieh die Nummer des Gehtmichallesnichtsan-Typen durch und erhebe mich langsam vom Sofa, darum bemüht, die nötige Souveränität auszustrahlen. »Sitzen bleiben!«, versucht der noch keinen Plan habende Holländer seine Position zu wahren. Ich ergebe mich, unterlasse einen genervten Seufzer. Überspann den Bogen nicht, droht mir mein Vater mit dem einzigen Erziehungsspruch, den er je ausgespuckt hat, aber das mit programmierter Regelmäßigkeit. Ad steht auf, ohne mich dabei aus den Augen zu verlieren geht er zum Sekretär, ich hoffe, dass er das Fehlen des Passes nicht bemerkt, er kramt in losen Blättern, bis er ein gelbes Post-It hervorzieht. Eben

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