Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Eisberg

Titel: Eisberg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clive Cussler
Vom Netzwerk:
bringt, So schlage ihren Rat nur in den Wind; Denn hängen kannst du immer noch.‹« Er machte eine effektvolle Pause. »
Einer und zwanzig
von Samuel Johnson.«
    Marks nickte anerkennend. »Richtig.«
    Als nächster erhob sich F. James Kelly. »Wie wär's mit folgendem?
    ›Des Tags nun bin ich wie verzaubert, Und nachts, da träum' ich nur –‹«
    Rondheim fuhr in nahtlosem Übergang fort:
    »›Von deinen schimmernd grauen Augen, Und ich seh' dich in langem, weltentrücktem Tanz dahinschweben.‹ Das Gedicht heißt
Im Paradies
und stammt von Edgar Allan Poe.«
    »Ich gratuliere, Oskar.« Kelly war sichtlich beeindruckt. »Sie sind glänzend.«
    Rondheim blickte über das Studio hinweg, und ein Lächeln lockerte seine scharfgeschnittenen Züge auf. »Wollen Sie Ihr Glück versuchen, Major Pitt?«
    Pitt sah Rondheim versonnen an. »Ich habe nur drei Worte parat.«
    »Ich nehme die Herausforderung an«, erklärte Rondheim selbstbewußt. »Bitte …«
    »›Gott schütze dich –‹« sagte Pitt zögernd, als glaubte er selbst nicht, daß darauf überhaupt noch eine Zeile folgte.
    Rondheim lachte. »Das ist großartig, Major. Sie geben mir liebenswürdigerweise Gelegenheit, aus meinem Lieblingsgedicht zu zitieren.« In Rondheims Stimme klang Triumph mit; jeder im Raum konnte es spüren.
    »›Gott schütze dich, du alter Seemann,
Vor den dich quälenden Dämonen.
Doch sag: Warum grämst du dich so?
‚Ich erschoß den Albatros.‘
Die Sonne tauchte da zur Rechten
Aus dem grünen Meer empor.
Doch blieb sie stets hinter Nebelschleiern,
Bis sie zur Linken wiederum im Meer versank.
Und noch wehte er, der gute Südwind.
Doch kein Vogel folgte mehr,
Der zum Fraß oder Spiel
Auf der Matrosen Ruf geflogen kam.
Ich hatte Furchtbares getan
Und großes Leid über uns gebracht.
Denn getötet hatte ich den Vogel,
Der den Wind zum Wehen gebracht‹.«
    Plötzlich hielt Rondheim inne und sah Pitt verwundert an. »Ich brauche wohl kaum fortzufahren. Allen Anwesenden ist klar, daß Sie mich aufgefordert haben, aus dem
Alten Seemann
von Samuel Taylor Coleridge zu zitieren.«
    Pitt fiel das Atmen auf einmal leichter. Das Licht am Ende des Tunnels wurde heller. Jetzt wußte er etwas, was er zuvor nicht gewußt hatte. Er hatte zwar noch nicht gewonnen, aber die Dinge wendeten sich zum Guten. Er war froh, daß er blindlings drauflos geschossen und ins Schwarze getroffen hatte. Der Alptraum von Hunnewells Tod würde nicht mehr seinen Schlaf stören. Ein zufriedenes Lächeln überzog sein Gesicht. »Vielen Dank, Mr. Rondheim. Ihr Gedächtnis ist wirklich fabelhaft.«
    Irgend etwas in Pitts Tonfall ließ Rondheim aufhorchen. »Das Vergnügen war ganz auf meiner Seite, Major.« Er mochte Pitts Lächeln nicht; es war ihm ganz und gar zuwider.

15. Kapitel
    Pitt litt noch eine weitere halbe Stunde, in der Rondheim fortfuhr, das Publikum mit seinen ungeheuren Gedächtnisproben zu traktieren. Endlich war die Vorstellung vorbei. Die Türen wurden geöffnet, und die Menge strömte zurück in den Saal. Die Damen versammelten sich auf der Terrasse, wo sie sich in seichten Plaudereien ergingen und dabei an einem alkoholischen Gebräu nippten, während die Herren das Jagdzimmer besetzten, wo es Zigarren und einhundert Jahre alten Cognac gab.
    Die Zigarren wurden in einer silbernen Kassette herumgereicht. Pitt wurde dabei geflissentlich übergangen – man übersah seine Anwesenheit einfach. Nachdem die Zeremonie des Anrauchens vorüber war – man hielt seine Zigarre über eine Kerze und brachte sie auf die erwünschte Temperatur –, kredenzten die Diener den Cognac, der, schwer und goldbraun, aus wunderbar geschliffenen Gläsern getrunken wurde. Abermals ging Pitt leer aus.
    Pitt zählte 32 Männer, die sich um das Kaminfeuer scharten. Dazu kamen noch er selbst und Rondheim. Es war interessant zu sehen, wie die Versammlung auf Pitts Anwesenheit reagierte. Niemand schien ihn auch nur zu bemerken. Einen Augenblick lang kam es ihm so vor, als wäre er ein Geist, der eben durch die Wand getreten war und nun darauf wartete, daß eine Séance begann, damit er den Spiritisten erscheinen konnte. Er hätte sich noch alle möglichen seltsamen Szenen ausmalen können, wäre er nicht daran gehindert worden von dem sehr realen, stumpfen runden Gewehr, das sich ihm plötzlich in den Rücken bohrte.
    Er gab sich keine Mühe nachzusehen, wessen Hand das Gewehr hielt. Das war auch gar nicht nötig. Rondheim sorgte für Aufklärung.
    »Kirsti!« Rondheim

Weitere Kostenlose Bücher