Eisblume
noch ein verführerisches Lächeln.
»Können wir weitermachen oder braucht ihr noch einen Cappuccino?«
»Cappuccino nicht, aber Pizza wäre prima.« Hendrik deutete auf seinen Bauch. »Du kennst meine Frau. Wenn ich nach neun Uhr nach Hause komme, krieg ich nichts mehr zu essen. Und es ist bereits halb neun.«
»Wir machen Schluss für heute«, nahm Brander das Stichwort auf.
»Das heißt, wir beginnen morgen wieder bei null und suchen weiter nach dem großen Unbekannten?«, fragte Peppi.
»Vielleicht nicht. Ich muss die Protokolle noch einmal sichten und über ein paar Dinge nachdenken.«
»Ich habe mit Giulias Mama gesprochen«, berichtete Hendrik wenige Minuten später in Branders Büro und legte einen italienischen Akzent in seine Stimme. »Signore Angelosanto hat Nachteschichte. Morgen um zweie Uhr mittage kommt el Signore in die Dienststelle.«
»Du hast hoffentlich nicht so mit Frau Angelosanto gesprochen?«
»Natürlich nicht! Da war ich ganz der biedere deutsche Beamte.«
»Ausgerechnet du!«, spottete Peppi.
»Kann ich jetzt gehen oder brauchst du mich noch?«, wandte Hendrik sich an Brander. »Du weißt, ich muss meine Frau noch im Haushalt unterstützen. Ich arbeite zwar sechzig Stunden die Woche, aber …«
»Mir kommen gleich die Tränen!« Peppi lachte laut auf. »Ich kann mir dein Leid ganz genau vorstellen: Du kommst nach Hause, trittst die Schuhe in die Ecke, schmeißt dich aufs Sofa und rufst Anne, damit sie dir dein Feierabendbier bringt und den Rücken massiert.«
»Das habe ich einmal ausprobiert«, entgegnete Hendrik mit Grabesmiene. »Du glaubst gar nicht, wie grausam Anne sein kann!« Er sah zu Brander. »Andi, du hast es gestern Mittag erlebt.«
»Ja, der arme Hendrik hat es wirklich nicht leicht«, fiel Brander in das Gejammer mit ein.
Peppi hob beide Hände zur Decke. »Männer!«
»Ich muss jetzt los und das Klo putzen. Das hab ich gestern nicht mehr geschafft.« Hendrik winkte in die Runde und verschwand.
»Macho-Hendrik putzt das Klo! Eher geht ein Kamel durch ein Nadelöhr.« Peppi sah ihm kopfschüttelnd hinterher.
Brander verkniff sich einen Kommentar über Peppis Menschenkenntnis und vertiefte sich wieder in seine Unterlagen.
»Was machen wir jetzt eigentlich mit Lüdke?«, wurde er dieses Mal von der Kollegin unterbrochen.
»Um das herauszufinden, versuche ich gerade noch einmal, die Gesprächsprotokolle zu lesen. Aber dazu bräuchte ich ein wenig Ruhe.«
»Oh«, entgegnete Peppi konsterniert. »Ich denke, wenn wir Lüdke noch ein- oder zweimal richtig in die Mangel nehmen, gesteht er.«
»Was hast du vor? Willst du ihn mit Guantánamo-Methoden zu einem Geständnis zwingen?«
»Ach, sei nicht albern!« Peppi stand auf und stellte sich mit dem Rücken zum Fenster. »Der war doch völlig fertig heute. Er hat selber mal gesagt, dass das alles nicht passiert wäre, wenn sie sich nicht in diesen Afrikaner verliebt hätte.«
»Na, ganz so wörtlich hat er das nicht gesagt.«
»Aber überleg doch mal. Erinnerst du dich, wie selbstbewusst er hier beim ersten Mal aufgetaucht ist? Und dann begann die Fassade zu bröckeln. Sein Zustand wurde doch zusehends schlechter!«
»Er liebt noch immer diese Frau, Peppi.«
»Und er kommt um vor Schuldgefühlen!«
Das Klingeln von Peppis Telefon unterbrach das Gespräch. Sie ging zu ihrem Schreibtisch. »Pachatourides … Oh, hallo.« Sie lächelte überrascht, sah kurz zu Brander und wandte ihm den Rücken zu. »Ich bin nicht allein … Morgen Abend? Ich muss sehen, wie die Ermittlungen … Ja … Ich freu mich.« Sie legte auf, presste die Lippen zusammen, um das glückliche Grinsen, das sich auf ihrem Gesicht breitmachen wollte, zu unterdrücken.
Brander sah sie neugierig an.
»Wo waren wir stehen geblieben?«, versuchte sie, ihn abzulenken.
»Auf wen freust du dich?«
»Geht dich nichts an.«
»Och, Peppi, erzähl schon.«
»Das geht dich nichts an.«
»Er hat auf jeden Fall schon deine dienstliche Telefonnummer. Da ist es doch etwas Ernstes, oder?«
»Du bist neugierig wie ein altes Waschweib!«, schimpfte Peppi.
»Kenne ich den Glücklichen?«
»Ich, ähm … können wir jetzt weiterarbeiten? Ich will nicht die ganze Nacht hier verbringen.«
Brander rieb sich zufrieden grinsend über das Kinn. Sie hatte sich also mit jemandem verabredet, den er kannte.
»Hallo, du Spätheimkehrer. Gruß von Daniel«, rief Cecilia ihm zur Begrüßung aus dem Wohnzimmer entgegen, als Brander um Viertel nach elf endlich zu
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