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Eisblume

Eisblume

Titel: Eisblume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sybille Baecker
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Kollegen, mit dem Hendrik das Büro teilte.
    »Keine Termine. Ich stell mich bestimmt nicht bei dem Sauwetter in die Kälte, um einen Film zu gucken, den ich schon als Kind fünfmal im Fernsehen gesehen hab.«
    »Gut, dann bleib bitte im Büro. Ich brauche dich nachher wahrscheinlich noch.«
    Verwundert hörte er Nathalie kichern, als er wieder in sein Büro zurückkehrte.
    »Ey, guck mal, der ist voll cool.« Nathalie deutete auf Peppis tanzenden Rudolph. Peppi grinste breit. »Mein Kollege liebt diesen Elch.« Anscheinend hatte sie neue Batterien für das Vieh gekauft.
    »Genauso wie Durchfall oder Zahnschmerzen«, entgegnete Brander. Er musste dennoch lächeln. Nathalie schien sich tatsächlich entspannt zu haben.
    »Dann legen wir mal los. Nathalie, erzähl mir bitte noch einmal genau von Dienstagabend.«
    Nathalie begann zu erzählen. Als sie das erste Schimpfwort in den Mund nahm, machte Brander einen Strich auf seine Schreibtischunterlage.
    »Was machst ‘n da?«
    »Für jeden Kraftausdruck von dir mache ich hier einen Strich. Wenn da nachher fünf Striche sind, wird’s nichts mit der Mütze.«
    »Schei…« Sie presste die Lippen zusammen. »Das gilt jetzt aber nicht!«
    »Ausnahmsweise. Erzähl weiter.«
    Am Ende waren es vier Striche. Sie strahlte ihn an. »Ich hab gewonnen!«
    »Wir sind noch nicht ganz fertig. Nachdem Herr Angelosanto mit dir geschimpft hatte, hast du da die ganze Zeit auf der Treppe gesessen?«
    »Ja.«
    »Hat dich jemand gesehen?«
    Sie zögerte. »Du darfst es aber nicht weitersagen.«
    »Ich kann nichts versprechen.«
    »Ey, die Kleine kriegt sonst Ärger, das will ich nicht.«
    »Welche Kleine?«
    »Die Tochter von dem Itaker.«
    »Von Herrn Angelosanto?«
    »Ja.«
    »Was hat sie denn gemacht?«
    »Na ja, die kam ‘ne Weile später, nachdem ihr Vater so rumgemotzt hatte, heimlich raus zu mir und hat mir einen Schokoriegel geschenkt. Die hat gemeint, ich hab Hunger. Hatt ich auch, echt. Das war voll süß von der.«
    »Okay, das bleibt erst mal unter uns. Jetzt überleg noch mal genau, was Ricky zu dir gesagt hat.«
    »Hab ich doch schon gesagt. Der wollte, dass ich abhau.«
    »Hat er gesagt, dass er Streit mit jemandem hatte?«
    Sie überlegte eine Weile, schüttelte dann den Kopf. »Nee, aber der hat ja ständig Zoff mit jemandem. Ist halt scheiße, wenn du ständig klamm bist und … oh nee!«
    »Was?«, fragte Brander überrascht.
    »Jetzt hab ich fünf Striche!« Sie verzog enttäuscht das Gesicht. »Ey, das war jetzt gemein.«
    »Du kriegst deine Mütze. Ricky ist also ständig klamm und …?«
    »Na ja, der pumpt halt jeden an, und dann kriegen die ihre Kohle nicht wieder. Aber eigentlich ist er gar nicht so mies. Der hat halt Pech gehabt.«
    »Du magst Ricky, oder?«
    »Weiß nicht, der will immer nur fi…« Sie schloss den Mund, sah zum Fenster. »Ich mag niemanden mehr.«
    Brander und Peppi sahen sich über die Schreibtische hinweg an. Sie hatten keine weiteren Fragen mehr.
    »Nathalie, wir sind hier fertig.« Brander legte seinen Stift aus der Hand und schaltete das Diktiergerät aus. »Was sollen wir jetzt mit dir machen?«
    Sie zuckte die Achseln, starrte weiter zum Fenster.
    »Wir können mit dem Jugendamt sprechen. Du musst nicht zurück zu deiner Mutter.«
    »Ich will aber nicht zu irgendeiner fremden Familie, und ich will auch nicht in so eine Kackwohngruppe. Ich komm da nicht klar.«
    »Wo willst du denn dann hin?«
    »Keine Ahnung. Ich geh nach Amerika.«
    »Wie willst du da hinkommen? Ohne Geld? Ohne Papiere?«
    »Ich schlag mich schon durch.«
    »Schaust du mich mal bitte an?«, bat Brander.
    Widerwillig wandte sie ihm ihr Gesicht zu.
    »Nathalie, du bist ein mutiges Mädchen, und du bist auch ein intelligentes Mädchen.«
    Sie bekam große Augen, zog skeptisch die Nase kraus. »Ich bin doch nicht intelligent!«
    »Dein Lehrer ist da anderer Meinung, und ich auch.«
    »Echt?«
    Brander nickte. »Ich mache dir jetzt einen Vorschlag. Wir fahren gemeinsam zu dir nach Hause, dann schauen wir mal, wie deine Mutter drauf ist, und du überlegst dir, ob du da bleiben willst. Wenn nicht, gucken wir, dass wir dich vorübergehend in einer Pflegefamilie unterbringen. Das Jugendamt werden wir so oder so einschalten. Die können zum Beispiel einen Familientherapeuten zu euch schicken, der hilft, dass es bei euch ein bisschen ordentlicher zugeht.«
    Sie schnaufte schwer, dachte eine Weile über seinen Vorschlag nach. »Könnte ich nicht auch bei Ricky wohnen? Wenn ich den

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