Eisblumen - Ein Altmarkkrimi (Judith Brunners zweiter Fall) (German Edition)
kriegt sowieso wenig mit. Die Ehepartner von den beiden sind zusammen durchgebrannt. Nach Stendal.«
Judith musste über das Zusammentreffen der Umstände schmunzeln. »Wie romantisch. Das ist ja fast das andere Ende der Welt!«
Einem triumphalen Geheul hinter dem Haus war zu entnehmen, dass die Lockerung des Bretterhäuschens vom gefrorenen Boden wohl gelungen war.
Sie eilten zur Wetterstation, um das Ergebnis zu besichtigen.
Was sie sahen, waren fünf sprachlos erstarrte Männer, die das Dach des Schuppens hoch in ihren Händen hielten – die Wände der Bude standen immer noch.
In diese Schecksekunden hinein meinte Ritter: »Na, so wird’s wohl auch gehen«, und entgegen der üblichen Beklommenheit an Leichenfundorten mussten alle lachen.
Die Männer vom Leichentransport traten neugierig näher. Sie quittierten die Heiterkeit mit äußerst missbilligenden Blicken, ungeachtet dessen griffen sie tatkräftig zu. Gemeinsam wurde der Leichnam aus dem Verschlag gehoben und in den nebenstehenden Sarg gelegt.
Judith Brunner ging in Michaelis’ Haus und wollte sich einen eigenen Eindruck verschaffen, bevor sie nach Gardelegen zurückfuhr.
Walter zeigte ihr die Räume. »Siehst du? Ein Blutfleck war neben dem Sofa, mit einem Kissen verdeckt, und über einen anderen Fleck wurde der Schafsessel gezogen. Und«, er wandte sich wieder zum Hausflur, »hier hinten an der Hoftür gibt es eine verwischte Blutspur.«
»Der Tatort ist demnach wahrscheinlich im Wohnzimmer. Hier lag das Opfer eine Zeit und dann wurde der Leichnam rausgetragen und da hinten versteckt.«
Judith Brunner dachte nach. »Den Michaelis da hinzuschleppen – da muss jemand schon recht kräftig sein.«
»Reifenspuren haben wir hier keine gefunden, eine Tatwaffe auch noch nicht«, warf Thomas Ritter ein, der auch ins Haus gekommen war. Seine Leute waren schon am Zusammenpacken. »Das Blut hat der Doc zur Untersuchung mitgenommen. Er hat es uns angeboten«, erklärte er auf Judiths fragenden Blick hin. »Wir haben auch so reichlich zu tun.«
Judith Brunner hatte genug erfahren. »Wenn Sie sich hier noch bei den anderen Nachbarn umhören könnten, Herr Dreyer? Das erspart mir, jemanden extra herzuschicken. Ich will zurück in die Dienststelle, ich muss dringend mit Dampmann reden.«
»Ich tue mein Bestes.«
~ 52 ~
Wie immer wurde Judith schon ungeduldig von Lisa Lenz erwartet, die sofort herausplatzte: »Was meinen Sie, was passiert ist!«
Judith Brunner gönnte ihr nachsichtig einen Moment der Spannung.
»Der Schal ist aufgetaucht!«
»Der Schal? Welcher Schal?«
»Na der von Robert Wolff. Aus Kaschmir.«
Jetzt fiel bei Judith Brunner der Groschen. »Unser noch fehlendes Kleidungsstück. Wo war er denn?«
»Das Mädchen hatte ihn.«
»Lisa, wenn Sie mal am Stück berichten würden?« Irgendwie konnte sie der jungen Frau nicht folgen.
»Na, die kleine Dany aus Waldau. Ihre Mutter hat eben hier angerufen, weil sie Walter Dreyer nicht erreichen konnte. Im Puppenwagen hat er gelegen, weil er so schön weich war, wie die Kleine ihr gesagt hat. Das Mädchen hatte den Schal wohl hinter einem der Gewächshäuser gefunden, irgendwann letzte Woche.«
Judith würde Walter bei Elvira Bauer noch vorbeischicken müssen, den Schal abzuholen. Neue Spuren versprach sich sie nicht davon, zumindest aber hatten sie die Kleidung des Opfers komplettieren können.
»Schön, Lisa. Damit wäre das dann geklärt. Ich könnte einen von Ihren hervorragenden Kaffees gebrauchen.«
»Oh je, war es so schlimm?«
»Ja, ziemlich. Wo ist Dr. Grede? Ich brauche ihn.«
»Im Labor. Er hat übrigens schon nach Ihnen gefragt. Ich hole ihn gleich. Ach, ich habe mich inzwischen auch wegen eines Gewerbes von Dampmann erkundigt. Die sind sehr freundlich dort, kann man wirklich sagen. Eine Kollegin suchte nach den Genehmigungen und in der Zwischenzeit hatte mir eine andere ein Glas Wasser gebracht und mich gefragt, ob ich mich umsehen möchte. Es ist ziemlich interessant da.«
Judith musste irgendwie ahnungslos ausgesehen haben, denn Lisa fügte an: »Die sind erst neu ins renovierte alte Brauhaus eingezogen.«
»Oh, dann werde ich das nächste Mal selber hingehen, das interessiert mich auch«, beschloss Judith.
»Bloß, eine Gewerbegenehmigung für Dampmann haben wir nicht gefunden. Er hat dort nichts beantragt.«
»Danke. Veranlassen Sie bitte, dass Dampmann zum Verhör vorgeführt wird.«
Allein im Büro, ließ Judith ihren Blick durch den Raum schweifen.
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