Eisblumen - Ein Altmarkkrimi (Judith Brunners zweiter Fall) (German Edition)
war enttäuscht, ließ sich das Blatt aber dennoch geben. »Ich danke Ihnen. Ich nehme die Kopie mit in den Besprechungsraum. Wir sehen uns.«
Noch auf der Treppe zum Obergeschoss erkannte Judith bei näherem Hinsehen, dass es trotz des Sterbedatums von Otto Michaelis für eine Enttäuschung keinen Grund gab. Die Meldekarte verzeichnete auch seine Kinder und neben seinen Söhnen Hartmut und Bruno war noch ein Dritter vermerkt! Judith kehrte rasch noch mal um und bat auch um dessen Meldedaten. »Bringen Sie mir die Kopie bitte in den Besprechungsraum. Es ist dringend.«
Danach lief sie rasch über den Flur zu Dr. Grede, der gerade ins Büro gekommen war und seine Pudelmütze abnahm. Auch er war in winterliche Schichten gehüllt. So brauchte er einige Handgriffe, um alle Reißverschlüsse und Druckknöpfe zu öffnen, die sein wattierter Anorak aufwies.
»Schön, dass Sie schon da sind«, begrüßte Judith Brunner ihn.
Dr. Grede nahm seinen karierten Wollschal ab und reichte ihr die Hand. »Was gibt’s denn für Neuigkeiten? Immerhin Gute, wenn ich Ihre Stimmung richtig deute.«
»Stimmt! Ich habe hier die Meldekarte von Michaelis’ und Dampmanns Vater.« Sie sah Gredes fragenden Blick und klärte ihn rasch auf: »Ich habe gestern beim Verhör nicht daran gedacht, ihn zu fragen. Deswegen habe ich Dampmann heute am frühen Morgen angerufen, um ihn nach dem Namen seines Vaters zu fragen. Otto Michaelis.«
»Also haben wir tatsächlich einen dritten Mann, der mitmischte. Meine Anerkennung, Frau Hauptkommissarin, den haben Sie ja wirklich schnell gefunden.«
»Danke. Doch der Vater der beiden ist schon lange tot. Er kann es also nicht sein. Aber hier steht noch ein Name! Sehen Sie«, reichte sie die Kopie weiter.
Dr. Grede staunte. »Berthold Lemke. Also drei Söhne.«
»Und drei Mütter, den Nachnamen zufolge.«
»Scheint ein recht umtriebiger Zeitgenosse gewesen zu sein«, bemerkte Grede.
»Was die Frauen wohl an ihm gefunden haben? Hier steht, er war Ende der vierziger Jahre erstmals im Gefängnis, später noch ein paar Mal, einmal sogar für drei Jahre. Zumeist Diebstahl, Unterschlagung, auch Prügeleien. Bei Beruf steht Kraftfahrer.« Judith schlussfolgerte: »Also Reichtümer und Geborgenheit können die Frauen nicht zu Otto Michaelis gelockt haben.«
»Na, Männer waren damals knapp. Vielleicht hatte er ja Charme?«, versuchte Dr. Grede eine erste Erklärung.
»Den hat er definitiv nicht auf Dampmann vererbt.« Dann wurde Judith Brunner ernst: »Otto Michaelis kann also nicht der dritte Mann sein. Der ist seit siebzehn Jahren tot. Aber ich denke, wir liegen nicht völlig daneben, wenn wir davon ausgehen, dass möglicherweise der dritte Bruder am Geschäft beteiligt war. Ich lasse bereits seine Adresse suchen.«
»Gut«, fand Dr. Grede, »wir sollten uns dringend mit ihm unterhalten.«
~ 57 ~
Der Besprechungsraum war voll. Die Leute redeten ungezwungen über ihre Familienangelegenheiten, ihre Gärten und Hobbys oder über ihre aktuelle Arbeit bei den Mordfällen. Die Atmosphäre wirkte gelöst, was sich ein wenig änderte, als die Hauptkommissarin eintrat. Die Stimmung blieb freundlich. Nach der Begrüßung bat Judith Brunner zunächst die Spurensicherung um einen Bericht zum Tatort in Breitenfeld.
Thomas Ritter wirkte schrecklich übermüdet und schenkte sich gerade Kaffee nach. Er hatte einige Notizen vor sich liegen und begann: »Zuerst: Wir haben keine Tatwaffe gefunden. Zumindest nicht im Haus beziehungsweise auf dem Grundstück von Bruno Michaelis. Wir suchen auch diesmal wieder ein Messer, sicher dem ähnlich, das in Waldau in der Gärtnerei gefunden wurde. Vielleicht finden wir ja heute noch was, wenn wir den Suchradius ausdehnen. Die Fotos vom Fundort, vom ganzen Haus und vom Grundstück sind alle fertig«, schob er der Hauptkommissarin eine Mappe zu. »Der Papierkram, der bei Michaelis noch herumlag, ist im Karton da hinten«, deutete Ritter auf einen der Tische und seufzte. »Ich hoffe, Dr. Renz kann mehr sagen. Er hat gestern die Blutproben aus dem Haus mitgenommen. Vielleicht bekommen wir damit wenigstens den Tatort bestätigt. Das Blut aus dem Postauto untersucht er auch noch für mich. Die Stoßstange gab im Übrigen nichts her. Es sind einfach zu viele Beulen. Die Reifenprofile vergleichen wir noch.«
»Ich spreche gegen Mittag dann mit Dr. Renz«, informierte Judith.
»Alte Bücher waren auch wieder etliche da und wir haben die genauso mitgebracht wie die aus
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