Eisblumen - Ein Altmarkkrimi (Judith Brunners zweiter Fall) (German Edition)
gelagert.«
»Mein Gott! Fritzi! Hat er was gesehen? Hat der Mann ihn deshalb umbringen wollen?«, Elvira Bauer versagte vor Angst fast die Stimme.
Sorgenvoll blickte sie zu ihren Kindern.
»Das weiß ich nicht, es ist aber möglich«, sagte Walter, bevor er weiter erklärte: »Als wir den Verdächtigen befragen wollten, ist er abgehauen. Wir wissen nicht, wo er steckt. Ich bleibe so lange bei Ihnen, bis wir ihn gefunden haben.«
Es klopfte und einer der Streifenpolizisten bat Walter Dreyer zum Funkgerät. »Was Neues aus Wiepke, der Grede ist dran.«
Dreyer ging vor das Haus zum Wagen und sprach einige Minuten. Als er wieder zu Elvira Bauer in die Küche trat, sah er sehr besorgt aus.
Sie stand in der Tür zum Wohnraum und fragte über die Schulter: »Was ist los?«
»Kennen Sie einen Berthold Lemke, Frau Bauer?«
»Nein, warum? Heißt der Mann so?«
»Ja. Er ist im Moment wahrscheinlich hierher nach Waldau unterwegs.«
»Ich verstehe das nicht. Was will der bloß von uns?« Sie kam zurück an den Tisch.
»Denken Sie bitte noch mal nach. Vielleicht kennen Sie ihn doch. Er soll kräftig sein, stark tätowiert. Anfang dreißig.«
»Tätowiert?« Elvira Bauer wurde ganz schlecht. Sie musste sich setzen und alle Farbe wich ihr aus dem Gesicht.
Walter Dreyer war beunruhigt. »Was ist los?«
»Na ja, einer der Bauleute damals ist mal zudringlich geworden. Ein Tätowierter. Er machte mir richtig Angst. Ich hab ihn abgewiesen und er war ziemlich sauer. Wurde handgreiflich.«
Sie stockte und musste tief durchatmen. Die Angst vor dem Mann war sofort wieder da. »Allerdings ist er nie wieder aufgetaucht. Den Namen kenne ich nicht, aber der könnte es schon gewesen sein.«
»Haben die Kinder ihn auch gesehen?«, blickte Walter Dreyer wieder ins Wohnzimmer.
Erschrocken rief er: »Wo ist Fritzi?«
~ 60 ~
Laura hatte auch diese Nacht nicht schlafen können und viel gegrübelt. Sie war unglücklich und hatte das Gefühl, verraten worden zu sein. Was war nur los? Sie war nie an vielen Bekanntschaften interessiert gewesen und hatte ihre Sympathien eher sparsam verteilt. Mit ihren wenigen Freunden war sie gern zusammen. Mehr Menschen brauchte sie nicht. Das war ihr oft als Arroganz ausgelegt worden, und genauso oft war es ihr egal gewesen. Meistens war sie sogar erleichtert, wenn es ihr gelang, andere Leute auf Distanz zu halten. Für Astrid galt das alles nicht; sie war ein wertvoller, nahestehender Mensch, eine Freundin seit Kindheitstagen, die ihr sehr, sehr teuer war. Astrid hatte sie auch nicht verraten. Martin war es gewesen und Laura war wütend auf sich selbst, dass sie das noch immer so empfand. Noch vor wenigen Monaten hatte er zu ihr wieder von Liebe gesprochen. Aber er schwängerte ihre beste Freundin. Es war nicht zu fassen! Dann war ihr durch den Kopf gegangen, wie sich Astrid wohl in dieser Situation fühlen würde, schwanger von einem verheirateten Mann und niemand, mit dem sie reden konnte und der ihr beistand.
Nach einem stärkenden Frühstück fasste Laura einen Entschluss.
Es war später Vormittag und Leon war recht zufrieden mit dem, was er heute schon geschafft hatte. An der straßenwärts gelegenen Mauer der Gärtnerei hatte er neben einem verrosteten zweiflügeligen Tor eine betonierte Fläche gefunden, die er nun als Schutthalde benutzte. Von hier aus wäre das Zeug dann auch praktisch abzutransportieren. Er schob gerade eine schwere, volle Karre Bauschutt dorthin, als ihm Laura Perch auf dem Weg durch die Gärtnerei entgegen kam.
Leon war von Laura eigentlich ganz angetan, sie schien ihm jedoch mit ihren Anfang dreißig schon etwas zu alt für ernsthafte Bemühungen. Und mit harmlosen Flirtversuchen hatte er keinerlei Erfolg gehabt. Sie stellte offensichtlich Ansprüche, denen er nicht zu genügen schien. Wirklich interessiert war er sowieso nicht. Sie war wohl auch seit Jahrhunderten mit Astrid befreundet und gegen beide hatte er ohnehin keine Chance. Außerdem ging ihm die Sache mit Elvira Bauer näher, als er sich erklären konnte.
Vorsichtig stellte er die Schubkarre ab und zog seine Bauhandschuhe aus. »Grüß dich! Willst du zum Gut?«
»Guten Morgen Leon. Ja, ich muss etwas mit Astrid besprechen.«
»Ihr geht es heute Morgen nicht so gut, eigentlich schon seit gestern. Vielleicht kannst du sie etwas aufheitern? Botho macht sich schon eine ganze Weile Sorgen.«
»Mal sehen, ob ich helfen kann.« Laura wusste nicht, wie weit sie sich vorwagen konnte, denn Astrid
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