Eisblumen - Ein Altmarkkrimi (Judith Brunners zweiter Fall) (German Edition)
Telefonat geweckte Katze sah ihn missbilligend an.
In Walter Dreyers Waschküche zersägte der Schlachter gerade noch die letzten Knochen, während Laura begann, einige seiner Geräte zu säubern. Zum Trocknen legte sie alles auf sauberen Tüchern aus und bemerkte, wie ihr Umgang mit den wertvollen Messern argwöhnisch beobachtet wurde. Auch Walter betrachtete die Messer intensiv, aber keines sah so aus, wie Dr. Renz angesichts der Stich- und Schnittwunden an der Leiche vermutet hatte.
Dann war das Tagwerk des schlachtenden Meisters vollbracht. Er räumte sein scharfes Werkzeug sorgfältig zusammen, nahm erneute Huldigungen des Hausherrn, einschließlich einer Flasche Klaren, entgegen und fuhr mit dem unter seiner Last ächzenden Mofa davon.
»Laura, das werde ich dir nie vergessen. Ohne dich ...«
»Jetzt hör auf, Walter, hilf mir lieber, die letzten Würste in die Brühe zu tun.«
»Ging es mit Alfi Schuler einigermaßen?«
»Er war fleißig, falls du das meinst, und sicher hat es geholfen, dass du nur eine Flasche hingestellt hast.«
Walter hielt es für klüger, Laura nicht über ihren Irrtum bezüglich der Anzahl der von ihm spendierten Schnapsflaschen aufzuklären, und fragte: »Mit den Frauen ging es auch?«
»Besser, als ich dachte. Du musst ihnen noch die Dankeschönpakete zurechtmachen. Den Rest verteile ich morgen.«
Er drückte Laura einen Kuss auf die Wange. »Essen wir nachher zusammen?«
»Du kennst meine Bedingungen«, flachste sie los, »ich führe ein ernsthaftes Verhör zu eurem Toten mit dir.«
~ 18 ~
Das Gemeindehäuschen hinter der Ahlsensschen Gärtnerei, in dem Elvira Bauer mit ihren beiden Kindern lebte, gehörte eigentlich zu einer kleinen Reihe von drei Wohnungen, die irgendwann in den Fünfzigern als eingeschossiger schmuckloser Riegel gebaut worden waren, aber nur die rechte Wohnung wurde noch genutzt. Walter Dreyer musste an zwei großen, und inzwischen nicht mehr bewirtschafteten Gewächshäusern vorbei, deren Scheiben zum Teil zersprungen oder eingeworfen worden waren. Es war ein trübseliger Anblick. Die beiden ungenutzten Wohnungen machten ihn nicht besser: geschlossene, schiefe Fensterläden, abblätternde Farbe, hängende Regenrinnen. Vor Jahren schon waren hier Strom und Wasser abgestellt worden. Die erleuchteten Fenster von Elvira Bauers Wohnzimmer wirkten dagegen erfreulich heimelig; sie hatte Blumenkästen davor stehen, die mit Tannengrün geschmückt waren und in denen noch einige grellbunte, von Kinderhand bemalte Zapfen aus der Weihnachtszeit steckten.
Als Walter Dreyer dem Haus näher kam, hörte er so laute Fernsehgeräusche, dass er sich wunderte, auf sein Klopfen so schnell Gehör zu finden. Konnte das überhaupt jemand bemerkt haben!?
Zu seiner Überraschung öffnete ihm Leon Ahlsens die Tür.
»Kommen Sie rein. Fritzis Mutter ist noch bei Dany im Krankenhaus. Ich bin als Babysitter eingesprungen.«
Fritzi und Leon schienen sich miteinander wohlzufühlen. Walter warf einen Blick ins Wohnzimmer. Irgendein Mantel- und Degenfilm fesselte den kleinen Jungen. Er hockte unter einer dicken Daunendecke, die Walter als die aus Leons Bett wiedererkannte, in eine Sofaecke gekuschelt.
Leon hantierte in der Küche mit einer Flasche Milch herum. »Du brauchst nicht so laut machen, Fritzi, ich verstehe auch so alles.« Leon zwinkerte Walter Dreyer zu. »Er möchte, dass ich nichts verpasse. Ich muss ihm nämlich ständig die Handlung erklären, warum die Mädchen weinen, wenn sie umarmt werden, und warum sie die Augen beim Küssen zumachen.«
Walter freute sich über den Einsatz des jungen Mannes, der bisher nicht eben im Ruf stand, fürsorglich und zuverlässig für kleine Kinder zu sorgen. Er schien sich achtbar zu schlagen.
»Ich koche uns gerade einen Kakao. Möchten Sie auch einen?« Ohne Scheu fing Leon an, alle Küchenschränke auf der Suche nach Tassen zu öffnen.
»Danke, gern. Wie geht es dem Jungen denn so?«
»Ich denke, schon ganz gut. Er ist nicht gern allein im Zimmer, habe ich bemerkt. Aber er hat vorhin ein Riesenstück Kuchen gegessen und jetzt will er was zu trinken.« Er stellte drei Henkelbecher, die mit Tierkindern bemalt waren, vor sich auf den Tisch.
»Ob ich mit ihm reden kann?« Walter wollte es zumindest versuchen.
»Wegen des Toten? Keine Ahnung.«
»Wann kommt denn seine Mutter zurück?«
»Sie hatte vor, den nächsten Bus zu nehmen.«
Walter sah auf seine Armbanduhr. »Das dauert nicht mehr lange. Und der Film
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