Eisblumen - Ein Altmarkkrimi (Judith Brunners zweiter Fall) (German Edition)
war. Schon am Empfang hatte das Mädchen verschwörerisch geflüstert, dass Thomas Ritter was Neues hätte. »Ich sage ihm Bescheid, dass Sie jetzt da sind, ja?«
»Bringen Sie Dr. Grede auch gleich mit«, bat Judith erfreut.
Das Telefon klingelte und der erste Anruf in ihrem neuen Büro erreichte die Hauptkommissarin von Dr. Renz. »Guten Morgen, Frau Brunner. Die Telefonnummer funktioniert also noch. Schön, jetzt Sie am anderen Ende zu wissen.«
Judith Brunner lächelte beim Antworten: »Danke, Dr. Renz. Auch Ihnen einen guten Morgen. Haben Sie etwas Neues gefunden?«
»Ja. Die Tatwaffe war stark oxidiert, es gab Rostspuren tief in der Kopfwunde. Also suchen Sie nach einem rostigen, stählernen Werkzeug mit scharfer Kante.«
»Das ist gut. Und weiter?«
Dr. Renz hatte sich so angehört, als hätte er noch mehr mitzuteilen.
»Sein Mageninhalt. Er hatte vor seinem Tod üppig gegessen: Rindfleisch, Apfelrotkohl.«
»Klingt nach Mittagessen, Roulade oder Sauerbraten.«
»Möglich. Also wenn das seine Mittagsmahlzeit war, dann ist er nur wenig später, am Nachmittag ermordet worden.«
»An welchem Nachmittag, können Sie mir das sagen?«
»Genau nicht, nein. Ich konnte nur feststellen, dass er nicht gleich am Tage seines Todes ins Wasser gebracht wurde, sondern vorher offenbar einige Tage im Kalten lag. Er ist, nun ja, etwas gefroren gewesen.«
»Was?!«
»Ja, das Gewebe zeigt es deutlich. Außerdem wäre die Verwesung viel weiter fortgeschritten, wenn er irgendwo vor Kälte geschützt gelegen hätte. Mir kam die Leiche gleich recht steif vor. Und dann der rosafarbene Hautton. Im kalten Wasser des Dorfteiches taute der Körper natürlich nur sehr langsam auf. Das erklärt auch die unsauberen Schnitte im Rumpf. Angefrorenes Gewebe schneidet sich eben schwer.«
»Herrje, das sind ja Neuigkeiten!«
»Und, er ist höchstens eine Woche tot. Eher weniger. Genauer geht es durch die eisigen Umstände nicht, tut mir leid.«
»Oh, Sie haben mir schon sehr geholfen Dr. Renz. Vielen Dank.«
»Wenn etwas sein sollte, ich bin heute noch den ganzen Tag im Krankenhaus.«
Dr. Grede und Thomas Ritter hatten während des Telefonats leise Judith Brunners Büro betreten und sich stumm grüßend an den großen Tisch gesetzt. Dr. Grede brachte sich einen Pott Tee mit; Ritter hatte eine Mappe vor sich hingelegt und Lisa Lenz saß mit gezücktem Stift vor ihrem Schreibblock.
Judith Brunner nahm ihren Kaffee und setzte sich zu ihren Mitarbeitern. »Guten Morgen. Das eben war Dr. Renz.« Sie teilte kurz den Inhalt des Gesprächs mit.
»Gefroren?!« Ritter platzte seine Überraschung heraus.
»Gefroren, ja. Und nicht völlig aufgetaut. Dr. Renz hat mich extra darauf hingewiesen. Er meinte, dass der Mann nicht lange im Wasser gelegen haben kann. Frau Lenz sagte, Sie hätten Neuigkeiten?«
Thomas Ritter nickte. »Also die Mistkarre haben wir uns gestern gleich noch vorgenommen, damit wir sie wieder rausschaffen konnten, sie war nämlich nur oberflächlich sauber und roch etwas streng. Wir haben Folgendes gefunden: Schweinemist mit allen Zutaten, nur unvollständige Fingerabdrücke, da brauchen wir Vergleichsmaterial, Wollfasern von Strickwolle, zwei Sorten, beides Grautöne, und«, er machte eine Pause, »die Reifenabdrücke sind das Interessanteste. Sie passen zu dieser Spur hier, die wir am Teich gefunden haben.« Zufrieden legte er Judith Brunner einen vergrößerten Abzug von Spuren am Fundort der Leiche und einen aus seinem Labor vor. Deutlich war die Übereinstimmung der Reifenprofile zu erkennen.
»Gute Arbeit.« Judiths Brunners Lob war aufrichtig gemeint. Sie überlegte einen Moment, bevor sie aufstand und zum Schreibtisch ging. »Es stellt sich immer noch die Frage, wann das Opfer versenkt wurde.« Sie nahm die Mappe mit Walter Dreyers Protokollen der Zeugenaussagen in Waldau zur Hand. »Hier«, wandte sie sich wieder ihren Mitarbeitern zu, »am frühen Freitagmorgen wurde die Karre vermisst, sie ist also möglicherweise schon Donnerstagabend oder -nacht gestohlen worden. Gestern früh, Sonnabend, fanden wir die Reifenabdrücke am Fundort der Leiche. Und die Karre war wieder da, wo sie hingehörte. Also ich denke, wir können davon ausgehen, dass die Leiche am Freitag irgendwann nach Einbruch der Dunkelheit zum Teich gebracht wurde. Danach hat der Täter die Karre wieder zum Schweinestall zurückgebracht.«
»Freitagnacht, da war es bitterkalt hier. Die Altmark kann ein ziemliches Kälteloch sein«, betonte Dr.
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