Eisblumen - Ein Altmarkkrimi (Judith Brunners zweiter Fall) (German Edition)
alte Fahrzeugspuren im Reif zu sehen.
»Keine Lkw, nichts Großes.« Ritter fotografierte eifrig.
Sie liefen hintereinander auf einem unberührten Streifen rechts vom Weg lang. Die gefrorenen Grashalme und Blätter brachen bei ihren Schritten und gaben knisternde Geräusche von sich.
Plötzlich blieb Ritter stehen und Walter Dreyer wäre beinahe über ihn gestolpert. Unmittelbar vor ihnen war der Boden zertreten und eine Schleifspur zog sich einige Meter bis zu einer hinter Büschen versteckten Sitzbank am Ufer. Und wenn Walter seinen Augen trauen durfte, lag unter dieser Bank, die schon bessere Tage gesehen hatte, ein kleines Beil mit roter Farbe. Und daneben war deutlich ein großer dunkler Fleck zu sehen.
»Wunderbar! Ich brauche Verstärkung.« Thomas Ritter eilte zu seinem Wagen zurück, um die Kollegen per Funk anzufordern. Dass dieser Fund wichtig war, brauchten beide nicht zu diskutieren. Natürlich gingen sie davon aus, dass er mit dem Fall Wolff zu tun hatte, denn noch ein Gewaltverbrechen, zufällig an einem Ort wie diesem, schien zu unwahrscheinlich.
Ritter kam mit mehreren Utensilien zurück. »Die anderen kommen gleich. Wir können aber schon anfangen.«
Dreyer verteilte die kleinen Schilder mit den Nummern und Ritter fotografierte: die endende Reifenspur, den zertretenen Boden, die Bank und den Fleck, von dem er etwas Reif wegpustete. »Blut.«
Und natürlich das Beil. Die leuchtend rote Bemahlung des Stieles wies es als Einsatzwerkzeug der Feuerwehr aus.
Walter Dreyer zählte insgesamt fünf Pfähle rund um den Teich, an denen diese kleinen roten Beile mit entsprechenden Warnschildern hingen, um im Notfall rasch das Eis auf dem Teich aufhauen zu können. Wenn der Winter vorbei war, wurden anstelle der Beile Rettungsringe aufgehängt.
Das Beil unter der Bank wies neben seiner roten Bemalung eindeutige Flecken von Blut auf, nicht nur am Stiel, sondern auch an der Schneide.
Sie hatten den Tatort gefunden, davon war Walter überzeugt. Wenn man den beiden trüchen Hanseln vom Streifenwagen glauben konnte, war es am Mittwoch passiert.
Mit der Verstärkung kam auch Judith Brunner an den Tatort. Sie blieb mit Walter Dreyer neben dem Weg stehen.
Ritters Leute begannen mit der Vermessung, sammelten irgendetwas in ihren Tüten ein und zeigten ihr dann endlich das Beil.
Judith Brunner konnte mit bloßem Auge kleinste Rostspuren erkennen. »Diese Trottel!«, schimpfte sie leise. Nun würde sie ihren Start in Gardelegen nicht nur mit einer Mordermittlung beginnen müssen, sondern vielleicht auch mit einem Disziplinarverfahren gegen zwei nachlässige Kollegen vom Streifendienst. Judith sah sich aufmerksam um. »Wolff wurde das Stück vom Weg zu der Bank am Ufer geschleift, das ist deutlich erkennbar. Das passt auch zu den Geräuschen, die der Mann am Mittwoch hier gehört haben will. Und da Wolffs Volvo in ›Feine Sache‹ steht, muss der Mörder ihn mit seinem Auto hergebracht haben.«
»Ritter hat genug Reifenspuren auf dem Fahrweg gefunden«, informierte Walter, »damit können wir sicher was anfangen. Was ich nur nicht verstehe, warum ist Wolff nicht weggelaufen? Dr. Renz hat nichts von einer Betäubung oder so erwähnt.«
Judith erinnerte ihn: »Er hatte gebrochene Beine, wurde möglicherweise schon verletzt hergebracht.«
»Das würde bedeuten, er ist schon in ›Feine Sache‹ angefahren worden?«
»Oder auf dem Weg hierher. Dann wurde Wolff zum Ufer gebracht und erschlagen. Der Mörder hat vielleicht hier in Wiepke schon versucht, die Leiche loszuwerden.« Aufmerksam musterte Judith die Eisfläche auf dem Wasser.
»Die Nähe zur Straße wird ihm nicht behagt haben, schien ihm möglicherweise zu gefährlich. Das ist immerhin eine Fernstraße, da ist schon mehr Verkehr als in Waldau, sogar nachts«, vermutete Walter.
»Also Mittwoch Nachmittag nach Einbruch der Dämmerung wird Wolff hier ermordet, und in der Freitagnacht wird er im Waldauer Teich versenkt. Das sind gut zwei Tage, die er irgendwo im Kalten gelegen haben muss.«
Thomas Ritter kam auf sie zu und unterbrach ihre Überlegungen: »Fahrt ruhig schon zurück, wir machen hier allein weiter.« Er gab Dreyer einen Karton mit lauter Tüten voller gesicherter Spuren. »Drück das dem Labor in die Hand, die können schon mal anfangen.«
~ 32 ~
Am Nachmittag trafen sie sich, wie vereinbart, wieder zur großen Besprechung.
Laura hatte Judith Brunner vorher kurz über ihre Recherchen ins Bild gesetzt. Im Moment konnte die
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