Eisblumen - Ein Altmarkkrimi (Judith Brunners zweiter Fall) (German Edition)
worden.«
»Stimmt genau.«
»Herr Balduin wusste gar nichts von diesem Service«, teilte ihm Judith Brunner mit.
Eine kleine Weile blieb es still, dann gab Dampmann zu: »Na ja, wir machen das mehr nebenbei.«
»Wir?«
»Na, denken Sie, nur ich bringe das Zeug weg? Einige Kollegen bessern damit ihr Taschengeld auf!«
Jetzt wusste Dr. Grede, was gemeint war: »Sie bringen die Pappe zum Altstoffhandel?«
»Ja sicher, was dachten Sie denn? Bringt immerhin 30 Pfennige das Kilo. Da kommt schnell was zusammen.«
Nun wurde auch klar, warum die untergestellten Kartons keine Aufschriften mehr trugen – so konnte man nichts zurückverfolgen.
»Läuft die Entsorgung nicht eigentlich über den Betriebshof der Post?« Dr. Grede kannte das so. Bei der Polizei verwendeten sie die jährlichen Einnahmen aus dem Altpapier und der Pappe immer mit für die Ausstattung der Weihnachtsfeier.
»Schon«, druckste Dampmann herum, »deswegen haben wir ja auch öfter Kartons bei den offiziellen Post-Containern abgeliefert. Dabei hatte ich ja auch das mit den Diebstählen letztes Jahr entdeckt.«
Ganz schön clever, dachte Judith Brunner. Mit dieser gelegentlichen Container-Präsenz hatte er gut von seinen Unterschlagungen ablenken können. Doch damit würden sich andere Kollegen herumplagen müssen, das war nicht ihre Ermittlung.
»Wo haben Sie denn ›Ihre‹ Pappe zum Verkauf hingebracht?«, blieb Dr. Grede noch beim Thema.
»Unterschiedlich, es sollte ja nicht auffallen. Manchmal war ich beim Altstoffhandel in Kalbe oder ich bin nach Klötze, auch in Waldau hab ich mal was verkauft.«
Judith Brunner fragte: »Herr Dampmann, können Sie sich erinnern, von wem Sie in der vergangenen Woche Kartons mitgenommen haben?«
»Wie das denn? Darauf achte ich gar nicht. Ich sammle sie immer einige Tage, entweder zu Hause oder auf Arbeit.«
»Und wenn wir gemeinsam ihren Tourenplan durchgehen? Vielleicht fällt es Ihnen dann wieder ein?«
»Den hab ich gar nicht mehr«, wollte Dampmann das Thema beenden.
Judith Brunner konterte: »Macht nichts. Als ich gestern in Ihrem Postamt mit Herrn Balduin sprach, hat er mir Ihren Tourenplan als Durchschlag gegeben. Sehen Sie?«
Dampmann wurde langsam argwöhnisch. »Warum ist das eigentlich so wichtig? So ein Aufwand! Ist doch nur ein bisschen Pappe!«
Judith beobachtete ganz genau, wie ihr Gegenüber reagierte, als sie ihm erklärte: »Es gibt da ein großes Problem, Herr Dampmann: In einem der Kartons, die Sie untergestellt hatten, haben wir die Kleidung des Jungen gefunden, der in Waldau ermordet werden sollte.«
Hartmut Dampmann verstand nicht. »Und?«
»Jemand wollte, dass ein Kind erfriert. Er hat es deswegen ausgezogen und in der Kälte versteckt. Nun fanden wir die Sachen des Kleinen in Ihrem Karton. Was können Sie uns dazu sagen?«
»Wieso mein Karton? Wer weiß, von wem der war?«, wiegelte Dampmann ab.
Judith Brunner erinnerte ihn: »Genau deswegen habe ich Sie eben gebeten, darüber nachzudenken.«
»Warum sollte ich mir die Mühe machen?«
Es bedurfte offenbar eines noch deutlicheren Hinweises, damit Dampmann endlich mitdachte. »Ganz einfach. Damit Sie sich von dem Verdacht des Mordes, des versuchten Mordes und der Kindesentführung entlasten können.«
Jetzt passierte endlich etwas.
Dampmann schien empört. »Hören Sie schon auf! Das ist lächerlich! Was soll das denn? Warum soll ich so was machen?« Er hielt einen Moment inne. »Der Tote am Teich in Waldau? Mord?« Plötzlich wirkte Dampmann ängstlich. »Sie meinen das ernst. Ja! Sie denken, ich bin ein Mörder! Hören Sie auf damit!«
Seine Stimme, eben noch wütend und herrisch, war kaum noch zu hören. Blasser konnte niemand vor einer weißen Wand aussehen.
Nun bekam Judith Brunner langsam Zweifel, ob sie hier den richtigen Mann vor sich hatten. »Dann fordere ich Sie nochmals auf, über die Kartons nachzudenken. Herr Dampmann, los! Stellen Sie sich nicht so an. Welche Leute bekamen in diesen Tagen große Pakete? Wo haben Sie leere Kartons wieder mitgenommen?«
Keine Antwort.
Dr. Grede hatte die Aussagen schnell analysiert und versuchte es anders: »Sie haben auch noch weitere Kartons zu Hause, sagten Sie?«
Doch der Mann blieb stumm.
Judith Brunner veranlasste von ihrem Büro aus alles Nötige für eine Hausdurchsuchung bei Dampmann, die ihr besonders nach Gredes letzter Frage unerlässlich schien. Bis der erforderliche Papierkram dafür fertig war, wollte sie sich den wöchentlichen Tourenplan Dampmanns
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