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Eisblumen - Ein Altmarkkrimi (Judith Brunners zweiter Fall) (German Edition)

Eisblumen - Ein Altmarkkrimi (Judith Brunners zweiter Fall) (German Edition)

Titel: Eisblumen - Ein Altmarkkrimi (Judith Brunners zweiter Fall) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heike Schroll
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aber auch«, machte Judith sich selber Mut, bevor sie erklärte: »Ich möchte mich erkundigen, wie Sie das hier so handhaben, mit Lumpen, mit Kartonagen, mit Büchern – eben mit den verschiedenen Altstoffen.«
Kuserke entschied sich nach einigem Nachdenken, mit den selteneren Sachen anzufangen: »Bücher? Kommen nicht so häufig rein. Für Zeitungen gibt’s mehr.« Er hielt kurz inne. »Bücher haben wir meistens zu den Sommerferien – die alten Schulbücher. Sonst ist es eher mal eine Haushaltsauflösung, wenn jemand gestorben ist oder umzieht und nicht alle Bücher mitnehmen will. In den Ferien haben die Kinder viel Zeit zum Sammeln und bringen dann schon den einen oder anderen Bollerwagen voll Papier vorbei. Und Bücher sind eben einfach mit dabei, oft auch Flaschen und Gläser. Manches kommt von einzelnen Leuten, die eben ihren Kram hier abgeben und sich ein kleines Taschengeld dazu verdienen. Oder von Schulklassen, die das bei ihren Nachbarn gesammelt haben und so ihre Klassenfahrt finanzieren. Das meiste holen wir aber vor Ort bei unseren Sammelstellen ab. Die gibt es in fast jedem Dorf, da findet sich meistens jemand mit großer Scheune, der den Ankauf für uns abwickelt und sich so etwas dazuverdient. Die Aufkaufpreise sind überall gleich. Unsere ›Rumpelmännchen‹, so nennen wir die Leute, arbeiten eng mit unserer ›Emmy‹ zusammen. Hier in Gardelegen haben wir sogar drei Aufkaufstellen. Große Betriebe verfügen auch über eigene Sammelstellen.«
»Und die fahren Sie regelmäßig ab?«
»Nee, die Sammelstellen melden sich, wenn sie voll sind. Dann fährt unser Lkw los und holt alles her. Wir sortieren die Altstoffe in unseren Hallen, und sobald es sich lohnt, geht eine Ladung von hier zur Papiermühle, ins Glaswerk oder zum Bahnhof. Schrott geht mit Güterwagen weg.«
Das Telefon klingelte und Kuserke musste irgendeinen Termin klären. »Entschuldigung, das musste jetzt sein. Mein Altpapierlager ist randvoll, aber die Papiermühle hat einen Maschinenschaden und so werde ich nichts los. Die Lumpensäcke liegen auch schon ewig. Meine Leute murren schon, weil sie nicht mehr sinnvoll rangieren können.«
Judith Brunner lenkte zu ihrem Thema zurück: »Was wird hier auf dem Gelände konkret mit den Sachen gemacht?«
»Na, Sie haben doch die Gitterboxen gesehen. Da wird alles reingestapelt, und wenn genug zusammengekommen ist, geht’s los zur Papiermühle oder in die Glasfabrik.«
»Alles?«
Kuserke druckste nicht herum. »Na ja, wenn sich gute Klamotten unter den Lumpen befinden oder ein interessantes Buch zwischen den Zeitungen steckt, legt man das beiseite. Wäre ja schade drum. Irgendjemand findet das Zeug dann schon nützlich.«
Der lesende Teil der Belegschaft hielt sich beim Altstoffhandel sicher in übersichtlichen Grenzen, dachte Judith Brunner und erkundigte sich: »Was meinen Sie mit gut und interessant?«
»Na, seltene Sachen eben. Sie wissen schon, das, was die Leute so brauchen können. Kinderkleidung, Jeans, oder was es nicht unbedingt im Buchladen zu kaufen gibt. Vergriffene Bücher, nicht mehr verlegte Autoren – so was meine ich.«
Judith Brunner hatte Verständnis für Kuserke. Ehe die Sachen in der Papiermühle landeten, warum nicht?
»Diese Auswahl setzt aber schon ein wenig Bildung voraus«, sprach sie ihren Gedanken aus.
Achim Kuserke nickte nur angedeutet. »Oder Geschäftssinn. Den bringen manche, die hier arbeiten, schon mit. Was meinen Sie, was hier für Dinge als Abfall landen, die für jemand anderes enorm wertvoll sein können. Dafür entwickelt man schon einen Blick, wenn man länger hier arbeitet.«
»Und wie bringen es Ihre Männer dann wieder unter die Leute?«, hakte Judith Brunner nach.
»Sie verschenken es.« Diese Antwort kam sehr fest und endgültig. Kuserke klang an dieser Stelle nicht mehr auskunftsfreudig.
Judith Brunner versuchte es anders: »Können andere das auch?«
»Was?«
»Hierher kommen und sich brauchbare Kleidung oder Bücher aussuchen?« Oder Kleidung wegwerfen, dachte sie. Dampmann hatte immerhin zugegeben, hier beim Altstoffhandel zu verkehren.
»Ach, Betriebsfremde? Na, wenn hier jemand seine leeren Flaschen abliefert und dann ein interessantes Buch entdeckt, nimmt er es eben mit, was soll’s? Gartenbücher sind beliebt oder auch Krimis. Das sind eben Sachen, die wir schon aussortieren, wenn sie uns auffallen.«
»Auch für bestimmte Leute?«, wollte Judith Brunner wissen.
»Nicht dass ich wüsste. Hier jedenfalls nicht.

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