Eisblumen - Ein Altmarkkrimi (Judith Brunners zweiter Fall) (German Edition)
Brunner noch ein, bevor sich die Frauen in Richtung Stadtbibliothek aufmachten.
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Sie nahmen den Weg über die Wallanlagen und Laura erklärte: »Der Wall führt um die gesamte Altstadt. Von drei Stadttoren steht leider nur noch eines. Das ist jedoch sehr beeindruckend – das Salzwedeler Tor. Da vorne sehen Sie es schon. Gleich daneben ist auch eines der besten Gardelegener Cafés.«
Sie kehrten ein und ließen sich mit einem dicken Stück Frankfurter Kranz verwöhnen, dessen Buttercreme herrlich schmeckte. Der in kleinen Kännchen servierte Kaffee war heiß und frisch gebrüht. Um diese Zeit war das Café nicht sehr voll. Außer Judith und Laura hatten sich lediglich noch drei Leute entschieden, hier eine Pause zu machen. Dadurch konnten ihre Wünsche rasch erfüllt werden und sie kamen pünktlich zum Termin in der Stadtbibliothek an.
Der Bibliothekar empfing die beiden Frauen gleich am Eingang. Der Empfangsbereich seiner Bücherei entsprach in seinen Dimensionen dem Grundriss des historischen Fachwerkgebäudes und so musste Peter Kreuzer vom Empfangstresen nur wenige Schritte gehen, um Judith Brunner und Laura Perch die Hand geben zu können. »Guten Tag. Sie sind auch heute wieder hier«, stellte er zu Laura Perch gewandt fest. »Ich muss gestehen, dass ich sehr neugierig bin, wie ich Ihnen dieses Mal wohl behilflich sein kann. Kommen Sie bitte, gehen wir in mein Büro.«
Sie legten ab, setzten sich und Kreuzer bot ihnen Kaffee an.
Laura schüttelte vorsichtig den Kopf und Judith lehnte dankend für sie beide ab: »Wir kommen eben aus dem Café.«
Während Kreuzer sich eine Tasse einschenkte, begann Judith Brunner zu erzählen: »Wir ermitteln erneut in einem Mordfall. Zurzeit wissen wir noch nicht, warum der Mann ermordet wurde. Immerhin haben wir schon einen Verdächtigen. Gestern Abend durchsuchten wir dessen Haus und sind dabei auf eine Menge wertvoller Bücher gestoßen.« Sie reichte Kreuzer einige Fotografien mit den Bücherstapeln über den Tisch.
Der sah sich die Aufnahmen kurz an und wollte dann wissen: »Wo hat er die alle her?«
»Ich hoffte, hier könnten Sie mir weiterhelfen«, gab Judith Brunner zu. »So eine Sammlung ist doch recht ungewöhnlich. Vielleicht haben Sie ein paar Ideen?«
»Na ja, wie eine schöngeistige oder wissenschaftliche Sammlung eines Bibliophilen sieht das eher nicht aus.«
»Das ist mir auch aufgefallen«, stimmte ihm Laura zu. »Wissen Sie, er bewahrte die Bücher in diesen Stapeln auf. In geschlossenen Schränken. Nur wenige standen nebeneinander, wie Bücher üblicherweise untergebracht sind. Beim Erfassen in einer Liste habe ich dann bemerkt, dass die einzelnen Stapel bestimmten Interessengebieten entsprachen: Kunstgeschichte, Technik, Lexika, Gedichte. Alles Mögliche, eben grob geordnet.«
»Hört sich nicht so an, als mochte er diese Bücher oder las sie gar. Warum hatte er sie überhaupt besessen?«
Judith freute sich insgeheim, dass Walters Skepsis über Dampmanns Liebe zu den Büchern sich mit denen dieses Fachmannes deckte. Sie wurde konkreter: »Wir denken, er betrieb einen Handel mit den Büchern.«
»Ach, ihr Verdächtiger ist ein Buchhändler«, stellte Kreuzer fest, als würde das einiges erklären.
»Nein, nein. Das ist es ja gerade. Er hat einen anderen Beruf. Wenn er mit diesen Büchern handelt, dann tut er das wahrscheinlich illegal.«
»Ha, illegaler Buchhandel. So einfach ist das aber nicht.« Der Bibliothekar reagierte skeptisch.
Laura kam ein Gedanke und sie sah Judith an. »Er hatte die Bücher doch irgendwie sortiert. Vielleicht hat er sie schon für bestimmte Kunden zusammengestellt?«
»Sie meinen, er handelt quasi auf Bestellung?«
»Nicht nur. Aber in einzelnen Fällen könnte das schon sein. Er kennt manche seiner Kunden sicher gut und weiß, welche Bücher gefragt sind.«
Judith Brunner schien das nicht so einfach. »Dann müsste er ja wissen, wie man an bestimmte Bücher kommt. Auf den Altstoffhandel kann er sich da schwerlich verlassen.«
Laura Perch beharrte: »Was, wenn es eine zuverlässigere Quelle gibt? Irgendjemand, der eine unbekannte, größere Bibliothek hat? Mit dem er beim Handel zusammenarbeitet?«
»Hier in der Gegend? Eine so wertvolle Privatbibliothek? Davon wüsste ich sicher«, verwarf Peter Kreuzer diesen Einfall, doch dann traf ihn die Erkenntnis. »Mein Gott!«
»Was ist los? Kennen Sie so jemanden?«, hoffte Judith Brunner.
»Nein, das ist es nicht. Ich bin mir nicht sicher ...«
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