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Eisenhand

Eisenhand

Titel: Eisenhand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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beobachteten.
    »Bleib stehen, Lentullus. So bleib doch stehen! « Ich weiß selbst nicht, warum ich das sagte. Da war ja niemand außer uns … und doch schlug mir von überallher diese Ausstrahlung entgegen.
    »Tut mir leid, Falco«, krächzte Lentullus. »Oh heilige Mutter! Schon wieder mein unseliger Riecher, nicht wahr?«
    Ich versuchte, ihn ein bißchen aufzumuntern, als ich zurückflüsterte: »Ganz recht, mein Junge. Das scheint wieder einer deiner furchterregenden Funde zu sein …«
    Vor uns stand in einiger Entfernung eine halb verfaulte, groteske Statue aus roh behauenem Holz: ein Wasser-, Wald- oder Himmelsgott – vielleicht auch alles auf einmal. Von weitem hätte man ihn für eine verwachsene, knorrige Eiche halten können, die, halb abgestorben schon und mit bläulich-rotem Schimmel in den Schründen, dennoch bedrohlich über der Lichtung thronte. Im Näherkommen aber erkannte man die mit ein paar groben Beilschlägen angedeutete Figur mit den kaum ausgeformten Extremitäten. Das Götzenbild hatte drei primitive Gesichter, auf die wiederum vier starre, mandelförmige Keltenaugen verteilt waren. Und das wuchtige Elchgeweih, das man ihm aufs Haupt gepflanzt hatte, reckte seine vielzackigen Enden empor, als wolle es den Himmel berühren.
    Vor der Gottheit stand ein schlichter Grasaltar, auf dem die Keltenpriester ihre Opferfeiern zelebrierten. Jetzt lag ein furchtbar verwester Stierschädel darauf. Auch bei den Brukterern wurde, wie bei uns, die Zukunft aus den Eingeweiden der Opfertiere geweissagt. Anders als bei uns galt hier die Sitte, jedes Pferd oder anderes vom besiegten Feind konfiszierte Getier brutal in Stücke zu schlagen. Und das waren beileibe noch nicht ihre schrecklichsten Opferriten. Wir wußten das, weil ringsumher von den uralten Bäumen am Saum des heiligen Hains lauter Totenschädel auf uns niedergrinsten.

XLVII
    Lentullus, der doch normalerweise von Tuten und Blasen keine Ahnung hatte, wußte hier auf einmal Bescheid. »Wer in einen Druidenhain eindringt, ist des Todes, stimmt’s?«
    »Wenn wir lange genug warten, kommt vielleicht ein Druide vorbei, der dir’s genau sagen kann …« Damit packte ich ihn am Arm und dirigierte ihn vom Platz.
    Rechts von uns schimmerte etwas durch die Bäume: ein Trophäenberg. Da stapelten sich unzählige Waffen – fremdartige lange Germanenschwerter, Kriegsbeile, runde Schilde mit wuchtigem Buckel – und viele andere Beutestücke, die wir mit wehem Schrecken als römische Handarbeit erkannten.
    Lentullus stolperte kreischend über eine Wurzel. Erst im Frühjahr war es mir gelungen, eine Teilausgabe von Cäsars De Bello Gallico zu ergattern, die jetzt, da Rom ein paar böse neue Kriege am Hals hatte, billig zu haben war. Darin berichtet Julius Cäsar, daß die Sweben – wenigstens zu seiner Zeit – in einem heiligen Hain Andacht hielten, den jeder Fromme betreten durfte. Wenn aber jemand das Pech hatte, dort auf geweihtem Boden hinzufallen, dann verlangte der Ritus, daß er in der Horizontalen aus dem Hain herausrollte. Bestimmt zitiert Cäsar auch noch andere Gebräuche, mit deren Hilfe wir uns aus dieser mißlichen Lage hätten befreien können, aber mein Geld hatte leider nie für die nächste Rolle der Edition gereicht.
    Die Lichtung war besonders üppig mit unschöner Flora und matschigen, giftgrünen Pilzen bewachsen, und als ich dann noch die Losung von so viel Wild sah, warf ich der feindselig grinsenden Holzgottheit einen trotzigen Blick zu und entschied, daß Cäsars Ritus hier auf keinen Fall in Frage käme. Wie ein Baumstamm durch die Gegend zu rollen, um fremde Götter zu besänftigen, gehörte nicht zur Ausbildung unserer Rekruten, und selbst wenn, hätte der Tropf an meiner Seite die Übung bestimmt nicht geschafft. Also zerrte ich ihn am Ellbogen hoch, wir machten kehrt und verließen den Hain auf die konventionelle Art.
    Was wir noch bereuen sollten.
    Zunächst aber mußten wir abermals an etwas äußerst Unangenehmem vorbei.
    Das Gebilde am Ausgang des Hains war quadratisch und sah aus wie ein zweiter, aber sehr viel größerer Altar. Es umschloß eine Art Scheiterhaufen und bestand aus vielen kleineren, teils spitz zulaufenden, teils länglich-ovalen grauen Teilen. Mehrere Generationen schienen daran gearbeitet zu haben, jetzt war es hüfthoch und zwei Fuß tief. Die Stücke waren mit besonderer Sorgfalt übereinander geschichtet worden – eine Reihe quer, die nächste längs –, wie Zweige für ein extra prächtiges

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