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Eisenhand

Eisenhand

Titel: Eisenhand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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Genau wie damals in Britannien, als das Volk der Fürstin Boudicca sich auflehnte.« Ich hörte selbst, wie die Stimme heiser wurde bei der Erinnerung. »Die Jagd ist wichtiger Bestandteil des grausamen Spiels. Blutrünstige Krieger verfolgen mit trunkenem Siegesgeheul ihre dem Untergang geweihten Opfer, die wissen, daß sie keine Chance haben …«
    »Arminius hat den Spaß wahrscheinlich mit Absicht in die Länge gezogen«, warf Helvetius ein. »Leichen vom Kampfplatz bis zum nächsten Fluß – und das in alle vier Himmelsrichtungen, dann wäre der Triumph perfekt gewesen.«
    »Wie das, Zenturio?«
    »Nun, die Krieger versperren allen Flüchtigen am nächsten Wasserlauf den Weg. Kopf und Rüstung werden den Flußgöttern geopfert.«
    Still in sich gekehrt, ritt unser Häuflein weiter. Obwohl das Wetter gut und die Wege passabel waren, brauchten wir zwei Tage bis zum Teutoburger Wald.
     
    Ich weiß, daß ein paar von unseren Rekruten jeden Abend, wenn wir Rast machten, für längere Zeit im Unterholz verschwanden. Ich weiß auch, daß sie dort allerhand ausbuddelten. Sie waren eben noch halbe Kinder. Das Schicksal ihrer Kameraden von damals ging ihnen zu Herzen, gewiß, aber der Souvenirjagd konnten sie einfach nicht widerstehen.
    Die Stimmung der Truppe wurde besser, vielleicht waren die Rekruten aber auch nur allmählich abgestumpft. Nur Lentullus, der sich nie an der Trophäensuche beteiligte, saß stumm und gedrückt bei Justinus und mir am Feuer. Er hatte sich in sein Schneckenhaus zurückgezogen, als fürchte er, an allem schuld zu sein.
    Einmal lachte ich, obwohl mir gar nicht danach zumute war. »Da sitzen wir mit einem ganzen Korb voll eigener Probleme im Niemandsland fest, und was tun wir? Brüsten uns wie Stammtischstrategen, die an der Theke ihrer Taverne mit Äpfeln die Schlachten von Salamis und Marathon nachstellen!«
    »Nun reden Sie doch nicht ausgerechnet von Tavernen, Falco«, brummte Justinus schläfrig aus seinem Feldbett herüber. »Mancher von uns würde sonstwas für einen Falerner geben!«
    Da ich Gast in seinem Haus gewesen war und seinen fürchterlichen Tischwein gekostet hatte, konnte ich mir ausrechnen, wie verzweifelt Seine Hochwohlgeboren, der Tribun, sein mußte.
    Am nächsten Tag nahmen wir den Teutoburger Höhenzug in Angriff.
    Wir überquerten den langgestreckten Gebirgskamm ohne Zwischenfall. Zu schön, um wahr zu sein, dachte ich mir. Und sollte natürlich wieder einmal recht haben.
    Beim Abstieg fanden wir, ganz nach Plan, die Quelle der Lupia. Als wir bei Sonnenuntergang unser Lager aufschlugen, zündeten wir vorsichtshalber ein Feuer an. Ich sah, wie Probus mit einem Kameraden zusammen fortging und die beiden lange fortblieben. Bestimmt suchten sie wieder nach Knöpfen und Schwertscheiden. Zuerst ignorierte ich es stillschweigend, wie gewöhnlich, aber als wir das Essen verteilt hatten und die beiden immer noch nicht auftauchten, schlug ich doch Alarm. Helvetius blieb im Lager, während Justinus und ich uns auf die Suche nach unseren verlorenen Schafen machten. Wir nahmen jeder einen Rekruten mit: Er einen gewissen Orosius und ich hatte natürlich wieder mal das Glück, Lentullus zu erwischen. Für den Fall, daß es uns immer noch an Gesellschaft mangeln sollte, schloß Tigris sich an.
    Wie nicht anders zu erwarten, waren es Tigris, Lentullus und ich, die über den heiligen Hain stolperten.
    Auf den ersten Blick unterschied er sich nicht von einer ganz gewöhnlichen Lichtung. Wahrscheinlich wurde die Stätte schon seit Generationen gepflegt. Wir marschierten unbefangen aus dem Schatten der knorrigen Bäume hervor und dachten, die Natur hätte jenes weite, freie Rund in ihrer Mitte geschaffen. Ein unangenehmer Wind frischte auf und raschelte unermüdlich im trockenen Novemberlaub. Tigris, der vorausgelaufen war, kam wie wild zurückgerannt und brachte uns einen Stock mit, den wir für ihn werfen sollten. Ich bückte mich, und nach der üblichen Kabbelei ließ er sich seinen Fund abnehmen.
    »Nanu! Der sieht aber komisch aus!« rief Lentullus.
    Und dann erkannten wir in dem vermeintlichen Stecken ein menschliches Wadenbein.
    Während der Hund bellend und winselnd zum Spielen aufforderte, sahen Lentullus und ich uns aufmerksam um und spürten endlich die besondere Atmosphäre dieses verwunschenen Platzes. Es roch nach Moos, Erde und Leid. Die Stille schnürte uns die Kehle zu. Panik flammte auf, und im nächsten Moment sah ich, daß leere Augenhöhlen uns von allen Seiten her

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