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Eisenhand

Eisenhand

Titel: Eisenhand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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sagte: »Ich bin eine unverheiratete Frau, die, allein mit ihren Gedanken, in den Wäldern lebt. Die Götter haben mich einiges gelehrt …«
    »Und auch Ihre Taten werden unvergessen bleiben.«
    »Aber ich habe nichts getan. Ich sage bloß meine Meinung, wenn Leute mich danach fragen.«
    »Dann haben eben schon Ihre Gedanken ausgereicht, Ihnen Macht zu verleihen! Leugnen Sie getrost jeden Ehrgeiz, aber fest steht doch, daß Sie und Civilis um ein Haar ganz Nordeuropa regiert hätten.« Und dabei fast in den Ruin getrieben. »Veleda, Ihre Meinungen haben die ganze Welt erschüttert wie ein Gewittersturm. Vielleicht haben Sie ja sogar recht gehabt mit Ihren Prophezeiungen, aber jetzt braucht die Welt Ruhe und Frieden. Der Kampf ist vorbei.«
    »Der Kampf wird nie vorbei sein.«
    Die Schlichtheit, mit der sie das sagte, erschreckte mich. Wäre sie einfach machthungrig gewesen, dann hätten diese wilden Krieger sie ausgelacht, und Civilis hätte in ihr nicht die Partnerin, sondern die Rivalin gesehen. Vielleicht hätte sie den Pöbel ein-, zweimal mit flammenden Reden aufgehetzt, aber über kurz oder lang hätten die Brukterer so eine Aufwieglerin von selbst verjagt. Schließlich war sogar der Volksheld Arminius am Ende von seinen eigenen Anhängern entmachtet worden. Ein Führer, der nicht auch die Insignien der Macht begehrte, wäre in Rom undenkbar gewesen. Hier dagegen untermauerte gerade Veledas Verzicht auf jeden Ehrgeiz die Stärke dieser Frau.
    »Es ist vorbei«, beharrte ich. »Rom steht so fest wie nie zuvor. Es jetzt zu bekriegen hieße, gegen Grundgestein anrennen zu wollen. Ihr könnt Rom nicht besiegen.«
    »Wir haben Rom einmal geschlagen, und wir werden es wieder tun.«
    »Das waren andere Zeiten, Veleda.«
    »Unsere Zeit wird wiederkommen.«
    So zuversichtlich ich auch reden mochte, Veledas Selbstvertrauen war nicht zu erschüttern. Jetzt wandte sie sich ab. Ich konnte doch unmöglich vor einer Frau kapitulieren, die mir den Rücken zukehrte. Seit ich erwachsen war, behandelten mich die Frauen wie einen Striegel-Sklaven in den Thermen, der sein Trinkgeld nicht wert ist.
    Da ich nichts mehr zu verlieren hatte, versuchte ich, sie bei ihrer Ehre zu packen. »Wenn dies das gepriesene germanische Reich sein soll, dann kann ich nur sagen, es imponiert mir nicht, Veleda. Civilis ist getürmt, und alles, was ich hier sehe, ist eine Waldbühne nebst drittklassiger Vorstellung, die mit jedem Pferdemarkt konkurrieren kann. Und mittendrin ein x-beliebiges Mädchen, das sich, wie tausend andere, nach dem Rampenlicht sehnt und unbedingt einen Namen machen will – bloß, um hinterher rauszufinden, daß der Erfolg all ihre armen Verwandten anlockt, die nun einen Job in ihrem Troß fordern … Wenn ich mich so umschaue, dann tun Sie mir leid, Veleda. Ihre Verwandtschaft ist, scheint’s, noch schlimmer als meine.« Den teilnahmslosen Gesichtern nach zu urteilen, waren die Angehörigen der Dame entweder noch dümmer, als ich dachte, oder sie hatten nicht am Unterricht ihres Lateinlehrers teilnehmen dürfen. Veleda selbst aber blickte mich jetzt wieder an. Es geht doch nichts über Familiensinn! Ich fuhr in ruhigerem Ton fort: »Bitte verzeihen Sie meine dummen Scherze. Meine Sippschaft ist vielleicht nicht viel wert, aber ich habe trotzdem Heimweh nach ihnen.« Was ich ihr eigentlich damit sagen wollte – nämlich, daß auch Römer Menschen sind –, schien sie nicht verstanden zu haben. Aber immerhin hörte sie mir jetzt wieder zu, oder tat wenigstens so.
    »Veleda, Ihr Einfluß beruht auf der richtigen Prophezeiung, daß Arminius die römischen Legionen schlagen würde. Nun, das war kein Kunststück! Jeder, der das Gezerre um den Kaiserthron verfolgt hat, sah doch, daß Rom dadurch seine Stellung in Germanien aufs Spiel setzte. Das konnte nur so oder so ausgehen: Sie hatten Glück und zogen den richtigen Strohhalm, weiter nichts! Aber die Zeiten sind vorbei! Rom hat seine Herrschaft wieder gefestigt. Sowie der Palatin wieder eine Autorität hatte, zog Petilius Cerialis mit seinen Truppen den Rhein hinunter – von den Alpen bis hinauf zum britannischen Ozean –, und die Feinde Roms haben auf der ganzen Strecke vor ihm kapituliert. Wo steckt denn euer glorreicher Civilis heute? Wahrscheinlich hat er sich ins Meer gestürzt.«
    Die offizielle Version von der siegreichen Kampfkraft unseres Oberbefehlshabers blendete vielleicht seine ruhmsüchtige Geliebte in Colonia, aber eine intelligente, nüchterne Frau, die noch

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