EISENHEIM: THRILLER: Erstes Buch (German Edition)
und dass er beabsichtigte, ihn und Mr. Edwards noch einmal zu der Entführung zu befragen. Anhand seiner Stimme konnte Forester bereits Rückschlüsse ziehen. Diese beiden Männer waren ein Paar und lebten vermutlich gemeinsam unter einem Dach. Jones bat Forester daraufhin, entweder sofort zu kommen oder erst am späten Abend. Er erzählte Forester, dass er sowie Mr. Edwards Inhaber zweier exklusiver Kleiderläden in der Bostoner City waren. Sie waren in Eile wie jeder andere normale Mensch an diesem Morgen auch.
Forester beeilte sich.
Er folgte dem Weg nach Roslindale genauso, wie Mr. Jones es ihm am Telefon eingetrichtert hatte, um längere Verzögerungen zu vermeiden. Roslindale war ähnlich wie Stony Brook ein gediegeneres Pflaster im Großraum Boston. Man hatte hier nicht den Eindruck, in einer Großstadt zu leben. Die Holzhäuser waren zumeist in einem viktorianischen Stil mit einer kleinen Veranda errichtet worden und verströmten im Gegensatz zu Stony Brook mit seinen hohen Mehrapartment-Gebäuden den Charme eines ländlichen Vorortes. Zwanzig Minuten später setzte Forester seinen Fuß auf die Veranda von Jones und Edwards Anwesen. Fast gleichzeitig öffnete sich die Tür. Es war Mr. Jones, wie Forester anhand der singenden Stimme vermutete. Er war untersetzt, doch sehr gut gekleidet, und stellte sich ihm als Edwin Jones vor. Sein Lebenspartner Thomas Edwards war größer und auffallend schlanker. Thomas Edwards begrüßte ihn nicht weniger freundlich, doch bemerkte Forester, dass Edwards ihn weitaus misstrauischer beobachtete. Das Auftreten der Herren insgesamt erschien ihm dagegen auffällig freundlicher als ihr Wesen, das sich darunter verbarg. Sie waren elegant gekleidet, ohne aufdringlich dabei zu wirken. Sie trugen karierte Hemden mit Krawatte, tadellose Designer-Jeans, hellbraune Gürtel zu hellbraunen Schuhen. Beide hatten einen akkuraten Kurzhaarschnitt. Zudem war Jones Brillenträger. Er trug ein schwarzes, dickrandiges Ray-Ban-Gestell aus den Fünfzigern auf seiner Nase und wie Forester unschwer auffiel, war dies auch kein Modeaccessoire. Die Brillengläser hatten eine furchteinflößende Stärke. Er glaubte beide nahe seinem eigenen Alter, wenn sie in ihrem Outfit auch viel jünger wirken mochten. Edwards und Jones debattierten kurz, wo sie sich hinsetzen sollten, dann baten sie Forester nach hinten in die Küche. Forester folgte ihnen durch das Haus, nahm in der Küche Platz und kramte sogleich einen Notizblock aus seinem Mantel. Edwards bot ihm Kaffee an, doch Forester lehnte ab, wobei er zum ersten Mal so etwas wie Verunsicherung in den Blicken der beiden Textilhändler bemerkte. Er konnte daraus lesen, woher diese Verunsicherung rührte. Zu seiner aktiven Zeit als Ermittler beim CID war ihm dieser verunsicherte Blick in vergleichbaren Situationen oft begegnet. Einen angebotenen Kaffee vor einer inoffiziellen Vernehmung abzulehnen, signalisierte oft eine zwischenmenschliche Barriere. Manche Gesprächspartner verunsicherte dieser Zug und besonders dann, wenn sie sich bis zu diesem Zeitpunkt eigentlich nicht im Zentrum der Ermittlungstätigkeit gesehen hatten. So ein Stimmungswechsel trat immer sehr plötzlich zutage, was Forester zugleich zu seiner ersten Frage führte. Seine beiden Gesprächspartner hatten seit seinem Anruf das Terrain für sich abgesteckt, jetzt war es an ihm, es grobkörnig zu hinterfragen.
Die erste Frage war deshalb auch so nicht geplant gewesen, sondern ihm geradewegs spontan eingefallen: „Ich weiß, sie haben alle Fragen der Polizei schon beantwortet. Meine Auftraggeber, die Familie Cline, haben mich aber um Beihilfe zu den Ermittlungen der Polizei gebeten. Ich beginne also ganz vorne. Der sechsundzwanzigste März war ein Dienstag, die Uhrzeit, als Hanaa entführt wurde, war zehn Uhr dreißig. Heute haben wir Donnerstag, es ist noch nicht um neun Uhr und Sie sind eigentlich in großer Eile, um in ihre beiden Geschäfte zu kommen. Was unterschied diesen Dienstag von einem ihrer üblichen Arbeitstage?“, fragte Forester. Jones saß Forester gegenüber, seine Hände waren gefaltet, während er die ganze Zeit über Forester ansah. Als sich die Frage bei ihm setzte, schielte er jedoch sogleich über seinen dicken Brillenrand hinweg zu Edwards. „Thomas, diese Frage wirst du beantworten!“, sagte Jones fordernd.
Forester entnahm aufkommende, knisternde Spannung zwischen den beiden Männern. Edwards pflanzte die Kaffeekanne zurück in den Automat und setzte sich mit
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