EISENHEIM: THRILLER: Erstes Buch (German Edition)
zehn Minuten, nachdem Eisenheims Wagen aus der Kenton Road verschwunden war.
Forester unterrichtete ihn kurz von seinem Tag und den Geschehnissen, die den Fall „Hanaa Cline“ betrafen. Er erzählte von dem Ausflug in den Franklin Park mit den Clines, von den dort geradezu paradiesischen, idealen Gegebenheiten, um dort eine Entführung risikoarm durchzuziehen. Er erzählte Eric von Trevor und den Fotos, die er in der Wohnung der Clines vorfand, wie auch von seinem bestätigten Verdacht, dass die Wohnung der Clines verwanzt und abgehört worden war. Er führte kurz aus, wo er die Fotos hatte entwickeln lassen, und erzählte Eric, der nun gebannt zuhörte, von der Ermordung Edwin Jones und dass dieser zuvor noch auf Foresters Band gesprochen hatte. Mit seiner Vermutung, dass Edwin Jones wohl noch gerade soviel über die Hintergründe des Falls „Hanaa Cline“ gewusst hatte, dass auch der ermittelnde Detective Todd Kingfield hatte sterben müssen, beendete er seine Erzählung.
Eric hatte seinem Bruder eine gute halbe Stunde zugehört und er hatte einen weiteren Trumpf im
Spiel Forester gegen Eisenheim.
Eric kannte Forester so gut, dass er wusste, dass diese Erzählungen über einen Fall, der ihn beschäftigte, auch immer dazu dienten, um über sein eigenes Tun und seine Vorgehensweise zu
reflektieren und um im Gespräch mit ihm herauszufinden, ob seine Gedankenverkettungen logisch waren oder erzwungenermaßen in eine Richtung gedrängt worden waren. Als Forester endlich zur Ruhe kam, machte er eine Pause und stellte Eric eine Frage, mit der dieser erstens gar nicht
gerechnet hatte und zweitens, er diese zu beantworten sich noch nicht wirklich imstande sah:
„Was treibst du eigentlich die ganze Zeit in Boston?“, fragte Forester.
„Schau mal hier, Bruderherz“, erwiderte Eric wissend, somit die Aufmerksamkeit Forester auf ein ganz anderes Thema gelenkt zu haben, und legte die Phantomskizze des weißen Hünen auf den Tisch und sogleich daneben die Kopie eines gestochen scharfen Fotos, das den weißen Hünen als tatsächlich abgelichteten Menschen wiedergab.
„Du hast herausgefunden, wer das ist?“, sagte Forester mit bebender Stimme. Seine Überraschung hätte nicht deutlicher zutage treten können.
„Hab ich. Alle böse Menschen dieser Welt landen in unserem Archiv!“, sagte Eric. Er machte eine kurze Pause und tippte mit seinem Finger auf das Foto: „Er ist ein Russe. Michail Bobrow. Er ist ein ehemaliger Agent des russischen KGB!“
Forester Mund klappte auf, seine Augen weiteten sich:
„Russischer Geheimdienst? Jesus! Was haben die damit zu tun?“
Zweites Kapitel
General Fomin
Donnerstag, 28. M ä rz 1985
General Fomin war Chef der ersten Hauptverwaltung des KGBs. Die erste Hauptverwaltung war der empfindlichste Teil dieses Geheimdienstes und somit glich der Sessel, den General Fomin innehatte, einem Schleudersitz. Die erste Hauptverwaltung war zuständig für die im Ausland gesammelten Geheiminformationen sowie auch für das Spionagenetz, das von der Moskauer Lubjanka aus in den Westen hinein betrieben worden war.
General Fomin, der ein ganz klarer Hardliner der alten Moskauer Schule war, konnte nicht viel mit dem neuen Generalsekretär Gorbatschow anfangen, der vor etwa vierzehn Tagen an die Spitze seines geliebten Russlands vorgerückt war. Es stand ein Umschwung, gar ein Umdenken bevor, dem sich General Fomin nicht mehr gewachsen sah. Fomin hatte bereits 65 Jahre auf dem Buckel und er wusste, dass seine Zeit in diesem gigantischen Militärapparat bald abgelaufen sein würde. Glasnost und Perestroika – diese Ausdrücke schwebten erst seit wenigen Tagen, seit dem elften März ganz genau, durch die Gänge des Innenministeriums, der russischen Machtzentrale. Wie ihm schien, war die neue Machtführung sich zwar in dem Punkt einig, vieles anders als bisher machen zu müssen, doch glaubte Fomin, dass sich dieser Gigant Russland nicht kurzerhand in etwas einzwängen lassen würde, das nicht Teil seiner gewachsenen Tradition sein würde. Die Macht war seither ein wichtiger Teil der russischen Seele gewesen. Es würde immer jemand in Russlands Führung geben, der laut auftreten wollte, nur um dem Westen Paroli zu bieten; ganz gleich, was es kosten würde. Es war eine traditionelle Dummheit, die durch die Venen des russischen Machtapparates floss. Jeder war ihr bisher verfallen, wenn er sich bewusst geworden war, wie groß dieses Land in seinen Ausmaßen und reich an Bodenschätzen
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