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Eisenherz - Förg, N: Eisenherz

Eisenherz - Förg, N: Eisenherz

Titel: Eisenherz - Förg, N: Eisenherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicola Förg
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Prioritätenliste aufstellen. Zuerst müssen wir Schmoll befragen, ich meine, seine Fotos wurden genau da geschossen, wo die Leiche gefunden wurde.«
    »Na ja, den Trüffelkleber würde ich vielleicht außen vor lassen. Das ist ja lächerlich«, sagte Melanie.
    »Mädchen, unterschätzen Sie nicht die Ehrpussligkeit der Menschen.« Baier schaute tiefsinnig. »Wir werden uns aufteilen, aber ich stimme Weinzirl zu. Der Schmoll hat Priorität.«
    »Der Bürgermeister ist aber auch eine heiße Kiste«, wandte Evi ein.
    »Durchaus. Hasse das! Sonst haben wir gar kein Motiv. Jetzt so viele, dass man den Mord vor lauter Motiven nicht mehr sieht. Pack mers.« Baier warf einen Geldschein auf den Tisch und krabbelte von seinem Hocker.
    »Weinzirl, fahren wir mal nach St. Heinrich in die Privatwohnung. Vielleicht finden war da was, oder die Person Lepaysan kriegt mehr Fleisch auf die Rippen. Kienberger, Steigenberger, Sie befragen hier in der Bahnhofstraße Leute, ob jemand etwas Verdächtiges bemerkt hat. Jemanden gesehen, der in das Atelier eingedrungen ist. Ein Auto gehört hat.«
    »Mir ist der zeitliche Ablauf nicht ganz klar«, sagte Evi. »Hat da einer zuerst den Lepaysan ermordet oder zuerst das Atelier durchsucht?«
    »Gute Frage, Werteste. Weinzirl, was meinen Sie?«
    »Versetzen wir uns mal in die Lage des potenziellen Mörders: Er wird erpresst mit den Abzügen der Bilder. Normalerweise wird er dann den Erpresser zur Rede stellen, es kommt womöglich zum Streit, er ermordet ihn. Der Mörder wird wissen, dass Lepaysan irgendwo noch Originale hat, und wird versuchen, diese zu vernichten. Damit der Verdacht nicht auf ihn fällt. Also erst der Mord, dann die Suche. Oder was denkt ihr?«
    »Erscheint logisch«, sagte Baier, und Evi ergänzte: »Bloß hat er nichts gefunden, denn sonst hätte er die Bilder gelöscht, oder?«
    »Weil er genauso ein Depp in Sachen Computer ist wie Weinzirl und ich.« Baier grinste.
    »Dann muss der Mann aber momentan in ziemlicher Panik sein. Wird er nicht weiter versuchen, die Bilder zu finden?«, fragte Evi.
    »Doch, drum müssen wir sein Atelier und seine Wohnung auch im Auge behalten. So, also Kienberger, Steigenberger, ab zum Klinkenputzen, und dann versuchen Sie rauszufinden, welcher Hofladen uns da mit dänischem Chemiekäse erfreut. Außerdem veranlassen, dass hier vermehrt Streife gefahren wird. Kann ja zurückkommen, der Mörder. Hat ja die Bilder noch nicht. Und Sie, werte Frau Straßgütl, gehen erst mal nach Hause und packen aus. Sie fangen erst am Montag offiziell an.«
    »Aber ich stehe jederzeit zur Verfügung. Gerne«, sagte Evi diensteifrig.
    »Sicher. Wenn’s brennt, ruf ich an. Oder der Weinzirl. Pack mers, Weinzirl, nach St. Heinrich.«
    Die Sonne war rausgekommen. Gerhard musste niesen und sah Evi nach. Baier hatte ebenfalls seinen Blick wohlwollend auf Evis hübsches Hinterteil gerichtet. Dieser Baier, der alte Schwerenöter. Kaum kam eine hübsche Frau ins Spiel, konnte der richtig parlieren. »Mit dänischem Chemiekäse erfreut …« Na, das war doch für Baiers Verhältnisse schon pulitzerpreisverdächtig.
    Gerhard trat aus Versehen in eine Wasserpfütze, und das kühle Nass schwappte in seine Turnschuhe. Er fluchte. Die Luftfeuchtigkeit war ungefähr so wie in Palenque in Mexiko. Da war er mal auf einer Trekkingtour gewesen und konnte sich nur erinnern, dass er ständig zum Auswringen nass gewesen war.
    Von Westen her zog eine neue dunkle Wolkenwand heran. Die gekräuselte Oberfläche des Starnberger Sees, auf der tausend Lichtreflexe tanzten, gaukelte gerade noch Sommer vor. Das Licht war klar und die Farben so satt wie in Öl gemalt. Es war Sturmwarnung, und mit ihr kamen die Surfer, die unter einem Sechser erst gar nicht rausgingen. Auch das kannte Gerhard von früher, irgendwann mal in einer Urzeit, in der er Zeit für Urlaub und Surfen gehabt hatte. Damals, als der Alpsee endlich mal eine ordentliche Brise bekommen hatte. Damals …
    War das so was wie eine Alterserscheinung, wenn man »damals« mit Wehmut aussprach? Ein Damals, als alle Jungs auf Sängerin Sandra gestanden waren und Michael Cretu abgrundtief gehasst hatten. Als sie Stéphanie von Monaco verehrt hatten, sicher nicht wegen ihrer Sangeskunst. Später war es die kühle Schönheit Sade gewesen, die aus dem Schaub-Lorenz-Kassettenrekorder auf der Liegewiese am »Plastikstrand« am Niedersonthofener See gedudelt hatte. Surfen war er auch schon ewig nicht mehr gewesen, aber er schaffte es ja nicht

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