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Eisenherz - Förg, N: Eisenherz

Eisenherz - Förg, N: Eisenherz

Titel: Eisenherz - Förg, N: Eisenherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicola Förg
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Regenbogen stand. Er fing es mit der einen Hand auf, die andere reichte er Hugo, der wie von einer Sprungfeder getragen auf die Füße kam. Er lachte. Nichts mehr vom wilden Ritter.
    Gerhard suchte seinen Blick und hieß ihm durch ein Winken, an den Zaun zu kommen. Er tänzelte heran. Wie ein Pferd, das gerade warm geworden war. Voller Energie und Tatendrang.
    »Kann ich Sie kurz sprechen? Wegen Juckie«, fragte Gerhard.
    » Oui. Ich ziehe mich kurz um. Ich bin in fünf Minuten im Bräustüberl.«
    Hugo ging in Richtung Tor. Ein Mann mitten in einer riesigen Arena. Ganz allein, und doch füllte er sie mit seiner Anwesenheit aus. Im Gehen zog er sein Kettenhemd aus, dann das schwarze T-Shirt. Er winkte jemandem zu. Gerhards Blick folgte seiner Handbewegung. Jo stand dort oben. Unter dem Regenbogen. Sie winkte zurück. Dann war er unterm Tor verschwunden.
    Wenige Minuten später war Hugo im Bräustüberl. In Jeans und einem hellblauen Hemd. Er war klein, überraschend klein. Weniger präsent als in der Arena. Er sah Gerhard an, lächelte. »Sie wollen wissen, ob ich Juckie gesehen habe?«
    »Ja, haben Sie?«
    Er schob eine schwarze Locke hinter die Ohren, bei jedem anderen Mann hätte das affektiert gewirkt – oder schwul. Bei ihm wirkte das eher so, als würde diese Geste ihm ein wenig Zeit verschaffen, sich wirklich zu konzentrieren. Es war immer schwer, als Mann einen anderen Mann zu beurteilen. Zumal einen, von dem man ahnte, dass er mit einer sehr guten alten Freundin das Bett teilte. Was Gerhard zumindest annehmen wollte. Aber allen Vorbehalten zum Trotz musste Gerhard zugeben: Hugo war wohl ein Typ, der Frauen gefiel. Gerhard musste neidlos anerkennen, dass dieser Hugo gut aussah. Er hatte dieses gewisse Etwas. Er hatte ihn kämpfen sehen in der Arena, und nun sah er ihn hier sitzen: entspannt, freundlich mit einem Lachen, bei dem Frauen sicher dahinschmolzen. Da konnte man als Mitmann nur sagen: Nun gut, du hast den Vortritt.
    Hugo nickte. »Ja, ich hab ihn gesehen. Beim ersten Mal war ich mir nicht sicher. Wir waren bei einem unserer ersten Trainings, und da war jemand in der Königsloge. Juckie, heute bin ich mir sicher. Damals war es wie eine Fata Morgana.«
    »Wann war das?«, fragte Gerhard.
    »Oh, ich glaube, am Tag bevor das Pferd verschwand. Samstag. Oder auch zwei Tage davor.«
    »Und Sie haben ihn nochmals gesehen?«
    »Ja, am Montag vor dem Unfall. Am Morgen. Ich habe das Marco erzählt, und der hat mich ziemlich schnell abgefertigt. So, als wäre das nicht von Bedeutung«, sagte Hugo.
    »Abgefertigt?«
    »Ja, abgewiegelt. Er schien einfach nicht interessiert zu sein.« Hugo sah ihn offen an.
    »Fanden Sie das nicht komisch?«
    »Nein, ich kenne Marco sehr gut. Juckie kenne ich auch, nicht gut, aber ich kenne ihn. Die beiden haben eine gemeinsame Geschichte. Sind Wegstrecken gegangen, bevor sich die Pfade getrennt haben. Das geht mich nichts an. Ich glaube aber, dass Marco Juckie längst vor uns allen gesehen hat. So wie ein Pferd Wasser wittert. So wie die Indianer hören, dass die Bisons kommen.«
    »Hat er etwas mit dem Verschwinden der Pferde zu tun? Mit dem Unfall?« Der ein Mordversuch war, dachte Gerhard.
    »Wie soll ich das wissen! Finden Sie es heraus.« Er war aufgestanden, schenkte Gerhard ein herzliches Lachen, gab ihm die Hand. »Sehen Sie sich das Turnier an, heute Abend?«
    Gerhard nickte.
    »Bon.«
    Gerhard machte sich auf, Jo zu finden, die er schließlich im Pressecontainer am Eingang entdeckte. Es war Einlass, Menschentrauben quetschten sich durch das Tor. Jo drückte ihm eine nicht abgeholte Pressekarte in die Hand und wünschte »Viel Spaß«.
    Das klang in seinen Ohren ironisch.
    Er ließ sich vom Strom der Menschen über die Hauptstraße schleusen, blieb an einem Ausschank hängen und verpasste den Umzug der Teilnehmer. Später saß er weit vorne, direkt an der Treppe. Die Leute hatten Sitzkissen dabei, Decken, Getränke.
    Gerhard starrte in die Arena. Ihm war unwohl. Er war von einer unbestimmten Unruhe erfüllt. Was machte er hier? Er hatte in Weilheim einen Fall zu klären, und nun hockte er hier und sah einem Ritterturnier zu. Er war nahe dran, aufzustehen. Er würde Jo morgen anrufen, ihr sagen, dass es ihm Leid täte. Dass ihn das alles nichts anginge. Er entschied sich für eine halbherzige Zwischenlösung und schrieb eine SMS an Jo: »Muss nach dem Turnier gleich weg. Melde mich mit Erkenntnissen morgen.« Dann schaltete er das Handy ab. In dem Moment preschte ein

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