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Eisenherz - Förg, N: Eisenherz

Eisenherz - Förg, N: Eisenherz

Titel: Eisenherz - Förg, N: Eisenherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicola Förg
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Dann hat er, glaub ich, lange Jahre pausiert. Nun ist er seit zwei Jahren wieder dabei. Er ist längst Rentner und will sich wohl die karge Rente aufbessern. Er ist ein Juwel. Er kann einfach alles reparieren. Im Stallzelt gab es Probleme mit dem Wasser.«
    »Na, dann suchen wir den Reparatur-Wunderknaben!«
    »Knabe ist gut. Der Mann ist sicher Ende sechzig. Wenn nicht älter. Suchen musst du nicht. Ich pieps ihn an.«
    Hubert Holzer tauchte wenig später auf. Ein großer, fast überschlanker Mann. So ein zacher Hund. Er trug eine Latzhose, darunter ein Karohemd. Seinem Gesicht und seinen Händen sah man die jahrelange harte körperliche Arbeit an. Wahrscheinlich hatte er ohne Urlaub, ohne Unterlass für ein paar Kröten geschuftet. Für die Selbstständigkeit, die Unabhängigkeit. So eine Selbstständigkeit hatte einen auch unabhängig gemacht von staatlichen Rentenzahlungen. Gerhards Vater erging es ähnlich. Er bekam hundertsiebzig Euro.
    Hubert Holzer gab Jo die Hand, dann ihm. An der schwieligen Hand fehlte ein Finger.
    »Herr Holzer, ich will nicht drum rumreden. Ein Ritter wurde schwer verletzt, das wissen Sie ja sicher.«
    Er nickte.
    »Haben Sie denn gesehen, wann die Lanzen geliefert wurden?«
    »Ja, am Dienstag in der Frühe. Ich musste den Jungs ein paar Mal zur Hand gehen und bei Bohrungen helfen. Die Lanzen haben ja Aussparungen für die Pfeilspitzen, die waren diesmal sehr schlecht gearbeitet«, sagte Holzer.
    »War der junge Jean-Paul dabei?«
    »Nein, der war im Stall. Da habe ich ihn zumindest getroffen, als ich versucht habe, die Wasseranschlüsse zu reparieren. Nichts ging mehr. Wir hatten schon einen regelrechten Ozean.« Er lachte.
    »Und Jean-Paul war immer da?«, vergewisserte sich Gerhard nochmals.
    »Ich habe ihn natürlich nicht dauernd gesehen. Er hat draußen Pferde geputzt und andere trocken geführt. Aber er war eigentlich immer rund ums Stallzelt unterwegs. Warum fragen Sie?«
    »Reine Routine«, sagte Gerhard und fand seine TV -Kommissar-Antwort saublöd. »Wo kommen die Lanzen eigentlich her?«
    »Vom Tschech«, sagte Holzer.
    »Der Tschech?«
    »Der Mann eben, der die Lanzen liefert. Der baut auch noch eine ganze Menge anderes Spezialequipment für Theater und Filme. Wahrscheinlich weit billiger als in Frankreich oder hier. Und der war ziemlich sauer«, erklärte Holzer.
    »Aha, und warum war er denn sauer?«
    »Nun, er hat mir gesagt, dass er seit Wochen auf sein Geld wartet. Cœur de Fer scheint es mit der Zahlungsmoral nicht so genau zu nehmen.« Das kam ein wenig bissig rüber.
    »Sie mögen ihn nicht, den Chef der Ritter?«, fragte Gerhard.
    Holzer machte eine wegwerfende Handbewegung.
    »Doch, aber ich finde das ganze Spektakel ziemlich albern. Und das Brimborium, das um diesen Cœur de Fer gemacht wird. Der Held, der Pferdeflüsterer, der Filmstar. Mir sagen solche Leute nichts. Leben in einer abgehobenen Welt. Wissen Sie, ich bin Handwerker, Ein-Mann-Betrieb, ab und zu hab ich mal ‘nen Lehrling ausgebildet über die Jahre. Alles ziemlich mühsam. Es kann die Existenz ruinieren, wenn einer nicht zahlt. Ich versteh den Tschech, dass er sauer ist.«
    »Kannten Sie ihn denn so gut, dass er Ihnen sein Leid geklagt hat?«, fragte Gerhard.
    »Nein, nicht so gut. Aber wir haben immer mal wieder ein paar Worte gewechselt. Der sprach sehr gutes Deutsch.«
    Am Tag, an dem der Ritter so schwer verletzt worden war, tauchte also ein tschechischer Zulieferer auf, der auf sein Geld wartete. Einer, der sich mit den Lanzen besser auskannte als jeder andere. Gerhard sah Holzer eindringlich an.
    »Sie denken doch nicht, dass der Tschech… Das ist ein ganz integrer Mann.«
    »Sie sagten doch eben, dass seine Existenz auf dem Spiel stand. Wissen Sie, wo der Mann heute ist?«, fragte Gerhard.
    »Keine Ahnung. Wahrscheinlich heim?«
    »Und das ist wo?«
    »Mikulov«, kam es von Holzer.
    »Aha, und wo wäre das?« Wieso ließen sich die Leute immer jeden Satz aus der Nase ziehen?
    »Südmähren. Direkt an der österreichischen Grenze. Weinbaugebiet. Er hat mir mal ein paar Weine mitgebracht. Ganz andere Sorten: Palava zum Beispiel.«
    Na, nun hatte der Holzer ja richtigen Sprechdurchfall entwickelt. »Dann kannten Sie ihn ja doch etwas besser, oder?«
    »Wie man sich kennt, wenn man sich einmal im Jahr sieht. Wie man sich kennt, wenn man vom gleichen Schlag ist. Er war eben auch Handwerker. Hier hat es sonst nur Künstler und Irre.«
    Da war Gerhard versucht, zuzustimmen. Was er natürlich

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