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Eisenherz - Förg, N: Eisenherz

Eisenherz - Förg, N: Eisenherz

Titel: Eisenherz - Förg, N: Eisenherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicola Förg
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Holzer gegenüber unterließ. »Hat der Mann auch einen richtigen Namen?«
    »Miroslav Havelka heißt er.«
    Holzers Piepser ging wieder. Er zückte ein Handy. Hörte zu.
    »Aha. Aha. Keine Angst, das kriegen wir schon. Keine Panik, das läuft eben nicht ganz rund.« Er redete, als müsse er ein Pferd beruhigen, das drohte, im Moor zu versinken. »Nur keine Panik, ich bin gleich da.« Zu Gerhard sagte er: »Brauchen Sie mich noch? Da stimmt was mit der Nebelanlage nicht. Außer mir ist gerade niemand da, der einen Schraubenschlüssel vernünftig halten kann. Ich müsste mal. Premierentage sind die Hölle.« Er gab Gerhard die vierfingrige Hand. »Sie können mich ja jederzeit wieder anpiepsen.« Er wandte sich an Jo. »Frau Kennerknecht, sagen Sie Steffi, ich würde gerne vor dem Turnier mit ihr ‘nen Happen essen. Geht das? Das Mädel isst ja sonst gar nichts.«
    Jo nickte.
    »Steffi?«, fragte Gerhard.
    »Seine Enkelin. Sie ist meine Assistentin. Ebenso universal begabt wie der Opa«, sagte Jo.
    Gerhard sah Holzer nach, der sich plötzlich umdrehte und zurückkam. Er rannte fast. »Herr Kommissar, mir ist noch was eingefallen. Ich weiß nicht, ob ich spinne. Das passiert bei alten Männern schon mal. Aber ich hatte ein-, zweimal in den letzten Tagen sozusagen eine Erscheinung. Ich bilde mir ein, Juckie gesehen zu haben. Jetzt muss ich aber wirklich.«
    Und bevor Gerhard noch etwas sagen konnte, war er auf einen Unimog gesprungen, der soeben über den Hauptweg kam. Gerhard wandte sich an Jo.
    »Juckie?«
    »Ja, Juckie Verbier, eigentlich Jacques.«
    »Hm, der gute alte Juckie, Himmel, Jo! Ein bisschen genauer und untertänigste Verzeihung, dass mir dein Mittelalter nichts sagt.«
    »Er ist, war der Vorgänger von Marco«, sagte Jo.
    »Von Cœur de Fer, von Eisenherzchen?«
    »Ja, er hatte hier fünfundzwanzig Jahre die Regie. Er war der Schwarze Ritter. Er war alle Schwarzen Ritter dieser Welt. Verstehst du?«
    »Nein!« Gerhard verstand kein Wort.
    »Der Schwarze Ritter! Er ist ein Held. Er ist zügellos. Er ist kühn, aber auch wagemutig. Er ist der beste Kämpfer, auch weil er hinterlistig ist, ein Egoist, ein Egomane, für den die Regeln nicht gelten. Die Regeln der Burgen, der Turniere, des Christentums. Er ist auch mit der dunklen Seite der Macht ausgestattet. Juckie war die Inkarnation des Schwarzen Ritters, er hätte nie einen andern den Schwarzen mimen lassen.«
    »Ja und? Sorry, Jo, aber …«
    »Ich erzähl dir jetzt mal ein Märchen«, unterbrach sie ihn. »Es war einmal ein Schloss, so ein richtiges Schloss. Und es war einmal ein kleiner Prinz, so ein richtiger Prinz, nämlich Prinz Luitpold von Bayern. Er lebte in einem Schloss mit Ritterrüstungen auf den endlosen Gängen. Er war ein Junge. Und er war fasziniert vom Rittertum, so fasziniert, dass er 1980 eine Art bayrisches Bierfest mit Ritterbeteiligung initiierte. Schon 1981 kam ein mittelalterlicher Markt dazu, und das berühmteste und größte Ritterturnier der Welt war geboren. Was er und die Prinzessin hier auf die Beine gestellt haben, ist großartig. Das ist nicht so ein Provinzfestchen oder der Versuch eines Reitclubs, Mittelalter zu spielen. Das ist authentisch, perfekt besetzt. Großes Theater eben im familiären Rahmen. Die ganze Familie arbeitet mit. Wirklich großartige Leute! 2004 gab es dann das furiose fünfundzwanzigjährige Jubiläum, der Schwarze Ritter durfte nochmals alle Macht des Bösen aufbieten. Und dann ein Abschied: Juckie und seine Stuntgruppe stiegen aus den Sätteln. Er hörte auf. Das war eine Katastrophe für die Fans.
    »Ja, schön. Und weiter?«
    »Warst du letztes Jahr in Kaltenberg?«, fragte Jo.
    »Nein, wieso sollte ich?«
    »Ja, wieso solltest du? Weil man das Turnier gesehen haben muss, um zu verstehen, warum das so eine Art Sucht wird. Weil du mehrere Tage da gewesen sein musst, um den Zauber zu begreifen. Vor allem seit Marco da ist.«
    Jos Augen leuchteten.
    »Marco Cœur de Fer? Was ist so toll an ihm?«
    »Er ist der Beste.«
    Gerhard zog die Augenbrauen hinauf.
    »Nicht wie du meinst. Du musst das verstehen. Die Mittelaltergemeinde war in Aufruhr: Was würde werden ohne Juckie? Alle haben damals anscheinend wie wild im Internet gesucht, um möglichst viel über den Nachfolger, über Marco zu erfahren. Ich bin ja erst seit vier Wochen hier, aber ich habe natürlich auch recherchiert, bevor er hier ankam. Ich muss ja die PR machen. Er und seine Pferde haben in rund vierhundert Filmen mitgespielt. Alle

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