Eisenherz - Förg, N: Eisenherz
sein.
»Hatten Sie den Eindruck, dass er auf Lutz Lepaysan gewartet hat?«, fragte Gerhard.
»Ja, er wollte unbedingt mit ihm reden.« Putzer nickte eilfertig.
»Und warum?«, fragte Evi.
»Ja, das weiß ich natürlich nicht!«, kam es von Putzer.
»Aber Sie wissen, ob Sie selbst nochmals zurückgekommen sind?«
Evi konnte auch ganz schön sarkastisch sein.
»Ich sagte bereits, ich bin gegen halb zwei gegangen. Direkt zu meinem Hasi.«
»Die das bestätigen kann?«, mischte sich Baier ein.
Der Maître des Petersdoms schenkte Baier einen vernichtenden Blick und wandte sich einer hübschen Frau zu. Die konnte natürlich bestätigen, dass er um zwanzig vor zwei zu Hause gewesen war und das Bett nicht mehr verlassen hatte. Sie wusste das genau, weil man bis in die frühen Morgenstunden nicht geschlafen habe.
»Aha!«, raunzte Baier.
Sie verabschiedeten sich und gingen die royale Treppe hinunter. Die Red Sina Band spielte »Hotel California«.
»You can check in any time you like, but you can never leave …« Ja, so kam sich Gerhard auch vor. Ein Scheißjob, den man nicht mehr verlassen konnte.
Baier schaute Gerhard fragend an.
»Ja, unbedingt«, sagte der.
Evi sah vom einen zum anderen.
»Schön, dass sich die Herren wortlos verstehen. Dürfte ich wohl teilhaben?«
Gerhard nickte. Er hakte Evi an der einen Seite unter, Baier an der anderen, und wortlos gingen sie durch die dunklen Straßen, bis sie bei Toni stoppten.
»Unser Wohnzimmer«, sagte Baier, »kommen Sie rein, Frau Straßgütl.«
Und wie immer, wenn es eine neue Weiblichkeit zu sehen gab, war Wirt Toni zur Stelle. Er drückte Evi die »Begrüßungsmedizin« in die Hand. Prostete ihr zu, dann den Herren. Evi trank artig aus, obwohl sie sicher sonst keinen Ouzo zu sich nahm. Aber Toni hatte diesen Charme und die Gabe, Menschen einen Hort zu schenken, wo man abtauchen konnte, weg von den Sorgen des Tages. Abtauchen in weiche Ouzo-Wogen des Vergessens. Gerhard atmete tief durch. Doch, man konnte seinen Job verlassen, zumindest für kurze Zeit.
Plötzlich wurde er fast ein wenig sentimental, drückte Evis Hand und sagte: »Ich bin so froh, dass du da bist!«
Baier nickte. »Dito!«
Obwohl es schon nach eins war, zauberte Toni noch einige gefüllte Blätterteig-Leckereien zum Retsina hervor, und während sie mampften, wälzten sie den Fall durch. Der sich so weit besser wälzen ließ.
»Wieso ist der Schmoll so blöd, uns anzulügen? Kann sich doch denken, dass wir rausfinden, dass er am Dienstag noch da war?«, fragte Evi.
»Desgleichen der saubere Bürgermeister«, grummelte Baier.
»Den Herren fühlen wir morgen nochmals auf den Zahn, an deren Zähnen ist was faul.« Außerdem empfand Gerhard die Aussicht, Miss Mechico in Aktion zu erleben, als durchaus reizvoll.
»Ich pack’s«, sagte Baier plötzlich und stemmte sich hoch. Mühsam, wie Gerhard schien, und wieder erfasste ihn eine unbestimmte Angst. Was war mit Baier los?
Als er draußen war, nahm Evi einen tiefen Schluck von ihrem Mineralwasser.
»Zwei Fragen: Erstens: Was verschweigst du mir über Baier? Zweitens: Wo warst du, wohl kaum beim Einrenken deines Heldenkreuzes?«
Gerhard seufzte. »Bella, ich glaube, dass Baier krank ist, ernsthaft krank, aber er lässt nichts raus, der sture Hund. Ich mach mir Sorgen. Er ist mir in der kurzen Zeit ans Herz gewachsen, der alte Haudegen. Hat einen klaren Blick auf die Welt. Das ist selten. Und zu deiner zweiten Frage, das ist eine längere Geschichte.«
»Jo, oder?«
»Woher weißt du das?«
»Immer wenn du sagst, dass etwas eine längere Geschichte ist, geht es um Jo«, sagte Evi. Sie winkte Toni. »Bringst du uns bitte noch zwei Medizin?«
Was beachtlich war, denn Evi trank wahrscheinlich zweimal im Jahr etwas Schnapsartiges, und sie duzte jemanden auch nicht auf Anhieb. Das musste an Tonis Aura liegen und am Ernst der Lage.
»Also, was ist mit Jo?«
»Wusstest du, dass sie in Kaltenberg beim Ritterturnier in der PR -Abteilung arbeitet?«
Evi sah ihn überrascht an. »Nein! Seit wann denn? Jo verlässt ihre geliebten Berge? Das kann ich mir nicht vorstellen. Jo würde bei der Entscheidung Karrieresprung ohne Berge gegen mieseren Job mit Bergen immer Variante zwei wählen, oder?«
»Die Entscheidung wurde ihr wohl abgenommen.«
Und er begann zu erzählen, vom Verlust des Hauses und von ihrem Verdacht, dass der Betriebsunfall ein Anschlag gewesen war. Er berichtete vom Tschech und Juckie Verbier, und dann sah er Evi fast
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