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Eisenherz - Förg, N: Eisenherz

Eisenherz - Förg, N: Eisenherz

Titel: Eisenherz - Förg, N: Eisenherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicola Förg
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Damen vor angezogenen Rittern. Damen oben ohne, einzig mit Federbusch und Lendengürtel bekleidet. Damen mit Lederstring, von zwei Rittern in voller Rüstung hochgestemmt. Und so weiter. Der letzte Dreck eben. Er war mit einer Sondererlaubnis von Marco am Samstag, vor genau einer Woche, backstage gewesen und mit ihm einige Models in Miedern beziehungsweise sehr wenig Mieder, die er inmitten der Ritter und der Pferde fotografiert hat. Den Rittern hatte das gefallen. Jedenfalls war er am Samstag letzter Woche da für sein Shooting und dann nochmals am Dienstag. Er hat Marco Bilder gebracht, und er hat auch noch ein bisschen hinter den Kulissen fotografiert. Er war auch auf meiner Pressekonferenz, und ja, er stand dann noch am Zaun. Ein Wichtigtuer und Unsympath«, meinte Jo.
    Gerhard riss die Augen auf. »Jo! Wie heißt der Fotograf?«
    »Lutz Lepaysan. Wieso? Und jetzt, wo du mich an diesen Schleimer erinnert hast: Der hat am Freitag seine Premierenkarte gar nicht abgeholt. Die hab ich dir gegeben.«
    Gerhard sah ihn da liegen. Rücklings inmitten des Peißenberger Zillertals. Er sah all die Fotos von den Bademäusen und denen im Landhaus-Stil vor sich aufsteigen. Und immer wieder Lutz Lepaysan, der auf dem Rücken lag. Der ehemalige Ludwig Bauer.
    »Dein Miederfotograf Lepaysan konnte seine Karte nicht abholen! Da war er nämlich schon tot. Ermordet.«
    »Ermordet!« Jo schlug sich die Hand auf den Mund.
    »Ja, meine Liebe, das ist der Fall, an dem wir fieberhaft arbeiten. An dem Evi arbeitet, weil ich ja hier bin, weil du gerufen hast und ich ja immer springe, wenn Frau Dr. Kennerknecht ruft!«
    »Gerhard, ich …«
    »Egal. Entschuldige, in meinem Kopf fuhrwerkt jemand mit einem großen Quirl. Ich muss mich irgendwo hinsetzen, ohne Ritter, ohne Mittelalter, und meine Gedanken sortieren. Und ich muss was essen!«
    »Aber mit Weißbier?«
    »Sicher.«
    »Lass uns nach Steinach fahren. Zum Huber. Der hat Spargel, Johanni ist zwar durch, aber vielleicht hat er noch Reste. Und ordentliches Fleisch hat er auch und Weißbier und eine Weinschorle für mich. Vor allem: Kaltenberg ist weit genug weg. Aber ich habe nicht lange Zeit. Ich zieh schnell etwas anderes an, sag Steffi Bescheid, und schon sind wir weg«, schlug Jo vor.
    Gerhard stieg zu Jo in den Wagen, sie fuhr wie eh und je. Viel zu schnell. Sie war stets am Limit, was die Kurven betraf. Im Radio lief Falco. »Muss ich denn sterben, um zu leben?«
    »Das kam erst kürzlich«, sagte Jo, und ihre Stimme klang wie gesplittertes Glas. Sie fuhren durch Egling, und Jo wies nach rechts.
    »Da oben ist mein … na ja, das Haus meiner Freundin.«
    Als sie in Steinach vor dem Gasthof parkte, hatte sie sich wieder im Griff. Der Gasthof war an einem späten Samstagmittag ordentlich besucht. Der Gastraum hatte zwar den Charme vom Resopal der siebziger Jahre, aber das Essen war wunderbar, und die Leute wirkten, ja wie eigentlich?, fragte sich Gerhard. Normal, ganz normal!
    »Das ist doch kein Zufall, oder?«, meinte Jo.
    »Wohl nicht.« Gerhard prostete ihr zu und setzte das Glas sehr harsch auf dem Holztisch auf.
    »Gerhard. Ich lese gerne Krimis und schaue leidenschaftlich CSI an. Im Buch oder Film wäre es doch sicher so, dass der Mann was fotografiert hat, was er besser nicht fotografiert hätte. Das denkst du doch auch. Und komm mir jetzt nicht mit deinem Lieblingsspruch: Welcome to reality . Ich weiß, das ist kein Film, aber fällt dir was Besseres ein? Es muss doch so sein.«
    »Müssen tut gar nichts. Zu frühe Annahmen verstellen den Blick aufs Wesentliche. Aber ja, natürlich, der Gedanke liegt nahe.«
    Vor allem, wenn einer ein mieser Erpresser war, der auch andernorts von Menschen mit kompromittierenden Fotos Geld herausgepresst hatte. Oder es versucht hatte.
    Aber dann müsste es Bilder aus Kaltenberg geben. Vom Tschech, der die Lanze präpariert hatte oder von Juckie. Beides erschien Gerhard bedrückend wahrscheinlich. Wieso hatten sie keine solchen Bilder gefunden? Oder was, wenn der Lepaysan-Mörder das Material sehr wohl gefunden hatte? Der hätte natürlich all die anderen Fotos zurückgelassen. Den interessierten doch keine korrupten Bürgermeister, keine bauernschlauen betrügerischen Biobauern und geile Ehemänner schon gar nicht. Das war alles logisch, verdammt logisch.
    »Jo, entschuldige mich. Ich muss nach Weilheim. Ganz dringend. Lass uns fahren, setz mich bei meinem Auto ab. Und tu mir den Gefallen: Bitte verstärkt alle Kontrollen. Bewacht Ritter

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