Eisenherz - Förg, N: Eisenherz
fügte Marco noch hinzu.
Gerhard tätschelte dem Hengst den Hals. »Und wo ist Monsieur Verbier jetzt? Ist er womöglich noch da?« Gerhard dachte an den Anschlag gegen ihn.
»Das weiß ich nicht.«
»Er könnte also noch da sein?«
»Oui.«
»Er war also mehrmals da? Bevor das Pferd verschwand und am Montag?«
»Oui.«
»Und am Dienstag, dem Tag, an dem die Lanzen gekommen sind, haben Sie ihn nicht mehr gesehen? Auch nicht am Mittwoch, am Tag als Jacques verletzt wurde?«
»Non.«
Plötzlich hatte Gerhard eine Idee. »Kennen sich Verbier und Havelka?«
»Keine Ahnung, aber es ist vorstellbar. Vielleicht arbeitet Havelka auch für Juckie«, sagte Marco.
»Ich frage Sie nochmals: Könnte der so perfide sein, eine Serie von Anschlägen durchzuführen, dann am Montag zu Ihnen zu kommen, den großen Verzeiher zu geben und dann zum Finale auszuholen?«
»Das wäre eine schöne Dramaturgie. Das wäre die Macht des Bösen. In Perfektion. Der letzte Auftritt des Schwarzen Ritters«, sagte Marco, und blitzschnell schwang er sich in den Sattel. »Finden Sie es heraus!«, rief er, indem er sich auf dem Pferd umdrehte und mit dem Gesicht in Richtung Pferdehinterteil durch das Arenator hinaussprengte.
Gerhard sah lange dorthin, wo der Mann verschwunden war. Überall gebe es Spuren. Und er müsse seinen Blickwinkel ändern, hatte Marco gesagt. Ja, nur welche Blickrichtung sollte er einschlagen?
Er ging langsam zurück zum Veranstaltungsbüro – auf der Suche nach Jo. Als er klopfen wollte, öffnete sich gerade die Tür.
»Ich habe dir aufgeschrieben, wer in unmittelbarer Nähe der Lanzen gewesen sein könnte, wer überhaupt am Dienstag auf dem Gelände war, wer gesehen wurde. Die Liste basiert auf Aussagen der Ritter und von Hubert Holzer, der an dem Tag ständig unterwegs war zwischen den Containern und der Hauptstraße.« Sie hielt ihm die Liste unter der Nase. Da standen einige Namen. Gerhard graute davor, die alle zu befragen. Er fasste Jo an der Schulter und schob sie ein bisschen zur Seite. Er berührte ihre nackte warme Haut. Es war, als hätte er seine Finger in Feuer gehalten. Er zuckte regelrecht zurück.
»Außerdem habe ich dir eine Hose besorgt. Ist die okay?«, fragte Jo und klang echt besorgt.
»Klar, danke«, meinte Gerhard, obwohl eine blaue Stoffhose nicht direkt sein Stil war. Aber sie passte. Dann fasste er das Gespräch mit Marco zusammen. Er ließ auch nicht unerwähnt, dass der Mann ihn beeindruckt hatte. Gerade wegen seiner klugen Worte und der klaren Professionalität. Auch dass er ihn beunruhigte, durch seine Härte und die Arroganz, die immer mal wieder aufblitzte.
»Hältst du es für möglich, dass Verbier ihn so gelinkt hat?«
»Ich kenne Verbier nicht. Nur aus Erzählungen. Ich kenne viele Geschichten, die wenigsten zeichnen ein rundum sympathisches Bild. Eins aber ist ganz klar: Es geht auch – geht es darum nicht immer? – um Geld. Hier werden noch immer ein Großteil der Devotionalien mit den Bildern der alten Stunttruppe verkauft. Bierseidel, auf denen noch immer der alte Schwarze Ritter zu sehen ist. Da geht es um Rechte und Rechtsabtretungen und um Geld. Ich bin unzureichend über die Rechtslage informiert, aber ich weiß, dass Juckie letztes Jahr schon ziemlich sauer war. Aber ob da Marco unbedingt das richtige Hassobjekt ist?«
»Vielleicht projiziert er allen Hass auf Marco, und wir wissen ja wirklich nicht, welche Pferdekadaver die beiden im Keller haben!«
»Deine Wortspiele werden auch immer besser!«, sagte Jo scharf.
»Oh, entschuldige, dass ich deine sensible Tierfreundeseele verletzt habe.«
Lange hatte der Waffenstillstand zwischen ihnen ja nicht gehalten. Das hätte er sich schenken können, warum hielt er nicht mal rechtzeitig die Klappe? Nur schnell zur Tagesordnung. »Kommst du mit? Es wäre mir recht, wenn du mich kurz vorstellst, wenn ich meine Befragungen durchführe. Außerdem kannst du mir auf dem Weg dahin ‘ne Einweisung in die Leute geben.«
Jo sah ihn herausfordernd an. Gerhard schluckte.
»Kannst du bitte mitkommen?«
Sie nickte.
»Okay. Wer ist der Erste?«, fragte Gerhard.
»Alois von Kaltenberg.«
»Soso, und weiter?«
»Er mimt den Starken, den Hünen, den Gladiator.«
Mimen war gut, dachte Gerhard angesichts des Muskelbergs. Das war echt, und echt war auch sein Gesichtsausdruck, der dem von Annemirl Tafertshofer in nichts nachstand. Nein, allzu viel Protein und Muskelaufblas-Pillen schädigten wohl eindeutig gewisse Hirnareale.
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