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Eisenherz - Förg, N: Eisenherz

Eisenherz - Förg, N: Eisenherz

Titel: Eisenherz - Förg, N: Eisenherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicola Förg
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geblubbert.«
    »Sie sagen es«, meinte Moritz. Er verneinte, Havelka gesehen zu haben, und hüllte sich dann wieder in sein beredtes Schweigen.
    Auch Hubert Holzer hatte Havelka nicht gesehen. Zumindest nicht an den Tagen, als das Pferd verschwunden war oder die Ritter gekotzt hatten. Er hatte ihn nur an jenem Dienstag gesehen und gesprochen, als er mit den Lanzen angekommen war. Holzer hatte fast mechanisch geantwortet. Plötzlich riss er die Augen auf.
    »Sie verdächtigen doch nicht etwa den Tschech? Der Mann ist herzensgut.«
    »Und der herzensgute Handwerker hat sein Geld nicht gekriegt und hat eine kleine Privatfehde mit Marco. Das haben Sie mir selbst erzählt«, fügte Gerhard hinzu.
    »Ja, aber der präpariert doch nicht seine eigenen Lanzen! Auf ihn fällt der Verdacht doch zuerst. Der Mann ist wirklich ein herzensguter Handwerker. Das müssen Sie gar nicht so ironisch betonen«, sagte Holzer.
    Holzer mit seiner Handwerker-Solidarität. Was ihm in letzter Zeit doch alles für Solidaritätsbezeugungen untergekommen waren. Gerhard verzichtete mal darauf, dem Mann zu erklären, dass es unter Umständen ein besonders schlauer Schachzug wäre, eben genau darauf zu bauen, dass jeder so dächte wie Holzer. Fakt war jedoch, dass ihn keiner gesehen hatte. Hatte er womöglich einen Kumpan vor Ort? Das war alles so undurchsichtig.
    »Ich hab noch ein paar Journalisten da, um die ich mich kümmern müsste. Das Konzert beginnt jetzt um neun, in der Arena gibt’s um zehn eine kleine Showeinlage. Marco reitet Hohe Schule zu Corvus-Musik. Braucht ihr mich noch?«, fragte Jo dazwischen.
    »Wir verzichten natürlich nur ungern auf Ihre charmante Gesellschaft«, sagte Baier.
    Jo machte einen Knicks und gab Gerhard die Hand.
    »Bis dann. Wollt ihr mal zur Rabenbühne gehen? Da sind vielleicht auch noch Leute, die Havelka kennen.«
    Schon wieder diese Rabenbühne. Baier schaute ebenfalls so, als ob sie chinesisch gesprochen hätte.
    »Die Rabenbühne ist die von Corvus Corax.«
    »Ach so«, knurrte Baier, »singende Rabenvögel!«
    Corvus Corax. Gerhard hatte kein Latein gehabt, aber er wusste, dass das irgend so eine Mittelalterband war. Er war ja nicht weltfremd, natürlich kannte er solche Musik mit dem treibenden Rhythmus der Trommeln und den heulenden Dudelsäcken. Musik, dass es einem die Plomben aus den Zähnen zog.
    Und genau solche Musik setzte gerade ein. Es dudelte immer lauter. Was Gerhard und Baier dann sahen, das war ein Panoptikum in Nachtschwarz. Diese Musik konnte, ja durfte man augenscheinlich nur hören, wenn man aussah wie direkt aus der Gruft.
    In Zehnerreihen drängten sich Draculas legitime Erben vor der Rabenbühne. Gut, es war bisher ein trister Sommer gewesen, aber so blass konnte man nur sein, wenn man die Tage in Särgen irgendwo in Transsilvanien verbrachte. Frauen so kalkweiß wie der Tod, Augen so schwarz ummalt wie Trauerränder auf Kondolenzkarten.
    Haare schwarz – nicht etwa glänzend, sondern stumpf wie verkokeltes Stroh. Das wusste sogar ein Mode-Muffel wie Gerhard, dass zu viel Färben irgendwann jedes Leben im Haupthaar tötete. Man musste schwarz sein, blonde Frauen kamen hier nicht vor. Dafür waren diese Damen anscheinend aber die besten Kundinnen in Piercing und Tattoo-Studios.
    Es gab Flatterröcke oder Wurstpellen in Mini, schwarze Schnürkorsagen, die pressten und quetschten und Speckrolle für Speckrolle betonten. Schwarze Netzhemden und Spitzen- BH s und Leder, Leder, Leder. Es waren fast nur Frauen da – oder besser in den ersten drei Reihen standen nur Frauen. Schwarze Groupies, die ihre Reize denen entgegenreckten, die da oben auf ihren Säcken dudelten und trommelten. Aber was für Typen?
    »Burschen, wascht euch mal!«, raunzte Baier.
    Gerhard grinste und starrte weiter auf die Bühne. Vor allem drei der Herren schienen Lieblinge der Frauen zu sein. Ein kleiner blonder Maniac mit Igellook, ein Oben-ohne-Trommler und so ein Düsterer, dürr wie ein Spinnweb. Gerhard hatte sich ja schon oft gefragt, weswegen Frauen nun genau auf den oder jenen standen – und nicht auf ihn!? – aber diese Hysterie der schwarzen Weiblichkeit verstörte ihn zutiefst. Nicht dass er eine der Ladys ohne Dauerdusche und Desinfektion in sein Bett gelassen hätte.
    Baier hatte wohl ähnliche Gedanken, aber er war nun mal Formulierungs-Minimalist.
    »Das ist Rudis-Reste-Rampe«, knurrte er.
    Unter all dem Schwarz leuchtete plötzlich etwas Helles, Klares auf. Eine junge Frau im langen Rock, mit

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