Eisenherz - Förg, N: Eisenherz
»Super gemacht, ich dachte, das sei ein echter Unfall.«
Oben stand Baier und schaute Gerhard besorgt an.
»Alles klar?«
»Danke, dass Sie sofort reagiert haben.«
»Sah Sie rennen, Weinzirl. Dann hab ich den Balken bemerkt. Wusste gar nicht, dass Sie so gut zu Fuß sind.«
Von irgendwoher kam Jo gerannt, mit vor Schreck geweiteten Augen.
»Geht’s dir gut? Gerhard, du hast Marco das Leben gerettet! Das war doch schon wieder ein Anschlag, oder?«
»Ja, verdammt! Und Marco, dieser wilde Hund, hat die Nerven, so zu reagieren. Wahnsinn!«
»Ja, bewunder du ihn auch noch, du Idiot.« Jo begann zu weinen und trommelte mit ihren Fäusten auf Gerhards Brust.
Er packte ihre Hände. »Ganz ruhig. Es ist nichts passiert.«
Baier schaltete sich ein.
»Frau Doktor Kennerknecht, in dem Fall muss ich Marco Cœur de Fer auch bewundern für seine Geistesgegenwart. Sie gibt uns Zeit, endlich rauszufinden, was hier los ist. Halten Sie sich an die Lesart, das wäre alles Show gewesen.«
Jo schluckte noch ein paar Tränen runter. Gerhard drückte sie an sich.
»Mädel, geh du zu den Journalisten, lass sie in dem Glauben, dass Marco der Meister der Inszenierung ist. Du machst das schon. Und wir werden bald wissen, wer hier Rittern nach dem Leben trachtet.« Er schob sie von sich weg. »Geh, des werd scho.«
Als Jo gegangen war, sagte Baier: »So, Weinzirl, ich muss jetzt mal austreten, und Sie besorgen sich ein Bier. Müssen erst mal runterkommen. Sie Held, Sie!«
Sie marschierten Richtung Badhaus, Baier klopfte ihm auf die Schulter und verschwand. Gerhard stand ein bisschen verloren vor dem Badhaus, als ihn jemand von hinten antippte. Anastasia-Kassandra!
»Gott zum Gruße, schöner Fremder, welch Anliegen führt Euch ins ferne Kaltenberg?«
»Mensch, Kassandra, ich versuche dich dauernd anzurufen! Wo steckst du denn?« Gerhard war überhaupt nicht bereit, auf ihren Mittelalter-Jargon einzugehen.
»In den Tagen des großen Festes, da mag kein Herold mich stören.«
»Kassandra. Jetzt lass den Scheiß. Warum gehst du nicht ans Telefon?«
»Ein Telefon? Holder Fremder, von welch fremden Welten magst du sprechen? Willst du ein armes Mägdelein in die Irre führen?«
»Kassandra. Red wie ein normaler Mensch! Telefon! Handy. Du gehst nie dran. Warum?« Gerhard wurde allmählich wirklich sauer, auch weil ihm die Ereignisse der letzten Stunde noch in den Knochen saßen. Sie schien überhaupt nichts davon mitbekommen zu haben, was in der Arena passiert war. Auch gut!
Sie seufzte. »Weil es im Mittelalter kein solches gab, du Banause. Weil ich es genieße, mal drei Wochen ungestört zu sein. Weil ich eine kleine Auszeit genommen habe. Weil keiner zu mir durchdringt.« Sie sagte das so, als wäre das völlig normal.
»Ich bin aber nicht einfach keiner oder irgendeiner.« Das war ihm so rausgerutscht.
»Das stimmt«, sagte sie sehr leise und nahm ihn bei der Hand. Zog ihn vom Badhaus fort, weg vom Licht und von den Stimmen, bis in das Wäldchen, wo der Stand ihrer Freundin Sybille lag. Sie schob ihn hinter einen Vorhang und küsste ihn. Ihre kühlen Finger schoben sich unter sein T-Shirt, hinauf zu seinen Brustwarzen. Bevor er Kassandra kennen gelernt hatte, hatte er nicht gewusst, dass seine Brustwarzen so empfindlich waren. Es lag an Kassandras Sonderbehandlung, ihren sanften Händen. Das herauszufinden hatte er immerhin fast vierzig Jahre werden müssen. Sie nestelte an seinem Gürtel, seinem Knopf.
»Wir können doch nicht hier …«
»Psst.« Sie legte ihm einen Finger auf die Lippen und leckte ganz sachte sein Ohr.
Tausend Ameisen liefen über seinen Körper, sie drückte ihn auf einen kleinen Schemel und setzte sich langsam auf seinen Schoß. Quälend langsam, während ihr Mund noch immer an seinem Ohr spielte und aus den tausend Ameisen Millionen wurden.
»Beweg dich nicht«, flüsterte er. Woran sie sich natürlich nicht hielt.
Er stöhnte auf, immer lauter, bis sie ihm den Mund zuhielt. Sie ihm! Irgendwie war das eine verkehrte Welt, alles vertauscht – und das gefiel ihm.
»Nein, du bist nicht irgendeiner, sonst hat keiner Einlass in die Kemenate der tausend Kreuze«, flüsterte sie schließlich, als sie sich wieder von ihm gelöst hatte.
»Keine Minnesänger, Spielleute oder Ritter? Holdes Fräulein, man hört, man müsse einen solchen ergattern.« So ganz gelang ihm das nicht mit der höfischen Sprechweise.
Kassandra küsste nochmals seine Brustwarzen.
»Teuerster Freund, was ist ein Ritter gegen
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