Eisenherz - Förg, N: Eisenherz
die Macht dessen, der uns schützt vor dem Bösen?« Dann lachte sie und fragte ganz neuzeitlich: »He, bist du eifersüchtig?«
Und noch viel neuzeitlicher und ziemlich profan warf sie ihm ein Päckchen Tempos zu. Gerhard begann, sich wieder anzuziehen, und sie schlüpften beide aus dem Stand heraus. Vor dem Eingang zu ihrer »Kemenate« umarmte er sie nochmals.
»Gehst du mal wieder an dein Telefon?«
Sie nickte lächelnd. »Bald.«
Als sie beide wieder vor dem Badhaus auftauchten, schaute Baier ihn scharf an, dann Kassandra.
»Hätt ich mir ja denken können, dass Sie auch hier rumgeistern.« Aber er sagte das mit viel Wohlwollen in der Stimme.
»Des Lebens Wege sind oft verschlungen, führen oft an Orte ohne Wiederkehr.«
»Herrschaft Zeiten, Frau Kassandra. Kehren Sie bloß wieder. Der Kollege ist ja jetzt schon völlig aus dem Tritt.« Er zwinkerte ihr zu. »Und gehen Sie trotz Mittelalter mal ans Handy.«
Gerhard hatte das Gefühl, er würde rot. Baier hatte natürlich gemerkt, dass er immer mal wieder verstohlen und hektisch sein Handy gezückt hatte. Himmel, war das peinlich. Und unwirklich. Er schmeckte noch ihren Schweiß auf den Lippen und stand hier neben Baier. Es waren gerade mal zehn Minuten vergangen. Ein Mittelalter-Quickie? Er wurde wahrscheinlich wirklich rot.
Als sie später im Auto saßen und Gerhard kerzengerade nach vorne starrte und den konzentrierten Fahrer gab, sagte Baier auf einmal: »Ist keine Schande. Mag das Weib. Anders als andere Weiber. Passt zu Ihnen, weil sie gar nicht zu Ihnen passt.« Das hatte er doch schon mal gehört! Ohne Überleitung fuhr Baier fort: »Hab mit Cœur de Fer geredet, er war ziemlich betroffen. Hat kapiert, dass es ernst ist. Sagt alle Trainings ab. Aber bis zum Wochenende müssen wir den Havelka gefasst haben.«
Gerhard setzte Baier in der Lienhardtstraße ab und fuhr langsam nach Hause. Baier war sich also sicher, dass es Havelka sein musste. Er schlief himmlisch gut, Heldentum machte eben müde, Kassandra auch.
Am nächsten Morgen betrat er gerade das Büro, als Evi anrief und von Havelka berichtete. Sie hatten ganze Arbeit geleistet da in Südmähren. Leute befragt, Fahrten gecheckt, Havelka verhört – und eine Reihe von unabhängigen Zeugen aufgetan, die seine Aussagen bestätigt hatten. Er war selbst an der Tankstelle und beim Pickerlkauf gewesen. Seine Fingerabdrücke auf dem Stativ hatte er auch erklärt. Als er die Lanzen angeliefert hatte, hatte Lepaysan mit seinem ganzen Equipment mitten im Weg gestanden. Da hatte er das Stativ zur Seite gestellt. So einfach und so frustrierend! Evi wollte mittags zurückfliegen und redete es Baier mit Engelszungen aus, sie wieder abzuholen. Sie würde den Zug nehmen.
»Verdammt!« Das kam bei Baier aus vollem Herzen. »Verdammt und zugenäht. Fangen wieder von vorne an.«
»Wir müssen etwas übersehen haben!«, rief Gerhard.
»Aber was?«
»Bitte jetzt nicht noch eine Festplatte. Der Gag ist jetzt wirklich ausgereizt«, stöhnte Gerhard.
»Nein, aber wir müssen diese ganzen Bilder nochmals ansehen. Oder fällt Ihnen was Besseres ein, Weinzirl?«
Gerhard schüttelte den Kopf. Ein Fall, in dem es an Verdächtigen nur so gewimmelt hatte. Und alle hatten Alibis. Aber Gerhard war wild entschlossen, diesen Fall zu lösen. Vor allem, weil er selbst betroffen war. Er fühlte eine Unruhe, eine vage Ahnung, dass er einen ganz massiven Denkfehler begangen hatte. Dass die Lösung ganz woanders lag. Nun mussten sie nur auf Evi warten. Die mit den Computerzauberhänden. Der andere Computerzauberer Felix Steigenberger war nämlich auf Fortbildung. Zum Thema Spurensicherung und Computeranalyse. Na toll!
Evi kam um vier und hatte für Baier und Gerhard einen hochprozentigen Schnaps mit einem dubiosen Etikett dabei. »Brennt der Kollege selbst. Schmeckt ausgezeichnet. Bisschen stark vielleicht.«
Evi, Evi! Erst Ouzo bei Toni und jetzt tschechische Blindmacher, dachte Gerhard und grinste.
»Na, war er hübsch, der tschechische Kollege?«
»Natürlich. Diese Ostmänner mit den slawisch hohen Wangenknochen und den schönen Augen.« Sie kniff ihn in die Backe. »Da kann so ein Backi wie du mit kleinen Schweinsäuglein nicht mithalten. Okay, und was ist jetzt zu tun?«
»Eine erneute Vorführung von Bildern, Frau Straßgütl?«
Dass Baier auch noch lachte, war echt gemein, fand Gerhard.
»Sicher, wenn ihr glaubt, das bringt was.«
Also starrten sie auf den Bildschirm. Aber da war nichts. Nichts, was sie nicht
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