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Eiseskälte: Island-Krimi (German Edition)

Eiseskälte: Island-Krimi (German Edition)

Titel: Eiseskälte: Island-Krimi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arnaldur Indriðason
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mich«, sagte Matthildur. »Ich habe eher Angst um dich.«
    »Mir kann er nichts anhaben«, sagte Ezra. »Er kann mir überhaupt nichts tun. Ich habe keine Angst vor ihm, Matthildur.«
    »Ich weiß.«
    »Ich fühle mich nicht wohl in dieser Situation. Er ist … Er hat sich nie schlecht mir gegenüber verhalten, er war doch so etwas wie ein Freund für mich. Wir haben zusammen gearbeitet. Dieser Zustand … also, das ist alles schrecklich schwierig für mich. Ich glaube, wir haben gar nichts zu befürchten, wir müssen ihm einfach nur reinen Wein einschenken. Wir müssen mit ihm reden und ihn dazu bringen, dass er versteht, was geschehen ist. So etwas geschieht doch nicht zum ersten Mal auf der Welt, so etwas passiert doch dauernd.«
    »Ich weiß«, sagte Matthildur wieder.
    Sie lagen lange nebeneinander unter seiner Bettdecke und wärmten sich gegenseitig. Sie war kurz vor Mitternacht zu ihm gekommen und hatte vorsichtig bei ihm angeklopft. Er hatte nicht mit ihr gerechnet und sich über ihren Besuch gefreut. Sie küssten sich, er streichelte ihr über das Gesicht, dann küssten sie sich wieder und inniger, bis sie vor Begierde brannten. Er trug sie ins Schlafzimmer. Sie liebten sich halb nackt, halb bekleidet, Matthildur entfesselte eine zügellose Leidenschaft in ihm, die ihm sämtliche Hemmungen nahm. Er musste ihr die Hand vor den Mund halten, um die Schreie zu dämpfen, die sich über ihre Lippen drängen wollten, denn eine Lust wie diese hatte ihr Ehemann nie in ihr entfachen können.
    »Wir müssen es Jakob sagen, bevor er es selber herausfindet, wir müssen vorher mit ihm sprechen«, sagte Ezra, als er wieder ruhig neben ihr lag. »Er darf es nicht von jemand anderem erfahren. Wir müssen ihm die Wahrheit sagen, bevor er etwas von anderen hört.«
    »Ich werde mit ihm reden«, sagte Matthildur. »Ich verspreche es.«
    »Bitte, lass mich dabei sein. Er ist doch angeblich mein Freund.«
    »Nein, das tu ich am besten allein«, erklärte Matthildur. »Ich glaube, es ist besser so. Ich spreche mit ihm und sage ihm, dass ich zu dir ziehen will. Ich sage ihm, dass ich nicht mehr mit ihm leben kann, wegen seiner Vergangenheit, weil die Nachricht von seinem Verhältnis zu meiner Schwester wie ein Schlag ins Gesicht für mich war. Und ich sage ihm auch, dass ich einen anderen liebe.«
    »In Ordnung. Ich möchte aber trotzdem bei dir sein.«
    »Mach dir nicht so viele Gedanken wegen Jakob, denk lieber an uns. An uns beide.«
    Und mit diesen Worten war sie gegangen.
    An diesem sonnigen Märztag also, als das alles schon einige Monate zurücklag und der Frühling gleich hinter der nächsten Ecke lauerte, begegnete er Jakob. Ezra kam am Friedhof vorbei und hörte, dass jemand seinen Namen rief. Als er sich umblickte, sah er Jakob auf dem Friedhof, der in Hemdsärmeln arbeitete. Ezra wusste, dass am nächsten Tag eine Beerdigung stattfinden würde, ein Mann war im besten Alter nach kurzer Krankheit gestorben, eine große Trauerfeier stand bevor. Ezra betrat den Friedhof und ging zu Jakob hinüber.
    »Wohin des Wegs, mein Lieber?«, fragte Jakob und unterbrach sein Schaufeln. Er übernahm Arbeiten im Auftrag der Kirche, hielt den Friedhof instand und hob Gräber aus.
    Ezra antwortete ausweichend und sagte, er habe es eilig. Die Begegnung mit Jakob war ihm unangenehm. Er hatte es bewusst vermieden, ihm über den Weg zu laufen, denn er wusste nicht, ob Matthildur ihm gesagt hatte, dass sie sich liebten, oder ob er womöglich auf anderen Wegen davon erfahren hatte. Sie waren zwar mehr als vorsichtig gewesen, aber man konnte nie wissen.
    »Wir sehen uns ja praktisch überhaupt nicht mehr«, sagte Jakob.
    »Ja, ich hab sehr viel zu tun«, entgegnete Ezra.
    »Natürlich, du hast viel zu tun«, sagte Jakob. »Die Demütigen werden das Land erben, so viel steht fest. Und das sind wir, Ezra, wir, die wir uns krumm schuften.«

Einunddreißig
    Ezra hörte Erlendurs Frage nicht. Er ließ seine von schwerer Arbeit gezeichnete Hand über den Lauf der Schrotflinte gleiten, starrte in eine Ecke der Küche, schien aber eher tief in sich selbst hineinzublicken, in die Erinnerung an das Zusammentreffen zwischen ihm und Jakob auf dem Friedhof und das, was im Anschluss daran geschehen war. Früher oder später hatte es zu einem solchen Treffen kommen müssen, ein purer Zufall hatte Ort und Stunde bestimmt. Das hatte ständig wie eine Bedrohung über ihm geschwebt, genauso unausweichlich wie der Tod.
    Ezra war mitten in seinem Bericht

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