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Eiseskälte: Island-Krimi (German Edition)

Eiseskälte: Island-Krimi (German Edition)

Titel: Eiseskälte: Island-Krimi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arnaldur Indriðason
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gewusst?«
    »Ich weiß nur, was Matthildur mir sagte, dass die Tür in ihrem Schlafzimmer unter gar keinen Umständen geschlossen sein durfte. Sie musste immer weit aufstehen, und er schlief praktisch direkt neben der Tür.«
    »Es muss Matthildur tief getroffen haben, als sie von der Verbindung zwischen Ingunn und Jakob erfuhr.«
    Ezra hatte sich zwar inzwischen sichtlich beruhigt, ließ aber die Schrotflinte immer noch nicht los. Er legte sich aber jetzt nicht mehr quer, ihm schien klar geworden zu sein, dass Erlendur eine von den Plagen war, die man nicht loswerden konnte.
    »Die arme Matthildur«, stöhnte Ezra.
    »Man kann gut verstehen, in was für einer schwierigen Lage sie sich befand.«
    »Verstehen?«, echote Ezra leise flüsternd wie zu sich selbst. »Du glaubst, das verstehen zu können? Du weißt überhaupt nicht, wovon du redest.«
    Erlendur schwieg.
    »Du hast keine Ahnung, wovon du redest«, wiederholte Ezra. »Nicht die allergeringste.«
    Mehr als zwei Monate waren seit dem Verschwinden von Matthildur vergangen, ohne dass die Suche nach ihr irgendetwas ans Licht gebracht hatte. In diesen Tagen, Wochen und Monaten, seit Jakob ihn mit der Nachricht konfrontiert hatte, dass Matthildur bei dem Unwetter unterwegs nach Reyðarfjörður gewesen war, hatte Ezra beinahe den Verstand verloren. Er trauerte maßlos um sie, und er war mit seiner Trauer völlig allein und isoliert. Er konnte niemandem von seinem Geheimnis erzählen. Er war sogar auf den Gedanken gekommen, mit dem Pastor zu sprechen, hatte sich aber dann nicht getraut. Er kannte den Priester nicht und war auch nie religiös gewesen. Er schloss sich in seinem Haus ein und weinte im Stillen. Die Trauer kam in Wellen, er schwankte zwischen Angst und Zorn, Ohnmacht und Ratlosigkeit. Am schlimmsten aber waren die Selbstvorwürfe, die ständig wieder hochkamen, denn es gab niemand anderen, dem er etwas vorwerfen konnte. Er hätte sie besser beschützen müssen, er hätte bei ihr sein müssen, er hätte sie vor diesem plötzlichen Tod bewahren müssen. Welche Schuld trug er an ihrem Tod? Hatte er sie nicht von ihrem Mann weggelockt? War das vielleicht der Grund dafür gewesen, dass sie sich auf den Weg nach Reyðarfjörður gemacht hatte? Diese Fragen machten ihm das Leben zur Hölle, sie waren Anklage und Schuldspruch zugleich. Zwischendurch versuchte er sich immer wieder einzureden, dass er sie vor nichts hätte bewahren können, sie wäre so oder so diesen Weg gegangen. Vielleicht war es ihr vom Schicksal vorherbestimmt gewesen, auf diese Weise zu sterben. Aber nein! Ihr letzter Gang über die Berge musste in irgendeinem Zusammenhang mit ihrer Beziehung stehen, ihrer verbotenen Liebe, der Heimlichtuerei, dem Betrug. Warum hatten sie nicht von Anfang an für Klarheit gesorgt, warum war sie nicht zu ihm gezogen? Warum? Weshalb?
    Jakob war der einzige Mensch, der möglicherweise irgendwelche Fragen beantworten konnte, aber er wagte nicht, ihn darauf anzusprechen, er traute es sich einfach nicht zu, mit ihm zu reden. Vielleicht fürchtete er sich vor den Antworten, die er erhalten würde.
    Es war bereits März. Die Tage wurden wieder länger, und der Frühling stand vor der Tür, als sie sich ganz zufällig begegneten. Ezra hatte seither jeglichen Kontakt zu Jakob vermieden. Er vermisste Matthildur unsäglich, dachte an sie von früh bis spät und an ihre heimlichen Treffen, die viel zu selten gewesen waren. Sie hatten doch schon begonnen, über eine gemeinsame Zukunft zu sprechen. Sie wollten wegziehen. Es war undenkbar, in Jakobs Nähe zu bleiben.
    »Wir können nach Reykjavík gehen«, hatte sie an dem Abend gesagt, als sie sich zu ihm geschlichen hatte.
    »Das könnten wir tun«, hatte er geantwortet. »Aber es wird doch immer wieder gesagt, dass es so schwierig ist, dort eine Wohnung zu bekommen. Alle ziehen nach Reykjavík und wollen für das Militär arbeiten. Hast du ihm gesagt, dass du ihn verlassen willst?«
    »Ich …«
    »Möchtest du, dass ich dabei bin?«
    »Nein«, sagte Matthildur.
    »Für das, was du ihm sagen willst, wird es nie einen richtigen Augenblick geben«, erklärte er. »Am besten ist es, ehrlich zu sein und es ihm so schnell wie möglich zu sagen. Ich würde das gerne tun, wenn du es mir gestattest.«
    »Es ist besser, wenn ich es ihm sage.«
    »Hat er denn noch keinen Verdacht geschöpft?«
    »Ich weiß es nicht. Ich glaube nicht.«
    »Wovor hast du am meisten Angst? Dass er Hand an dich legen wird?«
    »Nein, nicht an

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